Zick Zack, Rammstein in Prag, 1. Rehearsal am 11.05.2022

Wenn Fanclub Mitgliedschaften sich mal auszahlen - zum Rehearsal in die tschechische Hauptstadt

Da staunt der Laie mal nicht schlecht. In einer recht unscheinbaren Mail steht:

Congratulations, you won!

We hereby invite you to exclusively experience Rammstein live in Prague at the dress rehearsal for their Stadium Tour 2022 on the date you selected (2022-05-11).

Address: Airport Letnany, Hùlkova 35, 19700 PRAHA 9

Rehearsal on May 11, 2022:
admission 17:30 hrs,
show starts 19:30 hrs

Das erscheint mir zunächst nicht real, obwohl ich mich dann erinnere, dass ich da mal eine Anfrage gestellt hatte. Natürlich hab ich nicht wirklich an einen Zuschlag geglaubt, der war aber scheinbar nun Realität geworden. Dann gab es zunächst keine weiteren Informationen. Trotzdem bin ich schon mal in die Planung gegangen und überlegt wie hin, wo Übernachten und was sonst noch so interessant ist. Die Entscheidung fiel letztendlich zugunsten des Autos aus, denn Flexibilität, Kosten und Reisedauer scheinen am besten zu harmonieren. Dann wurde es schnell klar, einen Tag mehr einzuplanen, denn Prag soll ja nicht nur das Konzert bieten, sondern auch so eine Reise wert sein. Reise, Reise, da fällt mir doch gleich was ein. (Kolumne dazu hier). Tja, und jetzt heißt es abwarten. Hotel ist zumindest in der Nähe gefunden, und auch die Foreneinträge auf der Fanseite bei Rammstein lassen auf einen richtigen Gewinn hindeuten. So rückt der 11.05. immer näher und in einer weiteren Mail werden wenige Tage vorher neue Informationen mitgeteilt. Somit scheint alles richtig zu sein und die Vorfreude steigt. Aber auch die Möglichkeit von Handyverzicht und sonstigen Einschränkungen sind zu lesen. Egal, dies ist ein Event, das man nicht so oft geboten bekommt.

Der Tag der Hinreise ist gekommen und an einem Dienstagmorgen um kurz nach fünf geht es planmäßig los. Die Fahrt ist unspektakulär und nach gut siebeneinhalb Stunden erreichen wir Prag. Das Wetter spielt mit, das Hotel ist nach kurzem Suchen gefunden und der Check-in relativ problemlos. Das Zimmer ist ok, denn es soll ja eigentlich nur zum Schlafen dienen. Nun beschließen wir mal zu schauen, wie es am Veranstaltungsort aussehen soll. Flugs die Navi-App gestartet und dann geht es zu Fuß los. So weit soll es nicht sein, aber der Weg zieht sich. Vorbei an Wohnhäusern, viel Grün und diversen Straßen sehen wir von Weitem die dunklen Türme der Bühne. Das ist schon ein imposanter Eindruck, der sich beim Ankommen verstärkt. Mächtig ragen die Pfeiler der Konstruktion gen Himmel. Im Hintergrund herrscht noch Flugbetrieb, denn die Bühne ist auf einem Teil eines Sportflugzeug-Flughafens errichtet worden.

Überall Absperrungen und diverse Security Mitarbeiter bewachen die Zugänge. Wir gehen ein wenig hinter den aufgebauten Tribünen längs, um einen Blick auf die Front der riesigen Bühne zu werfen. Das sieht nach viel Stahl aus, verspricht aber wieder ein visuelles Highlight zu werden. Nach den vorliegenden Informationen haben wir als Rehearsal-Zuschauer Glück und stehen dann direkt vor der Bühne. In der Hoffnung, vielleicht jemanden der Band zu sehen, verweilen wir kurz. Aber die Entfernungen sind zu weit und so freuen wir uns einfach auf den kommenden Tag und genießen erst mal den Aufenthalt Prag. Die Temperaturen liegen bei ca. 26 Grad und so ist dann die anstehende Erkundung der viel gerühmten Metropole unter guten Bedingungen möglich. Auf zur nahe gelegenen Metrostation, ein 24-Stunden-Ticket gekauft und in schneller Fahrt geht es in die Innenstadt. Inzwischen ist es ca. 16:00 Uhr und ein stechender Durst stellt sich ein.

Es soll in dieser Stadt viel Gerstensaft hergestellt und auch noch verkauft werden. Da sollte es doch möglich sein, etwas davon zu ergattern. Eigentlich wollten wir einige tschechische Kronen eintauschen gehen. Da vor zwielichtigen Wechselstuben ausführlich gewarnt wurde, soll also eine Bank genutzt werden, was sich aber als nicht ganz so einfach herausstellt, denn die sind mal nicht eben an jeder Ecke zu finden. So muss die erste Getränkelage noch mit der Kreditkarte beglichen werden. Erfreulich einfach.

Durch die Altstadt, an der imposanten Teynkirche vorbei, geht es raschen Schrittes an der inzwischen gefundenen Moldau entlang. Die erfolgreiche Bank-Suche wird durch eine Raiffeisenbank gekrönt, bei der wir einige Bargeldabhebungen tätigen können. Da wir den heutigen Tag noch mit einigen Sehenswürdigkeiten beschließen wollen, lassen wir uns mit der Tram auf die andere Seite der Moldau bringen. Hier gibt es eine Seilbahn, die uns hoch zu einem Aussichtspunkt bringen soll. Das klappt gut und der an den Eiffelturm erinnernde Aussichtspunkt ist erreicht, aber die Lust draufzusteigen geht gen null, sodass wir uns zu Fuß weiter in Richtung Prager Burg aufmachen. Die parkähnliche Landschaft ist angenehm ruhig, obwohl die Metropole sozusagen vor unseren Füßen liegt. In der Nähe der Burg gibt es ein Kloster, in dem das SV. Norbert Restaurant mit eigenem Bier zum Verweilen einlädt. Die Prager Burg wollen wir heute auch nicht mehr besichtigen und so soll es, so der vorläufige Plan, noch zum berühmten Goldenen Gässchen gehen. Dabei treffen wir zwei, sich mit Wacken-Shirts als eindeutige Metaller outende Reisende, die morgen ebenfalls mit von der Partie sein werden. Ein kurzer Plausch und weiter geht es. Der Plan, die Gasse aufzusuchen, wird ad acta gelegt, denn es wird Zeit für ein Getränk. Somit bleibt das Goldene Gässchen links liegen, dafür ein Restaurant rechter Hand aufgesucht. Dort sitzt es sich ganz exzellent und das Pilsener Urquell rinnt erfrischend durch die durstige Kehle.

Wie sieht der weitere Plan aus? Tja, nun sind wir schon so dicht an der Karlsbrücke, dass wir uns das nicht entgehen lassen wollen. Die vielen Menschen auf der Brücke lassen vermuten, warum es so berühmt ist. So ganz spektakulär kommt es zwar nicht rüber, aber es ist schon schön. Durch die Altstadt schlendern und Nahrungssuche stehen als Nächstes auf dem Plan. Langsam senkt sich auch die Dunkelheit über die tschechische Hauptstadt und überall riecht es verführerisch. Insbesondere eine scheinbare Spezialität erfreut sich regen Zuspruchs. Der mit Eis gefüllte „Baumstriezel“ wird an gefühlt jeder Ecke angeboten und durch die Schaufenster kann man sehen, wie die typischen Hörnchen entstehen. Trdlník heißt die Köstlichkeit. Der Verzehr wird aber auf den nächsten Tag verschoben, es muss jetzt etwas Herzhaftes sein. Hinter dem noch immer stark frequentierten Platz am Rathaus finden wir im Schatten der mächtigen schwarzen Zwillingstürme der Teynkirche einen Italiener, der abseits vom Trubel mit Essen und Trinken aufwartet. Recht erschöpft geht es nach der verdienten Pause durch die ruhiger werdende Stadt zurück mit der Metro ins Hotel. Immerhin hat der erste Tag mit guten 25.000 Schritten und 18 zurückgelegten Kilometern schon einiges an Energie gekostet.

Nach der ruhigen Nacht geht es nach einem einfachen Frühstück wieder los. Bis zum Konzertbeginn ist noch viel Zeit und so wird erst mal eine Bootsfahrt auf der Moldau gebucht. Um elf soll es losgehen, nur das ausgesuchte Boot ist nicht auffindbar bzw. startet erst um zwölf. Die Alternative liegt nur etwas weiter am Kai entlang und so starten wir mit ca. zehn weiteren Interessenten die abenteuerliche Fahrt, vorbei an Sehenswürdigkeiten und spannendem Insider-Geschichten – … so hatten wir gehofft. Leider war die Fahrt eine Enttäuschung. Langweilig, die Ansagen nur schwer verständlich, da viel zu leise und scheinbar ist das Band an der falschen Stelle gestartet worden, sodass die Instruktionen nicht wirklich zum Ufer passen. Nach einer knappen halben Stunde ist das Zwischenziel erreicht und es geht den gleichen Weg zurück, mit genau den gleichen Ansagen. Nun ja. Entschleunigt, etwas frustriert, aber mit ’nem Pils erreichen wir das Ufer. Dann auf die andere Seite der Moldau, um den einen oder anderen Plattenladen aufzusuchen. Bedauerlicherweise ist hier da nichts Gescheites bei, sodass wir beschließen, ins größte Kaufhaus der Stadt zu gehen. Palladium heißt das Teil und beherbergt über 200 Geschäfte, Restaurants und Bars. Viel Glas, modern und mit vielen bekannten Marken, ist es ein wahrer Shopping-Tempel, der sich hinter der eher unscheinbaren Fassade verbirgt und so gar nicht in das Bild der ansonsten gut erhaltenen alten Stadt passt. Auch hier werden wir nicht wirklich fündig und begeben uns erneut in die Altstadt, um schon mal ein einheimisches Bier zu schlürfen. Es ist warm und so sitzen wir gemütlich im Freien und lassen den lieben Gott einen netten Mann sein. Es muss jetzt aber auch noch das angesprochene Eis sein und so wird also ein Trdlník geholt. Man kann es mit einem Softeis in einer dicken Waffel vergleichen, wobei die Waffel aber schon einer vollwertigen Mahlzeit entspricht. Auf dem Rückweg bin ich dann ganz zufällig auf einen Plattenladen gestoßen. Das Maximum Underground, allerdings im ersten Stock gelegen, bietet eine riesige Auswahl an Vinyl, CDs und DVDs. Da frohlockt das Sammlerherz. Aber der Blick aufs Budget erlaubt nur ein Pink Floyd und ein Deep Purple Bootleg. Dann zügig zum Hotel zurück, um sich für den Abend vorzubereiten.

Umgezogen, das Nötigste eingepackt und ohne feste Nahrung geht es los. Gemäß der Einladung ist Einlass zum Airport Letnany, Hùlkova um 17:30 Uhr. Schon in der Metro ist der Anteil an den mit typischen Merkmalen ausgestatteten Gästen nicht zu übersehen. Entsprechend lang sieht die Schlange vor dem Check-in aus. Zum Glück gab es in der Metrostation noch ’nen Kiosk, der einen mit dem nötigen tschechischen Bier versorgt. Dann geht es aber relativ schnell. Nach einer bangen Minute am Counter (die junge Dame findet unsere Namen nicht), bekommen wir letztendlich ein rotes Bändchen, das der Teilnahme an dieser Veranstaltung als Beweis dient. Leider gibt es keine Karte, aber das ist schon Jammern auf hohem Niveau. Beim direkten Eingang zum Infield kommt die nächste Überraschung. Handys dürfen doch mitgenommen werden und unterliegen keiner Restriktion. Das hörte sich zunächst anders an. Dann eine weitere Überraschung: Getränke oder Snacks gibt es nur mit einem Chip, da nur bargeldloses Zahlen möglich ist. Bargeld wird an den einzelnen Ständen nicht akzeptiert und so muss das wohl sein. Das kennen wir bereits von anderen Verunstaltungen wie Wacken, die das auch mal mit einer Aufladekarte versucht haben. Also flugs Geld aufgeladen und zum Bierstand. Das geht in der Tat schnell und ist auch nicht sonderlich teuer. Mit passenden Bechern versorgt, gehen wir dann direkt vor die Bühne. Und was soll ich sagen? Überragend! Nur knapp zwanzig Meter trennen uns von der Bühne. So dicht kommt man sonst nur mit entsprechenden Tickets und die sind für die regulären Konzerte kostspielig. Immer wieder trifft man ungläubig dreinschauende Menschen, die es wie wir nicht wirklich glauben können, hier zu sein. Nun heißt es warten.

Fast pünktlich geht das Spektakel los. Geschätzt sind es einige Hundert, vielleicht 1.500, die im Innenraum vor der Bühne stehen und den ersten Aufschlag erleben. Und es ist ein richtiger Aufschlag. Das Geburtstagskind Christoph „Doom“ Schneider erscheint hinter seinem Arbeitsplatz und mit den ersten Schlägen auf sein Drumset knallt es. Rauch, Feuer und vor allem der Knall rauben einem einen kurzen Augenblick den Atem. Dann kommen aus dem Rauch Richard Kruspe und Paul Landers an den Bühnenrand. Links und rechts vom Drum-Podest nehmen Oliver Riedel und Christian „Flake“ Lorenz ihren Platz ein und mit den ersten Tönen von der Armee Der Finsternis steigt Till Lindemann aus den Tiefen der Bühne in den Ring. Sofort sind alle gefesselt und lautstarker Applaus und Jubel schlägt dem Sextett entgegen. Mit Zick Zack, dem zweiten Song der neuen Platte, geht es weiter, bevor die Klassiker folgen. Links 2,3,4, Sehnsucht und Zeig Dich setzen das Set fort. Till Lindemann begrüßt sogar die Anwesenden und bemerkt scherzhaft, dass heute leider nicht ausverkauft ist und wünscht den Anwesenden trotzdem viel Spaß. Das kennt man sonst eher nicht, denn meist ist ein Rammstein Konzert mit keinen Worten an das Publikum gesegnet. Aber hier und heute ist es anders. Gefühlt sind 90 % der Fans aus Deutschland angereist oder besser, haben gewonnen. Da es noch nicht allzu dunkel ist, kommen erwartungsgemäß die Lichtshoweinlagen erst zum späteren Zeitpunkt richtig zur Geltung. Aber Feuer und schwarzen Rauch spuckt die Bühne schon und auch die im Hintergrund stehenden Türme machen da mit. Warm ist es, die Feuersäulen zucken gen Himmel und lassen das Innenfeld zur Sauna werden. Landers wird an die Leine gelegt und mit einem langen Seil um den Körper kann er sich in fast waagerechte Positionen vorbeugen. Mein Herz Brennt, Puppe inkl. riesigem Kinderwagen, der in Flammen steht, und Heirate Mich tönen durch das Areal. Till Lindemann ist sichtlich gut gelaunt und zieht seine Show ab. Sein Konterfei, wie auch das der anderen Musiker, ist immer wieder in der riesigen LED-Wand über der Bühne zu sehen und zeigt die Lust der Band zu spielen. Dann wird es mit einem Mal ruhiger. Bei Diamant sind nur Till, Oliver am Bass und Flake mit Mini-Harmonium zugegen, die gemeinsam den zerbrechlich wirkenden Song performen. Dann folgt aber wieder kraftvoll vom letzten, eigentlich namenlosem Album, Deutschland, bei dem die Musiker mit Leuchtanzügen auf der weitestgehend im Dunklen liegenden Bühne auftreten. Bei diesem Stück wird der hohe Elektro Metal Teil der Show eindrucksvoll vom auf dem Laufband gehenden Flake in Szene gesetzt. Es folgt mit Zeit ein weiterer Song vom neusten Album, der verdeutlicht, wie schnell eben diese Zeit vergeht und wir das eigentlich aufhalten würden wollen. Das klappt natürlich nicht und auch der heutige Abend schreitet fort. Die neuen Songs reihen sich nahtlos in die älteren Sachen ein und funktionieren gut. Weiter geht es mit Radio, Mein Teil, natürlich mit einem im Topf sitzendem Christian Lorenz, der mit einer immer größer werdenden Flammenkanone gegrillt wird. Mit Du Hast wird die Reise einer Art Best-of fortgesetzt, obwohl es ja noch viele weitere Tracks im Repertoire der Jungs aus Ostdeutschland gibt. Die inzwischen fortgeschrittene Dunkelheit kommt der immensen Licht-, Feuer- und Rauch-Show zugute und zeigt mal wieder, dass daran kein anderer Act auf dem Planeten vorbeikommt. Hier wird das gesamte Equipment getestet, noch mal auf Herz und Nieren geprüft und es scheint, zumindest für uns Zuschauer, alles richtig zu laufen. Sollte es irgendwelche Ungereimtheiten geben, fallen diese nicht auf. Das visuelle Ereignis ist dermaßen geballt, dass es nur den Technikern vor Ort auffallen dürfte.

Du, Du Hast, Du Hast Mich, Du Hast Mich Gefragt Und Ich Hab Nichts Gesagt. Auch das kennt man nur zu gut und es wird so lautstark mitgegrölt, dass die nicht anwesenden 70.000 Zuschauer gar nicht auffallen. Dazu gibt es heulende Raketen, die von der Bühne nach hinten und zurück jagen und ein mörderisches Feuerwerk entzünden. Das wirkt ungemein und man ist kaum noch in der Lage, all diese Eindrücke richtig zu verarbeiten. Das folgende Sonne setzt da noch einen drauf und die Bühne verwandelt sich in eine solche Nova. Soviel Hitze kommt von der Bühne, dass man sich fragt, ob die ersten Reihen noch Augenbrauen und Bärte haben. Dann sind die Musiker plötzlich weg und ein Schrei geht durch die Menge. Auf einem hinter dem Innenraum lang führenden Gang gehen die sechs zu einer kleineren Bühne, auf der dann mithilfe des Publikums Engel akustisch intoniert wird. Dazu gibt es noch ein gemeinsames Happy-Birthday-Ständchen für Christoph. Auch ich bin rechtzeitig am Gang und erhasche den einen oder anderen Abklatscher der zurückeilenden Musiker. Unter anderen von Till und vom Oliver und seitdem wasche ich eine rechte Hand nicht mehr … 😉

Die Jungs sind inzwischen auf der Hauptbühne zurück und stoßen mit einem Sektchen an. Es folgten Ausländer und Du Riechst So Gut. Till mal wieder in gewohnter Pose, leicht in der Hocke, der Kopf von links nach rechts oder auch das kraftvolle Nicken, schlägt mit der rechten Faust auf den Oberschenkel und der dazu bis ins Hirn hämmernde Sound lässt keinen kalt. Das zeichnet die Show aus, sie fesselt den Zuschauer immer wieder. Es ist martialisch, hart und der Industrial Metal reißt einen mit. Dazu gibt es Texte, die berühren, aufrühren, faszinieren oder auch dem Sexismus frönen. Schon oft sind die Mannen dabei bis an den Rand des gerade noch Erlaubten oder manchmal auch nicht Erlaubten gegangen. Ein Beispiel folgt mit Pussy, bei dem Till Lindemann auf einer riesigen Peniskanone reitet und die Zuschauer mit Schaum bespritzt. Das alles macht die Faszination Rammstein aus, die hier mal wieder voll zuschlägt. Natürlich darf der Song Rammstein nicht fehlen und nach knapp zwei Stunden beendet das ultimative Band-Zuschauer-Duell Ich Will schon fast die Show. Adieu vom Album Zeit ist der erwartete Abschluss dieses denkwürdigen Abends. Soll es das wirklich gewesen sein? Für heute auf jeden Fall ja. Während die Protagonisten mit einem Fahrstuhl am Hauptturm in die Höhe fahren, stellen sich nicht wenige die Frage, wird es die letzte Tour, die letzte Platte gewesen sein? Die Anzeichen verdichten sich und auch die Änderung einer Textzeile lässt in diese Richtung Vermutungen zu. So singen sie anstelle von „den letzten Weg musst du alleine gehen“ „den letzten Weg müsst ihr alleine gehen“. Ruft da die Rockerrente? Allerdings sind die Herren alle erst in den Fünfzigern, das sind andere auch und machen weiter. Alle hoffen natürlich das Beste, denn solche Spektakel dürfen einfach nicht verschwinden. Das Event ist nach gut zwei Stunden vorbei und es gibt keine Zugabe. Schnell leert sich das Areal, die letzten Becher werden zurückgegeben und eine zufriedene, sichtlich glückliche und erschöpfte Menge geht nach Haus. Es ist nicht laut, denn viele Eindrücke müssen verarbeitet werden. In zwei Tagen folgt eine weitere Generalprobe, um die letzten Feinheiten zu testen, damit dann am 15.05. das erste von zwei regulären Konzerten in Prag stattfinden kann. Eins weiß ich mit Sicherheit, da wird es nicht so intim und „klein“ sein wie heute.

Wir gehen sichtlich geflasht zurück. Ob es das noch mal so geben wird? Ich bin meiner Mitgliedschaft im Lifead Club noch nie so dankbar gewesen wie heute. Denn nur damit durften wir an diesem unvergesslichen Abenteuer teilhaben. Morgen geht es 750 km zurück nach Kiel. Was bleiben wird, ist die Erinnerung und ein schmuckes Bändchen. Das nächste Mal sehen wir Rammstein in Dänemark, dann aber aus der Entfernung und auch Hamburg ist geplant.