Art Of Illusion – X Marks The Spot

Teilweise Weltklasse. Für Fans von flottem Melodic Rock, AOR und Queen ein Muss!

Artist: Art Of Illusion

Herkunft: Schweden

Album: X Marks The Spot

Spiellänge: 53:34 Minuten

Genre: Melodic Rock, Melodic Hard Rock, AOR

Release: 29.01.2021

Label: AOR Heaven

Link: https://www.facebook.com/aoisweden

Produktion: Lars Säfsund, Anders Rydholm

Bandmitglieder:

Gesang – Lars Säfsund
Gitarre, Bass und Keys – Anders Rydholm

Gastmusiker:

Gitarre – Jay Graydon, Muris Varajic, Kristian Larsen, Pelle Holmberg und Daniel Rydholm
Schlagzeug – Frank „Frallan“ Nilsson
Steel-Gitarre – Tony Paoletta
Background-Vocals – Per Svensson

Tracklist:

1. Wild And Free
2. Run
3. My Loveless Lullaby
4. Waltz For The Movies
5. 4 AM
6. Go
7. Snakebite Charm
8. Let The Games Begin
9. A Culinary Detour
10. Catch You If I Can
11. Rampant Wildfire
12. Race Against Time

Art Of Illusion ist ein neues Projekt des schwedischen Komponisten, Produzenten und Gitarristen Anders Rydholm (u. a. Grand Illusion, Code, Overland) sowie Sänger Lars Säfsund, der ebenfalls bei anderen Bands aktiv ist. Während er bei den Power Metallern Enbound eher härtere Gesangslinien intonieren muss, ist Säfsund bei Lionville und Work Of Art weitaus softer im AOR und Melodic Rock unterwegs. Zudem war er bereits vier Mal für verschiedene Länder beim Eurovision Song Contest als Backgroundsänger dabei und arbeitet als Synchronsprecher für Disney und andere Produktionsfirmen. Rydholm ist neben seinen Bandaktivitäten oberster Lektor für Musik-Produktionen an der Linnaeus Universität im schwedischen Vaxjo. Für ihr gemeinsames Debütalbum haben sich die beiden zudem gleich acht Gastmusiker ins Boot geholt und sich bei den Texten von Arlene Matza-Jackson und Patrik Ahlm helfen lassen. Viel Manpower also und offenkundig auch viel Know-how, was da an X Marks The Spot mitgewirkt hat.

Und das Ergebnis kann sich mehr als hören lassen. Es ist ein unfassbar starkes Debütalbum, so viel vorweg. Ja, es gibt auch schwächere Songs auf diesem Album: So ist Run eine Nummer, die so oder ähnlich schon zigmal im Melodic-Rock-Kosmos zu hören war und nach dem tollen Opener etwas enttäuscht. Der Song Go kann auch nicht umhauen, ist aber okay wegen seines leichtfüßigen Refrains mit poppig-eingängigen Background-Vocals.

Und ja, das Album hat auch so seine Schwächen in puncto stilistische Zusammengehörigkeit beziehungsweise Zusammenstellung der Songs. Waltz For The Movies und auch das witzig getextete A Culinary Detour (inklusive Opern-Gesang!) klingen eher so, als seien sie für einen Disney-Animationstrickfilm komponiert, bei dem Säfsund als Synchronsprecher mitgearbeitet hat. Musikalisch sehr hochwertig und interessant, aufgrund der Struktur und der vielen klassischen Instrumente aber wie Stücke eines Musicals klingend, stilistisch also zwei starke Ausreißer. Da kommt’s dann auf den einzelnen Hörer drauf an, ob er (oder sie) sich daran stört oder es als willkommene Abwechslung auffasst. Auch die Tracks 4 AM und Race Against Time (mit starkem Queen-Touch insbesondere beim Solo) fallen als Schnulzen der Marke Kuschelrock etwas aus dem Rahmen, selbst wenn sie unter den Schmachtfetzen dieser Welt zu den besseren gehören.

Zusammengehöriger wirken der fröhlich-mitreißende Opener Wild And Free, das modern, zum Teil poppig klingende Snakebite Charm, das mit Streichern und Keyboard pompös wirkende Let The Games Begin, das mit einem einprägsamen Refrain versehene Catch You If I Can und das im Vergleich zu den eben genannten Tracks abfallende Rampant Wildfire. Allesamt eine starke Mischung aus AOR, 80er-Stadion-Hard-Rock und zeitlos modernem Melodic Rock. Alle können mit ihren Hooks überzeugen. Solch stark gesungene, catchy Refrains gibt’s selten, da kommen eigentlich nur die ganz Großen in dieser Disziplin als Vergleichsbands infrage: also zum Beispiel Foreigner, Journey oder Giant. Hinzu kommt eine fantastische Instrumentalisierung: Mit Liebe zum Detail und viel Gefühl für das richtige Maß und den richtigen Zeitpunkt kommt mal ein 80er-AOR-Keyboard zum Einsatz, dort eine Steel-Gitarre, hier ein Opern-Gesang und mal bauen Streichinstrumente ein prächtiges Fundament. Über allem thront aber die fantastische Gitarrenarbeit von Rydholm und den fünf Gast-Gitarristen, die immer wieder für Entzücken sorgen. So auch beim Oberhammer My Loveless Lullaby, das sich sehr ruhig beginnend und wie ein Song eines Musicals immer weiter bombastisch aufbaut, ja geradezu auftürmt zu einer famosen Melodic-Rock-Nummer, die aufgrund seiner in einem Loop intonierten Chöre und Background-Vocals gelegentlich an Großtaten von Savatage oder Queen erinnert.

Art Of Illusion – X Marks The Spot
Fazit
Keine Ahnung, warum dieses Debütalbum bislang bei anderen Kritikern nicht so gut weggekommen ist, wie es sollte. Möglicherweise liegt das an den stilistischen Brüchen zwischen den Songs, die den einen oder anderen Hörer verwirren. Denn einerseits gibt’s typisch skandinavischen Melodic Rock mit Versatzstücken aus dem AOR und ein paar etwas härteren Phasen, die Richtung Melodic Metal gehen. Auf der anderen Seite überraschen zwei Songs, die stilistisch auch von einem Disney-Musical stammen könnten und so auch von Queen bei deren orchestralen Momenten hätten kommen können. Auch andere Tracks haben einen leichten Queen-Touch, ohne dass das abgekupfert wirkt. Diese stilistische Variation kann man aber eigentlich locker akzeptieren, denn musikalisch ist das alles auf ganz hohem Niveau. Der klare, technisch brillante Gesang von Lars Säfsund verweist jede Konkurrenz im Melodic Rock auf die hinteren Plätze, die Produktion ist detailverliebt und einfach nur erstklassig. Dazu kommt ein Gitarrenspiel mit tollen Oha-Momenten und vor allem sind die unten als Anspieltipps genannten Songs Weltklasse oder sehr nah dran. Grandiose Melodien werden hier perfekt umgesetzt. Einzig die Schnulzen 4 AM und Race Against Time sind nur was für Kuschelrock-Fans (soll es ja geben). Insgesamt ein Hammer-Debüt, das auch das bisherige Schaffen der beiden Protagonisten übertrifft.

Anspieltipps: Wild And Free, My Loveless Lullaby, A Culinary Detour, Catch You If I Can und Let The Games Begin
Tobias K.
9
Leser Bewertung1 Bewertung
9.6
9
Punkte