Stratovarius: 20 Jahre Infinite – „Could Be On Tour“ Today With Music From The Past

Powermetal made in Finnland inklusive Psychodrama

Wir befinden uns seit 20 Jahren in einem neuen Jahrtausend. Das legendäre Jahr hat nicht nur kalendarisch eine große Einwirkung auf uns gehabt, sondern ist das Geburtsjahr so manches Metalklassikers. In den 12 Monaten dieses Jahres wollen wir euch daher jeden Monat Alben in einer kleinen Kolumne zurück in eure Ohren bringen. Dabei wurde das Augenmerk nicht nur auf die Großen des Genres geworfen. Ein Kriterium unserer „On Tour“ Today With Music From The Past Reihe ist, dass die Formation in diesem Jahr auch live unterwegs ist. Nun gibt es aber leider Corona. Von den ganzen geplanten Festivals und Touren ist nichts mehr von da. Aber: Die Band bzw. die Musiker, welche für die damaligen Bands aktiv waren, könnten ja bald wieder auf Tour gehen. So gibt es eine kleine Änderung in unserer Kolumne. Statt „On Tour“ heißt es nun eben „Could Be On Tour“. Im folgenden Teil geht es um Powermetal aus Finnland. Stratovarius veröffentlichten im Februar 2000 Infinite.

Doch blicken wir erst mal zurück in die Geschichte der Band. 1984 wurde sie gegründet. Geigenbauers Antonio Stradivari und die E-Gitarre Stratocaster bildeten die wörtliche Grundlage für den Bandnamen Stratovarius. Gründer waren Tuomo Lassila, John Vihervä und Staffan Stråhlman. John Vihervä wurde Ende des Jahres bereits durch Jyrki Lentonen ersetzt, 1985 verließ auch Staffan Stråhlman die Band. Seinen Platz nahm Timo Tolkki ein, der wenig später auch den Gesang übernahm. Timo Tolkki sollte noch eine größere Bedeutung in der Bandgeschichte haben. 1987 entstand das erste Demo. Die Musik war melodisch und klassisch beeinflusst. 1989 erschien das Debütalbum Fright Night mit mäßigem Erfolg. Es folgten II bzw. Twilight Time (Album erschien unter beiden Namen, einmal als Re-Release), Dreamspace und 1995 Fouth Dimension. Mit dem vierten Longplayer stieg Timo Kotipelto in die Band ein und stilistischen ging es weg vom progressiven Sound zu atmosphärisch melodischer Musik und mit mehr klassischen Elementen wie Cembalo oder Streichern. Das erste Album, welches sich in den finnischen Charts platzieren konnte, war Episode 1996 (höchste Platzierung Rang 21). In der Zeit waren Stratovarius sehr fleißig im Studio und veröffentlichten Album auf Album. Es folgten Visions (1997) und Destiny (1998). Destiny war das erste Album, welches es in die deutschen Charts schaffte. Platz 89 war eher mäßig, aber in Finnland landete das Werk auf der Pole Position. 2000 wurde Infinite auf den Markt geworfen. Es war mittlerweile das achte Studioalbum der Finnen und erschien am 28.02.2000 via Nuclear Blast. Chartplatzierungen erreichte man in sechs Ländern (in Deutschland Platz 28), war aber in Finnland am erfolgreichsten und erreichte wieder den ersten Platz. Auch die beiden Singles Hunting High And Low (nicht zu verwechseln mit dem Pop Song von AHA) und A Million Light Years Away landeten in den finnischen Charts. Die Besetzung von Stratovarius waren Timo Kotipelto (Gesang), Timo Tolkki (Gitarre; auch später Lande und Avalon), Jens Johansson (Keyboard), Jörg Michael (Schlagzeug, auch Axel Rudi Pell, Melkong Delta, Rage) und Jari Kainulainen (Bass, auch Evergrey und Masterplan).

Die Trackliste:
1. Hunting High And Low, 2. Millennium, 3. Mother Gaia, 4. Phoenix, 5. Glory Of The World. 6. A Million Light Years Away, 7. Freedom, 8. Infinity, 9. Celestial Dream

Wenn ich heute die Scheibe wieder mal höre, dann unterscheiden sich Stratovarius vor allem von den damaligen deutschen Powermetallern wie Helloween, Grave Digger und Co. Die Finnen klangen viel melodischer inkl. Einfluss von klassischen Instrumenten. Nicht von ungefähr gab es später von Timo Tolkki die finnische Antwort auf Avantasia mit Namen Avalon. Der große Vorteil von Stratovarius gegenüber Edguy und Avantasia ist die Stimme. Timo Kotipelto hatte für mich einfach die angenehmere Stimme vs. Tobias Sammet. Von den Tracks ragen für mich Millennium, Phoenix und Freedom als schnell gespielter Powermetal sowie die epische Nummer Infinity mit seinen ca. neun Minuten heraus. Insgesamt war es eine andere Ausprägung des Powermetal vs. den allgemein bekannten deutschen Bands. Gerade Helloween waren mehr als nur auf einem absteigenden Ast in der Zeit. So konnten die Finnen in eine sich auftuende Lücke im Powermetal hineinstoßen. Infinite erhielt im Juni 2013 übrigens Platin für mehr als 20.000 physische Verkäufe in Finnland

Wie ging es mit Stratovarius weiter?

Nach Infinite und Welttourneen legte man eine Schaffenspause ein. 2003 erschien Elements Part I. Das Album griff wieder mehr auf die Anfangszeit von Stratovarius zurück und war weit progressiverer inkl. Einsatz eines Symphonieorchesters und Chören. Elements Part II war dagegen deutlich gitarrenlastiger.

Im Jahr 2004 kam es zum Zerwürfnis zwischen Tolkki und Kotipelto. Kotipelto wurde durch die finnische Sängerin Katriina Wiiala ersetzt. Tolkki selbst litt unter schweren psychischen Störungen. Es folgte eine unschöne Zeit, welche mit dem völligen Kollaps von Timo Tolkki endete. Während eines Aufenthalts in Spanien wurde Timo Tolkki von einem Mann mit einem Messer attackiert und erhielt zwei Stiche in den linken Arm. Das machte natürlich einen Krankenhausaufenthalt notwendig, wo er neben der körperlichen allem voran auch eine geistige Genesung durchlebte. Nach der Therapie besserte sich der Zustand Tolkkis und nach intensiven Gesprächen mit allen Bandmitgliedern hatten sich Stratovarius im Januar 2005 wieder vereint (mit Kotipelto und ohne Katriina Wiiala). Es folgte das Album Stratovarius im September 2005.

Im April 2008 verabschiedete sich Timo Tolkki endgültig von Stratovarius. Da die restlichen Bandmitglieder die Band weiterführen wollten, übergab er alle Namens- und Markenrechte. Er selbst gründete Revolution Renaissance. Das erste Album ohne Tolkki erschien im Mai 2009 mit Namen Polaris. Die weiteren Langeisen waren Nemesis (Februar 2013) sowie Eternal im September 2015. Im September 2018 veröffentlichte man eine Compilation mit drei neuen Tracks als Enigma: Intermission 2, welches die Fortsetzung von Intermission aus dem Jahr 2001 ist. Die Songs wurden auf einer gemeinsamen Tour mit Tarja Turunen unter dem Namen A Nordic Symphony den Fans präsentiert. Für den Sommer waren Stratovarius u.a. für das Wacken Open Air angekündigt sowie diverse weitere kleine und große Festivals allen voran in Finnland. Dort sind bis zum 30.07. ebenfalls alle Veranstaltungen abgesagt. Bleibt also zu hoffen, dass es in 2021 die Truppe mal wieder auf deutschen Bühnen verschlägt.

Die weiteren Ausgaben der kleinen Serie:

Lest hier auch die Januar-Ausgabe unserer „On Tour“ Today With Music From The Past Reihe: Hammerfall: 20 Jahre Renegade

Hier kommt ihr zur Februar-Ausgabe unserer „On Tour“ Today With Music From The Past Reihe: Destruction: 20 Jahre All Hell Breaks Loose

Klick hier für die März-Ausgabe unserer „On Tour“ Today With Music From The Past Reihe: Papa Roach: 20 Jahre Infest

In der April-Ausgabe gab es in der „On Tour“ Today With Music From The Past Reihe: The Offspring: 20 Jahre Conspiracy Of One

Schaut euch auch die Mai-Ausgabe der „On Tour“ Today With Music From The Past Reihe an: Iron Maiden: 20 Jahre Brave New World

Für die Juni-Ausgabe, hatten wir uns Virgin Steele mit „Could Be On Tour“ Today With Music From The Past und The House Of Atreus Act II  vorgenommen.

Hier kommt ihr zur ersten Juli-Ausgabe unserer „Could Be On Tour“ Today With Music From The Past Reihe: Limp Bizkit: 20 Jahre Chocolate Starfish And The Hot Dog Flavored Water

Die zweite Juli-Ausgabe von „Could Be On Tour“ Today With Music From The Past beschäftigt sich mit Linkin Park und Hybrid Theory

In der August-Ausgabe gab es eine Doppelpack in einer Story von „Could Be On Tour“ Today With Music From The Past, es geht um zwei Bands aus Göteborg, Haven von Dark Tranquillity und Clayman von In Flames

In der Oktober-Ausgabe von „Could Be On Tour“ Today With Music From The Past geht es um die Mitbegründer des Progressive Metal, Fates Warning und ihr Werk Disconnected

In der ersten November-Ausgabe von „Could Be On Tour“ Today With Music From The Past widmen wir uns den Dänen Pretty Maids und ihrem Album Carpe Diem.

Hier kommt ihr zur zweiten November-Ausgabe unserer „Could Be On Tour“ Today With Music From The Past Reihe: Rhapsody: 20 Jahre Dawn Of Victory

Im dritten Teil unserer November-Ausgabe unserer „Could Be On Tour“ Today With Music From The Past Reihe wird das Album Verlierer Sehen Anders Aus der Düsseldorfer Punkrocker Broilers beleuchtet.