Devil May Care – Divine Tragedy

Die Würzburger heben ihren Sound auf internationales Format

Artist: Devil May Care

Herkunft: Würzburg, Deutschland

Album: Divine Tragedy

Spiellänge: 42:45 Minuten

Genre: Post-Hardcore, Alternative Rock, Metalcore

Release: 05.11.2021

Label: Uncle M Music

Link: https://www.facebook.com/devilmaycare.band

Bandmitglieder:

Gesang und Gitarre – Tim Heberlein
Gitarre – Lukas Esslinger
Bassgitarre – Moritz Hillenbrand
Schlagzeug – Joachim Lindner

Tracklist:

  1. Outcry
  2. Painter
  3. Into The Abyss
  4. Revelation
  5. Delirium
  6. New Old Life
  7. Tragedy
  8. Veil Of Conspiracy
  9. Calm Waters
  10. Dayblind
  11. Dead In The Water
  12. Prisoner
  13. Shutdown

Wie der Zufall manchmal so spielt: Meinen ersten Kontakt zu den Würzburgern von Devil May Care habe ich meiner Leidenschaft zu musikbezogenen Gewinnspielen zu verdanken. So fiel mir auch das 2019er-Album Echoes in die Hände. Ein glückliches Händchen beim Gewinnspiel eines Onlinemagazins und dass, obwohl ich die Band nie zuvor gehört hatte. Lediglich das geniale Coverartwork von Echoes zog meine Aufmerksamkeit auf sich. Das Ergebnis des Gewinns? Ein fettes Merchpaket. Die selbst geschriebene Autogrammkarte ziert seitdem meinen Schreibtisch, das coole Fairtrade-Shirt gehört zu meinen Lieblingen, die Stofftasche wird zum Einkaufen genutzt und das Wichtigste – Echoes wurde zu meinem go to Roadtrip-Soundtrack 2019 und landete in den Top Ten meiner persönlichen Jahrescharts.

Anfang dieses Jahres gerieten Devil May Care erneut in meinen Fokus. Beim Time For Metal Underground Award belegten die Würzburger den dritten Platz. Spätestens da wurde mir bewusst, dass ich mich mehr mit den Jungs beschäftigen sollte. Denn neben guter Musik sind das Engagement für Sea Shepherd, die ich selbst auch unterstütze und die tiefgreifenden Texte über die Auseinandersetzung mit persönlichen Dämonen besonders hervorzuheben. So handelt auch das vorliegende Album Nummer drei namens Divine Tragedy von Themen wie dem zerstörerischen Umgang mit unserer Umwelt, Drogentoten und anderen Formen der Selbstzerstörung. Unterstützt werden Devil May Care dabei von namhaften Musikern wie Sperling, Rising Insane und Venues. Gute Voraussetzungen für einen weiteren Meilenstein der umtriebigen Liveband?

Mit Outcry beginnt der bunte Blumenstrauß aus Post-Hardcore, Alternative Rock und Metalcore. DMC haben immer wieder Songs, die wie der finstere Zwilling von Rise Against klingen. Outcry ist dank seines treibenden Schlagzeugspiels einer davon. Im Refrain wird es richtig hymnisch und melancholisch. Etwas negativ fällt mir der zwar gut produzierte, aber etwas drucklose Sound auf. Da geht live sicher noch mehr. Painter ist das erste Feature auf Divine Tragedy und den Fans schon seit einigen Monaten bekannt. Der Titel katapultierte die Jungs auch aufs Treppchen unseres eingangs erwähnten Underground Awards. Prinzipiell setzt Painter auf eine ähnliche Struktur wie der Opener Outcry. Treibende Beats und ein Refrain mit Ohrwurmqualität. Die isolierte Situation, die uns allen aus den vergangenen Lockdown-Monaten bekannt ist, setzt Sänger Tim Heberlein in Text und Video um. Unterstützt wird er dabei durch die Screams von Aaron, der sonst bei Rising Insane fürs Gebrüll zuständig ist.

Auch wenn ich manchmal meine ruhige Seite gewinnen lasse, so mag ich es in diesem Genre doch eher roh und ungeschliffen. Da kommt das Brett mit Namen Into The Abyss wie gerufen. DMC setzen sich in einer Spendenaktion, die seit dem Release der Single läuft, für den Support der Organisation Sea Shepherd ein. Wie wichtig der Schutz der Ozeane und der darin lebenden Tiere ist, kann gar nicht oft genug betont werden. Musikalisch wird der Thematik ordentlich Nachdruck verliehen. Sänger Tim offenbart seinen Schmerz in jeder Zeile und wird durch die Core-Struktur des Songs nach vorne gepeitscht. Eine Gratwanderung zwischen Weltschmerz und Radiotauglichkeit offenbart die nächste Nummer Revelation. Während man zum Refrain noch fröhlich auf dem Lenkrad trommelnd mit dem Auto gen Sonnenuntergang fahren kann, reißen einen die bösartigen Schreie kurze Zeit später wieder aus den süßesten Träumen. Diesen Kontrast beherrschen Devil May Care ohne Wenn und Aber.

Das bisher spannendste Projekt in ihrer knapp zehnjährigen Karriere vollziehen Devil May Care im Song Delirium. Nach den abermals treibenden Beats von Drummer Joachim und den dazugehörigen Gitarrenwänden überrascht Sänger Tim zunächst mit Sprechgesang, wie man ihn auch von Oli Sykes (Bring Me The Horizon) kennt. Bevor ich mich mit diesem eh schon genialen Stück Musik abfinde, kehrt Tim noch einmal sein Innerstes nach außen: „It’s not a dream, it’s a nightmare. Come get me out, come get me in. I can’t remember but I can’t forget. I’m caught in between those two worlds that distract me.“ Dieser Part jagt mir Schauer über den Rücken und um meinen Geist vollends zu beanspruchen, taucht danach Johannes „Jojo“ Gauch von der Band Sperling mit einem waschechten deutschsprachigen Rap-Part im Geschehen auf. Das funktioniert unglaublich gut und schreit nach einer erneuten Zusammenarbeit. Kommt direkt auf meine Liste der besten Songs des Jahres.

Seit der überragenden und tieftraurigen Ballade Echoes vom letzten Album müssen sich ruhigere Stücke daran messen lassen. Leider kann ich New Old Life unter der Prämisse keine echte Chance geben. Gut, aber leider ohne echten Wow-Effekt. Auf emotionaler Ebene holt mich eher Tragedy ab, auf dem auch die Stuttgarter Band Venues gastiert. Die Jungs machen scheinbar simples Songwriting durch den nötigen Tiefgang zu Musik, für die es sich lohnt, Zeit zu investieren. Leider drückt Veil Of Conspiracy anschließend nicht die richtigen Knöpfe, um mein Blut zum Kochen zu bringen.

Wir begeben uns in ruhige Gewässer: Calm Waters liefert wieder den bandtypischen Mix aus Hooks und härteren Passagen. Das soll als Kompliment verstanden werden, denn diese Trademarks lassen sich unter dem Banner Devil May Care vereinen und haben somit etwas Eigenständiges erschaffen. Thematisch werden wieder harte Geschütze aufgefahren: Alkoholsucht in der Familie, unter der die Kinder noch Jahre später zu leiden haben. Dayblind hat mit den Kanadiern von Like Pacific auch internationales Format zu bieten. Drums und Gitarren geben zwar weiterhin den Ton an, erhalten aber Unterstützung von flächendeckenden Keyboards. Jedes Mal, wenn Frontmann Tim dem Teufel auf seiner Schulter die Oberhand gewährt, fangen meine Augen an zu leuchten. Das leicht progressiv angehauchte Grundgerüst des Stücks gefällt mir ausgesprochen gut.

In Dead In The Water tun mir Devil May Care den Gefallen, in den eben erwähnten Soundgefilden zu bleiben. Die Gitarrenriffs sind großflächig und schön dreckig und Vibes von Rise Against kehren zurück. Von den beiden Bonustracks Prisoner und Shutdown gefällt mir der letztgenannte deutlich besser. DMC fügen ihrem Klangbild wieder feine Nuancen hinzu und erinnern mich in Shutdown an eine meiner Lieblingsbands aus den USA – Breaking Benjamin – und ziehen damit den Strich unter das emotionale Gesamtbild von Divine Tragedy.

Devil May Care – Divine Tragedy
Fazit
Das Vorgängeralbum nimmt für mich einen Status ein, an den Divine Tragedy im Augenblick noch nicht herankommt. Der Genremix aus Post-Hardcore, Rock und einer Prise Metalcore funktioniert nach wie vor. Die lyrischen Konzepte nebst der Videoproduktion heben Devil May Care aus der grauen Masse hervor. Zu einigen neuen Stücken habe ich noch keinen Zugang gefunden, was durch etwaige Livekonzerte noch korrigiert werden könnte. Die Würzburger sind für mich immer dann am stärksten, wenn sie beide Seiten ihrer Gefühlswelt voll ausloten. So geschehen in den unten genannten Anspieltipps. Die Produktion könnte für meine Ohren etwas mehr Durchschlagskraft vertragen. Nichtsdestotrotz kann ich Divine Tragedy uneingeschränkt für Fans von Boysetsfire, Thrice oder einfach Hardcore meets Rock mit einer ordentlichen Portion Hooks empfehlen.

Anspieltipps: Into The Abyss, Delirium und Dayblind
Florian W.
7.8
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8.9
7.8
Punkte