Papa Roach: 20 Jahre Infest

Cut My Live Into Peaces - This Is My Last Resort

Wir befinden uns seit 20 Jahren in einem neuen Jahrtausend. Das legendäre Jahr hat nicht nur kalendarisch eine große Einwirkung auf uns gehabt, sondern ist das Geburtsjahr so manches Metalklassikers. In den 12 Monaten dieses Jahres wollen wir euch daher jeden Monat ein Album in einer kleinen Kolumne zurück in eure Ohren bringen. Dabei wurde das Augenmerk nicht nur auf die Großen des Genres geworfen. Ein Kriterium unserer „On Tour“ Today With Music From The Past Reihe ist, dass die Formation in diesem Jahr auch live unterwegs ist. Im dritten Teil möchten wir an eine Band erinnern, die nicht nur dafür mitgesorgt hat, dass ich heute das Genre höre, was sich Metal schimpft. Denn neben diesem freundlichen Zug, den die Band gemeinsam mit Genrekollegen wie Limp Bizkit und Linkin Park verantwortet habt, darf man meinen, dass sie Schuld ist, dass eine ganze Generation weiß, wie man folgenden Satz beendet:“Cut My Life Into Peaces, This Is My…“. Wer jetzt wirklich noch nicht weiß, dass es sich hier um die Band Papa Roach handelt, der hatte in den 2000ern keinen Discman, keinen Zugang zu MTV und keine Spielekonsole – doch hierzu gleich mehr.

Da unsere Kolumne Music From The Past Alben behandelt, die im Jahr 2000 erschienen sind, springe ich nun zurück und werfe einen Blick auf das Album Infest, welches die Band Papa Roach unsterblich gemacht hat. Wenn man Infest heute auf den Markt bringen würde und man die Band dahinter nicht kennen würde, bin ich nicht sicher, ob es erneut so erfolgreich wäre. Doch da man damals Jay Baumgardner mit der Produktion und den Aufnahmen verpflichten konnte, erwischen der Sound und das Setting, welches das Album bedient, genau den Zahn der Zeit. Wäre „der“ Papa Roach-Song Last Resort nicht auf Infest gewesen, so würde ich dazu auch anzweifeln, ob das Album jemals so erfolgreich gewesen wäre oder ob man von den damals erst im Schnitt 21 Jahren jungen Herren heute noch reden würde. Doch glücklicherweise ist der zweite Song des Albums als Single erschienen und ist auch heute noch immer ein Garant für jeden Mitsingpart auf einer gut beschallten Party.

 

Da Alben wie Hybrid Theory (Linkin Park) und Chocolate Starfish And The Hot Dog Flavored Water (Limp Bizkit) erst ein halbes Jahr später erscheinen sollten, gehörte damals Infest zu den Alben, die die Nu Metal-Welle von Coal Chamber, Korn und System Of A Down ins neue Jahrtausend mitgenommen hatte. So trauten sich die besagten Genrebegleiter, Rap-Parts in den Crossoverboom der frühen 1990er zu mischen.

Papa Roach – Live – Palladium 2014

Dass man beim ersten Release, welches unter DreamWorks Records bei einem Major-Label erschien, gleich so viele Erfolge feiern würde, haben Jacoby Shaddix und Co. garantiert niemals gedacht. Neben dem fünften Platz in den Albumcharts in Deutschland und den USA und Platz neun in Großbritannien erreichte man in den Vereinigten Staaten sogar Dreifach-Platin (mindestens drei Millionen verkaufte Exemplare), Doppel-Platin in Kanada und Silber in Großbritannien. Weitere Auszeichnungen kamen dann aus Österreich und der Schweiz. Mit dem Release von Last Resort am 18.09.2000 kam in Europa wirklich niemand mehr an dem Album vorbei. Chartplatzierungen in sogar Platin-Status in Deutschland folgten für die wohl erfolgreichste Single der Kapelle aus Vacaville, Kalifornien.

Nach der Gründung im Jahr 1993 versuchten die Jungs, die sich in der Highschoolzeit kennengelernt hatten, bereits ihre ersten Anläufe, die auf lokaler Ebene auch nicht ungesehen blieben. So spielte man recht früh bereits bei Größen wie den Deftones, Suicidal Tenencies und Fu Manchu als Opener. Mit Potatoes For Christmas, im Jahr 1994, stand dann die erste EP in den Startlöchern und sogar der erste Mitgliederwechsel stand aufgrund des Erfolgs der Band an. So musste Bassist Will James die Band verlassen, da er sich angeblich „lieber um ein von der Kirche veranstaltetes Sommercamp kümmern wollte und deshalb nicht mehr bereit war, mit der Band zu touren“. Seinen Platz nahm der noch sehr junge Tobin Esperance ein, der mit seinen sechzehn Jahren vorher als Roadie mit der Band unterwegs gewesen war. Nach zwei weiteren Demos/EPs und einigen (mit heutigem Vergleich) kleinen Konzerten, konnte man mit Let `em Know, dem somit vierten Release, das Major-Label DreamWorks Records überzeugen, einen Plattenvertrag für das erste Album vorzubereiten.

Der wohl wichtigste Tag der Bandgeschichte ist dann wohl der 25.04.2000 gewesen, an dem sich das Leben der damals noch jungen Band von jetzt auf gleich änderte.

Papa Roach // Reload Festival // Foto: Jessika Wollstein

Es folgten Nominierungen für die MTV Video Music Awards und sogar für die Grammy Verleihung. Dazu folgten Songlizensierungen für heute noch immer bekannte Videospiele, wie den zweiten Teil der legendären Tony Hawk’s Pro Skater-Reihe (Blood Brothers), FlatOut 2 (ebenfalls Blood Brothers) und Gran Turismo 3 (Never Enough). Doch rund wurde das Ganze erst so richtig mit den Tourneen, die sich durch das Album ermöglichten. So teilte man im selben Jahr mit Bands wie Slipknot, Coal Chamber, Disturbed, Staind, Limp Bizkit, Weezer, Korn und Green Day die Bühne und war damit in der internationalen Welt des Nu Metals angekommen.

Infest hat vier ältere Songs erhalten, welche jedoch für das Album neu aufgenommen wurden und sieben Tracks, die exklusiv für das Release geschrieben wurden. Neben Last Resort wurden zusätzlich Broken Home und Between Angels And Insects zu Singles verarbeitet, die ich allesamt so lange gehört hatte, bis die CD in meinem Discman so zerkratzt war, dass ich mir von Last Resort eine neue kaufen musste – damals hatten CDs noch wirklich einen Wert.

Während unsere Kollegen von der Fachpresse damals fanden, dass man Infest mit Releases von Rage Against The Machine vergleichen konnte, war man von den „poppigen“ Strukturen der Tracks angetan. Denn diese seien massentauglich und eingängig. Thematisch und texttechnisch verarbeitete Songwriter und Fronter Jacoby Shaddix tiefsinnige Themen, wie die Scheidung seiner Eltern, seine Probleme mit ADHS und auch das Thema Alkoholismus wird in Binge thematisiert. Gerade diese Lieder waren die, die viele Jugendliche bewegten und auch noch heute in eine Kerbe treffen. Mit Thrown Away brachte man etwas, was man in Zeiten der MP3s und Streaming eigentlich nicht mehr kennt – einen Hidden Track. So musste man damals die Kassette laufen lassen (oder vorspulen), denn nach dem vermeintlichen Ende des Albums kam noch ein Track, der als Zugabe oder als Schmankerl das Album vervollständigte. So muss man heute auch noch immer bei Thrown Away warten, bis das Lied vorbei ist, damit der Raggae-Rock Song Tight Rope zum Vorschein kommt.

„This Is My Last Resort“ – so klingt es nun wirklich seit 20 Jahren aus meinen Boxen und das nicht nur einmal im Monat. Eigentlich krass, dass Papa Roach für mich das sind, was für meine Eltern Iron Maiden sind. Ein Wegbegleiter, der einen an „damals“ erinnert, an Zeiten, an den Dinge noch einfach waren (jedoch nicht besser). Die nun rund vierzig Jahre alten Herren sind mit der Zeit ein wenig melodischer geworden (vor allem, was den Gesang angeht) und doch lebt die Band noch immer wegen des gigantischen Schattens von Infest. Sicher sind Tracks wie Help, Born For Greatness oder Scars noch immer absolut genial, doch so erfolgreich, wie das 2000er Release ist keine Single und kein Album mehr gewesen.

Auf der bereits im Februar gestarteten Tour, die zusammen mit Hollywood Undead durch die Schweiz, Deutschland und Österreich führt, haben Papa Roach nicht nur das 20. Jahr ihres Albums Infest zu feiern. Auch das aktuelle Album Who Do You Trust?, welches letztes Jahr das Licht der Welt erblicken durfte, lädt zum Headbangen ein.

Tourdaten:

21.02.2020 – (CH) Zurich, Halle 622
22.02.2020 – (DE) Offenbach, Stadthalle
24.02.2020 – (DE) München, Zenith
25.02.2020 – (AT) Graz, Stadthalle
09.03.2020 – (DE) Berlin, Verti Music Hall
10.03.2020 – (DE) Hannover, Swiss Life Hall
11.03.2020 – (DE) Leipzig, Haus Auensee
16.03.2020 – (DE) Düsseldorf, Mitsubishi Electric Hall
17.03.2020 – (DE) Hamburg, Barclaycard Arena

Da aufgrund der Coronakrise mit Ausfällen zu rechnen ist, informiert euch bitte, ob die angegebenen Termine stattfinden, verschoben oder abgesagt wurden – Hier findet ihr den aktuellen Status: https://time-for-metal.eu/tag/coronavirus/

Die weiteren Ausgaben der kleinen Serie:

Lest hier auch die Januar-Ausgabe unserer „On Tour“ Today With Music From The Past Reihe: Hammerfall: 20 Jahre Renegade

Hier kommt ihr zur Februar-Ausgabe unserer „On Tour“ Today With Music From The Past Reihe: Destruction: 20 Jahre All Hell Breaks Loose

In der April-Ausgabe gab es in der „On Tour“ Today With Music From The Past Reihe: The Offspring: 20 Jahre Conspiracy Of One

Schaut euch auch die Mai-Ausgabe der „On Tour“ Today With Music From The Past Reihe an: Iron Maiden: 20 Jahre Brave New World

In der zweiten Mai-Ausgabe wurden Stratovarius mit „Could Be On Tour Today With Music From The Past” und Infinite vorgestellt

Für die Juni-Ausgabe, hatten wir uns Virgin Steele mit „Could Be On Tour“ Today With Music From The Past und The House Of Atreus Act II  vorgenommen.

Hier kommt ihr zur ersten Juli-Ausgabe unserer „Could Be On Tour“ Today With Music From The Past Reihe: Limp Bizkit: 20 Jahre Chocolate Starfish And The Hot Dog Flavored Water

Die zweite Juli-Ausgabe von „Could Be On Tour“ Today With Music From The Past beschäftigt sich mit Linkin Park und Hybrid Theory

In der August-Ausgabe gab es eine Doppelpack in einer Story von „Could Be On Tour“ Today With Music From The Past, es geht um zwei Bands aus Göteborg, Haven von Dark Tranquillity und Clayman von In Flames

In der Oktober-Ausgabe von „Could Be On Tour“ Today With Music From The Past geht es um die Mitbegründer des Progressive Metal, Fates Warning und ihr Werk Disconnected

In der ersten November-Ausgabe von „Could Be On Tour“ Today With Music From The Past widmen wir uns den Dänen Pretty Maids und ihrem Album Carpe Diem.

Hier kommt ihr zur zweiten November-Ausgabe unserer „Could Be On Tour“ Today With Music From The Past Reihe: Rhapsody: 20 Jahre Dawn Of Victory

Im dritten Teil unserer November-Ausgabe unserer „Could Be On Tour“ Today With Music From The Past Reihe wird das Album Verlierer Sehen Anders Aus der Düsseldorfer Punkrocker Broilers beleuchtet.