Artist: Goat The Head
Herkunft: Norwegen
Album: Strictly Physical
Spiellänge: 39:09 Minuten
Genre: Death Metal
Release: 12.02.2021
Label: Crispin Glover Records
Links: http://www.goat.as
https://www.facebook.com/goatthehead
Produktion: Bård Ingebrigtsen, Oslo
Bandmitglieder:
Gitarre – Ketil Sæther
Schlagzeug – Kenneth Kapstad
Bass – Trond Frønes
Keyboards, Gesang – Per Spjøtvold
Tracklist:
1. The Call Of Ixodes
2. Fit For Swine
3. Exhaler
4. The Cosmoclast
5. A Three Krater Symposium
6. Cemetery Swarm
7. Blästed
8. Miracle
Goat The Head haben einen Evolutionssprung gemacht, fast so wie damals vor Urzeiten, als der Mensch das Feuer entdeckte (zu dieser Analogie später ein paar erklärende Worte mehr). Die Norweger gründeten sich 2005 aus den Black- und Dark-Metal-Bands Thorns, Troll sowie Keep Of Kalessin. Seitdem erschienen zwei EPs und zwei Alben, wobei die letzte Veröffentlichung zehn Jahre zurückliegt. Das Quartett verpasste sich ein recht außergewöhnliches Image: Nach eigenen Angaben spielten sie nicht bloß Death Metal, sondern „Contemporary Primal Caveman Death Metal“, also zeitgenössischer Urzeithöhlenmenschen Death Metal. Optisch setzten sie das derart um, dass sie sich kleideten, wie es wohl Urzeitmenschen taten, also mit Tierfellen und Lederröcken. Und sie sorgten 2008 mit einem abstrus irrwitzigen Video (https://www.youtube.com/watch?v=LXyuC6mmhCI&t=4s) für Aufsehen. Das ja mal was, dachte sich der gemeine Kritiker zunächst. Bis man die akustische Umsetzung zu hören bekam: Die überzeugte nicht, gab vielmehr dem bis dahin wohlwollend bewerteten Image einen Anstrich der Lächerlichkeit. Denn ein Image taugt immer nur was, wenn auch eine Leistung dahintersteckt. Und bei einer Band ist das nun mal die Musik. Und die war auf den ersten Outputs mehrheitlich nicht gut produziert, unstrukturiert, hektisch und unausgegoren.
Nun scheint die Ur-Suppe, aus der Goat The Head ihre Inspiration löffeln, lang genug geköchelt zu haben. Rund zehn Jahre sind seit der letzten Veröffentlichung vergangen. Vielleicht geht das auch auf die Kappe vom neuen Schlagzeuger Kenneth Kapstad (ex-Motorpsycho-, Spidergawd). Ganz gleich, woran es liegt, die lange Pause kann helfen: Denn so werden sich wohl die wenigsten Metalfans an die verunglückten ersten Gehversuche der Urzeithöhlen-Musiker erinnern und die Band hat vielleicht die Chance, auf unvoreingenommene Ohren zu stoßen. Verdient hätten sie es. Ihr drittes Langzeitalbum ist nämlich um Längen besser als der vorherige Kram.
Die Norweger haben einen erfrischenden Mix aus verschiedenen Stil-Elementen, der jederzeit ausgereift wirkt und zu begeistern weiß. So etwa gleich zu Beginn die hypnotische, vorwärts walzende Doom-Nummer The Call Of Ixodes (mit toll-simplem Lyric-Video), bei der Sänger Per Spjøtvold einen starken Job macht. Sein blubbernd-heiseres, meist grölendes Organ, das an Jan-Chris de Koeijer von Gorefest erinnert und entfernt vielleicht noch an den früheren Chris Barnes (Six Feet Under), passt kongenial zu den dröhnenden Instrumenten. Dazu verpasst Spjøtvold der Melodyline des Liedes durch gelegentliches Ausbrechen in (relativ gesehen) höhere Tonlagen mit nicht übertriebenem Vibrato einen kaum entziehbaren Charme, gestützt durch eine wirkungsvoll eingesetzte Hammondorgel.
Eine Stoner- oder Doom-Band sind die vier Herren aber nun nicht geworden, das Fundament ist noch immer Death Metal. Das zeigt sich gleich mit Track Nummer zwei Fit For Swine, der zwar auch doomige Parts enthält, diese sind aber eingebettet in herrliche Raserei. Hier wird akustisch eine Sau durchs Dorf getrieben. Das nötige Besondere ergibt sich erneut durch den Gesang von Spjøtvold und der meist im Hintergrund dräunenden Hammondorgel, die dem Ganzen auch den zusammenhaltenden Kit verleiht. Exhaler lebt ebenfalls von dem besonderen Zusammenspiel aus Hammondorgel, brüllend-bollerndem Gesang und der geschickt eingewebten Gitarrenharmonie, die sich zusammen so weit steigern, bis es zum pulsierenden, akustischen Überlaufen kommt. Blubb.
Können Goat The Head dieses hohe kreative Niveau halten? The Cosmoclast nimmt deutlich Tempo raus, man ist wieder klar beim Doom. Wunderbare, getragene Gitarrenharmonien breiten zusammen mit der diesmal sphärisch im Hintergrund wabernden Hammondorgel einen Soundteppich aus und lassen den Song die Aura einer intensiven Elegie annehmen. Wie ein auffrischender Wind kracht dann A Three Krater Symposium durch die Boxen. Als fix vorwärts donnernder Death ’n‘ Roll mit einer erneut krönenden Hammondorgel könnte man das wohl nennen. Vor allem funktioniert die Gesangsharmonie nach ein paar Durchläufen vorzüglich, sodass die Nummer einfach Spaß macht. Cemetary Swarm kommt zunächst wie hektisches, zielloses Geprügel rüber, das aber immerhin einen psychotisch klingenden Soloteil hat. Klar der schwächste Song bisher. Blästed marschiert weiter Richtung Brachialität. Knüppel aus dem Sack sozusagen. Einmal mehr hilft die Hammondorgel gegen Ende. Dadurch und dank der Kürze des Songs ist die Nummer noch okay.
Jetzt sollte das Niveau noch mal nach oben gerissen werden. Und ja, das abschließende, über zehn Minuten lange Miracle kann überzeugen. Dabei dauert es ein Weilchen, bis die Nummer zubeißt: Etwa nach dreieinhalb Minuten wird die ganz zu Anfang angerissene Gitarrenharmonie erneut aufgegriffen, die nach klirrend kaltem Skandinavien, Viking Metal oder auch Pagan Metal tönt. Durch eingeschobene, doomige Zwischenstücke schafft es die Band dann diese Harmonie mit dem vorher bereits eingeführten Refrainpart passend miteinander zu verbinden. Ein in der Musik Dahinschweben ist die Folge. Der recht komplexen Struktur des Songs gelingt es, dass der Hörer sich trotz der Überlänge nicht langweilt. Das muss man erst mal hinbekommen.