ASP – Verfallen, Folge 1: Astoria

“Grandioses Storytelling“

Artist: ASP

Herkunft: Frankfurt am Main, Deutschland

Album: Verfallen, Folge 1: Astoria

Spiellänge: 73:15 Minuten

Genre: Gothic Novel Rock

Release: 16.10.2015

Label: Trisol Music Group (Soulfood)

Link: https://www.aspswelten.de/index.php

Produktion: Principal Studios, Senden von Vincent Sorg

Bandmitglieder:

Gesang, Programming – Alexander „Asp“ Frank Spreng
Gitarre, Keyboard, Bass, Mandoline – Lutz Demmler
Gitarre – Sören Jordan
Bassgitarre – Andreas „Tossi“ Gross
Schlagzeug – Stefan Günther (live)

Tracklist:

1. Himmel und Hölle (Kreuzweg)
2. Mach’s gut, Berlin!
3. Zwischentöne: Ich nenne mich Paul
4. Zwischentöne: Baukörper
5. Begeistert (Ich bin unsichtbar)
6. Zwischentöne: Lift
7. Astoria verfallen
8. Souvenir, Souvenir
9. Zwischentöne: Blank
10. Dro[eh]nen aus dem rostigen Kellerherzen
11. Alles, nur das nicht!
12. Loreley
13. Fortsetzung folgt …

ASP - Verfallen, Folge 1 Astoria

Kaum ein Jahr ist vergangen, seit ASP ihr 15jähriges Bandjubiläum mit dem fulminanten Best-of-Werk Per Aspera Ad Aspera nebst zugehörigen Shows begingen, schon warten die Hessen mit ihrem neuesten Streich auf. Fans der Band dürften zunächst etwas enttäuscht sein, dass der neue Opus den begonnenen Fremder-Zyklus nicht weiterführt, allerdings wird dieser nur unterbrochen, um ein lange gehegtes Herzensprojekt von Mastermind Asp Spreng endlich zu verwirklichen. Somit sind die Erwartungen natürlich groß.

Bei Verfallen handelt es sich um ein als Zweiteiler geplantes Konzeptwerk, dessen erster Teil Astoria sich um das gleichnamige, vor fast genau 100 Jahren eröffnete Leipziger Hotel dreht, welches nun schon seit fast zwei Dekaden dem Verfall preisgegeben ist. Neben der Tatsache, dass Leipzig die unumstrittene Hauptstadt der deutschen Gothic-Szene ist, prädestiniert dies das Astoria zum Spielort von Schauergeschichten ASP`scher Prägung. Allerdings stammt die Idee hierzu nicht von ASP, sondern von Erfolgsautor Kai Meyer, auf dessen exklusiv verfasster Kurzgeschichte Das Fleisch der Vielen das Werk Verfallen basiert.

Der Opener Himmel und Hölle (Kreuzweg) leitet in die musikalische Horrorstory ein, indem er auf mögliche Gefahren bei zukunftsweisenden Entscheidungen hinweist, und besticht neben der tanzbaren Melodie durch einen sehr eingängigen Refrain. Deutlich ruhiger und melancholischer kommt Mach`s gut Berlin! daher, in welchem die Hauptfigur ihre Entscheidung fasst, Berlin anno 1919 gen Leipzig zu verlassen. Die ersten Zwischentöne klingen sehr beschwingt und lassen den Zuhörer in eine beschauliche Überlandfahrt mit dem Zug eintauchen, während der Protagonist (Er nennt sich Paul!) seinen positiven Hoffnungen bezüglich des Neuanfangs Ausdruck verleiht. Untermalt von ruhigen, nahezu rührenden Klängen schildert der Erzähler dann in Zwischentöne: Baukörper seine Ankunft in Leipzig und seine Verzückung beim Anblick des Hotels, in welchem er eine Anstellung findet. Die folgenden Stücke lassen uns teils rockig und stampfend (Begeistert), teils getragen von Tangoklängen (Zwischentöne: Lift) weiter in Pauls zwiespältige Gedankenwelt eintauchen. Hier lässt sich bereits erahnen, dass es nicht bei einer harmlosen Schwärmerei für die Dame aus dem Lift bleiben wird…

Wieder in gewohnter ASP-Manier – elektronischer, härter aber weiter durchweg melodiös, eingängig und tanzbar – schildert Paul in Astoria verfallen und Souvenir, Souvenir seine enge Verbindung zum Hotel sowie seine düster werdenden Gedanken. Das anschließende Zwischentöne: Blank zeugt von großer Erzählkunst ASPs, der – konsequent der Ich-Perspektive treu bleibend – von den dunklen Träumen Pauls berichtet. Diese Erzählstruktur fortführend, von tiefen, dröhnenden Gitarren begleitet, kommt Paul in nDro[eh]nen aus dem rostigen Kellerherzen mehr und mehr zur Einsicht seiner dunklen Rolle im Astoria, wobei die Instrumentalfraktion von ASP beweist, dass sie sich auch im Metal-Genre stilsicher bewegen kann. Einen klaren Kontrast dazu stellt die sich anschließende, schaurig schöne, von Streichern und Akustikgitarre begleitete Ballade Alles, nur das nicht! dar. In dieser wird der Verzweiflung Pauls angesichts der von ihm erwarteten Aufgaben und im letzten Drittel – erneut mit einem brillanten Bruch – seiner Resignation vor seinen inneren Dämonen Ausdruck verliehen. Den eigentlichen Abschluss von Verfallen, Folge 1 bildet der düstere, morbide Elfeinhalbminüter Loreley, welcher textlich durchaus an Glanzstücke von Eisregen erinnert, bevor die weiter gespannte Hörerschaft in Fortsetzung folgt … humorvoll in tollem Soundgewand auf selbiges Ereignis hingewiesen wird.

Fazit: Die durchgängige Einhaltung des chronologischen Ablaufs der Erzählung sowie die Ich-Perspektive des Storytellers erleichtern dem Zuhörer das Eintauchen in die Geschichte ungemein und beweisen ASPs Vielschichtigkeit und Wandlungsfähigkeit. Auch musikalisch wird ein abwechslungsreicher Stilmix geboten, der jeweils der Stimmung des Protagonisten gekonnt Ausdruck verleiht. Dabei ist Verfallen, Folge 1: Astoria kein Werk, das man mal eben nebenbei hört, sondern verlangt nach Ruhe und einem guten Glas Rotwein. Besser als jedes Hörbuch!

Anspieltipps: Loreley, Souvenir, Souvenir und Dro[eh]nen aus dem rostigen Kellerherzen
Christian G.
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