Wie rechts ist Deutschrock? – Vortrag und Gedankenaustausch in Eckernförde am 15.07.2017

Wie rechts ist Deutschrock?

Veranstaltungszentrum "Das Haus" @ 15.07.2017 Eckernförde
Veranstaltungszentrum „Das Haus“ Eckernförde

Eventname: Wie rechts ist Deutschrock?

Ort: Jugend-, Kultur- und Medienwerkstatt „Das Haus“ Eckernförde

Datum: 15.07.2017

Kosten: Freier Eintritt

Genre: Deutschrock, Rechtsrock

Besucher: 6

Immer wieder gibt es Aufregung um die Südtiroler Band Frei.Wild, weil ihr die Nähe zum Rechtsradikalismus nachgesagt wird. Momentan auch wieder bei uns in Schleswig-Holstein, da die Band demnächst beim Baltic Open Air bei Schleswig auftritt. Nils Raupach, Sozialpädagoge mit dem Schwerpunkt politische Arbeit gegen Rechts der Fachhochschule Kiel, lud zu einer Informationsveranstaltung mit anschließender Diskussion nach Eckernförde ein. Während er bei gleichen Veranstaltungen wie in Neumünster bis zu 100 Personen in den Saal lockte, blieben diese hier aus. 6 Gäste verloren sich im Kinosaal des Hauses. Diverse parallellaufende Mainstreamveranstaltungen in diesem kleinen Städtchen, sowie das schöne Wetter lassen die Zuhörer ausbleiben. Im Vorfeld wird mir als einziger Pressevertreter das Fotografieren untersagt. Später dann auch ein Mitschnitt der Veranstaltung, sodass ich nur mit Notizen arbeiten kann.

Frei.Wild in der Sparkassenarena Kiel am 09.04.2016
Frei.Wild in der Sparkassenarena Kiel am 09.04.2016

Als Erstes störe ich mich an der Definition im Titel. Hier wird Deutschrock pauschal genannt, ohne auf die verschiedenen Genres einzugehen. Letztendlich geht es in dem Vortrag nur um die beiden Bands Frei.Wild und Böhse Onkelz in der vermeintlichen Grauzone zu Rechts. Während beide Bands bei jeder Gelegenheit betonen, nicht zu den rechten Gruppierungen zu gehören und auch bei Einlasskontrollen Kleidung rechter Gesinnung herausfiltern und verbieten lassen, trägt die rechte Szene weiter Shirts der Bands und steht zu Ihren Texten. Warum? Die Ethikkommission gab jüngst grünes Licht. Der Echo wurde Frei.Wild im zweiten Anlauf verliehen, die kritische Berichterstattung verstummt zusehends und die Antifa-Demonstrationen vor und während Konzerten der Bands sind auf wenige Teilnehmer geschrumpft. Bei dem Kieler Frei.Wild Konzert im April 2016 verloren sich keine 150 Demonstranten am Rand der Sparkassenarena. Die geplanten Aktionen wie Störung der Anreise etc. hatten kaum Erfolg. An Textauszügen versucht Raupach die Verwandtschaft zu NS-Gedankengut wie der Sportpalastrede Göbbels zu vergleichen. Immer wieder rutscht ihm der Begriff „Völkisch“ heraus, den Begriff „Patriotismus“ klammert er hingegen fast komplett aus.

Böhse Onkelz-Frontmann Stefan Weidner alias „Der W“ am 02.08.2014 beim Wacken Open Air

Auch die Situation, dass Frei.Wild ja aus Südtirol stammen, die dortige politische Situation eine komplett andere Grundlage bietet, wird nur einmal am Rande erwähnt. Die Geschichte der Böhsen Onkelz spielt in der Betrachtung Raupachs immer wieder eine Rolle. Sehr gut stellt er Beispiele dar, erklärt auch warum sich viele Rechte von den Onkelz abgewandt haben. Er versucht darzustellen, wie sich die heutige Jugend mit dem „Lebensgefühl“ identifiziert, hält sich aber dabei nicht an dem vermeintlich sicheren Begriff wie Heimat auf. Beispiele bringt er, wie im Fall der ostdeutschen Bewegung, sehr gut rüber. Sehr gut beleuchtet Herr Raupach auch Liedtexte rein rechter Bands, zeigt in einer Powerpoint-Präsentation die Konzertstrukturen von verbotenen Blood and Honour Veranstaltungen und berichtet von den Verbindungen zu den politischen Gruppierungen Pegida, AfD und NPD.

Etwas zu kurz kommt für mich die geschichtliche Betrachtung der einzelnen Musikstile. Es wird nur kurz auf die Richtungen Ska, Punk, Oi in der einen sowie Rap und Hip-Hop in der anderen Richtung eingegangen. Dies sind alles Musikrichtungen die Lebensgefühle vermitteln und nach außen tragen, aber politische Aussagen in bestimmte Richtungen tätigen.

Fazit: Rechtsrock ist zum wichtigen Ideologietransfer und Rekrutierungsmittel der extremen Rechten geworden. Die Musik verleiht bestehenden Vorurteilen, Rassismen und nationalistischen Einstellungen eine Ausdrucksform. Ideologische Schlagwörter und Identitätsangebote wie Skinhead, Deutsch oder National bekommen eine einfache Plattform.
Da Musik ein zentraler Bestandteil des Alltags ist, bietet die jeweilige Musikszene eine moderne Form von Gemeinschaft an. Die Erlebniswelt verfestigt die sozialen Beziehungen, die Einbindung in die Szene und die politische Einstellung. Festivals und Konzerte sind niedrigschwellige Zugänge und dienen auch als überregionale Treffpunkte der jeweiligen Szenen. Dies gilt für Rechtsrock genauso, wie für andere Richtungen wie Gothik, Metal oder Mittelalter-Rock.
Um die Jugendlichen, die diese „Lebensgefühle“ toll finden und nach außen mit Kleidung und Symbolen darstellen, aufzuklären was sie da gerade machen, hilft nur politische Bildung. Woher sonst sollen sie die politische Geschichte rund um den Nationalismus kennen, Parallelen zu modernen Gruppierungen und Aussagen einzelner verstehen.