Artist: Lost In Grey
Herkunft: Finnland
Album: Under The Surface
Spiellänge: 56:43 Minuten
Genre: Power Metal, Symphonic Metal
Release: 02.07.2021
Label: Reaper Entertainment
Link: https://www.facebook.com/lostingrey
Bandmitglieder:
Gesang – Anne Lill Rajala
Gesang, Keyboard – Harri Koskela
Gesang, Violin – Emily Leone
Gitarre – Miika Haavisto
Gitarre – Jarno Suodenjoki
Bassgitarre – Aapo Lindberg
Schlagzeug – Teppo Ristola
Tracklist:
- I
- Disobedience
- Waves
- Shine
- Varjo
- Souffrir
- Stardust – I. The Race
- Stardust – II. Sand Castles
- Stardust – III. The Abyss
Vor zwei Jahren haben Lost In Grey ihr zweites Studioalbum The Waste Land auf den Markt gebracht und möchten dieses nun mit dem dritten Streich Under The Surface ablösen. Abermals geht die Spielzeit über die 50-Minuten-Marke und kratzt dieses Mal gar an der psychologischen Stunden-Marke. Für sehr kurze Langeisen gilt der Faktor, dass die einzelnen Sequenzen zu schnell zünden müssen und der Hörer ggf. nicht gut bzw. lange genug bedient wird. Bei einer Scheibe mit dieser Länge kann man die Faktoren umdrehen. Je länger ein Studioalbum wird, desto mehr Argumente muss man als Künstler sammeln, um den Hörer bei Laune zu halten. Die Finnen scheuen diesen Schritt scheinbar nicht und lassen ihren Power Metal mit vielen Symphonic Metal Elementen eine eindeutige Sprache sprechen.
War die Handschrift beim Vorgänger noch deutlich mehr auf der Wellenlänge von Delian, Tristania oder Epica, gehen die sieben Musiker nun weiter auf Abstand. Mystische Klänge mit Verbindung mit Dark Folk Elementen bringen die Truppe in andere Atmosphären. Weniger bombastisch, dafür nebelverhangener mit dem starren Blick eines einsamen Wanderers, der an einem der tausend Seen ihrer Heimat am Ufer stehend die atemberaubende Schönheit der Natur aufsaugt. Nightwish könnten da rein in der Melodienfolge mitschwingen, dieser Gedanke verfliegt jedoch mit Einsetzen des Gesangs sehr schnell. Das Intro I offenbart die gerade angebrachte Tendenz nur bedingt und schmeißt den Hörer schnell in die erste eigentliche Nummer Disobedience. Richtig abgeholt wird man aus dem Bauchgefühl heraus erst bei Waves. Zu Beginn soll der Hörer erst mal langsam den Fokus auf die Kunst der Finnen einstellen, ohne dass sie gleich die helfende Hand reichen. Die Message ist klar, die Umsetzung deutlich und wieder bleibe ich trotz der hörbaren Weiterentwicklung am Punkt kleben: Wo bleiben die mitreißenden Refrains? Die ruhige Basis lässt viel Platz für bombastische Momente, die nicht genutzt werden. In einem so aufgebauten Track noch auf einen Refrainmodus auf gleichem Niveau zu setzen, dürfte taktisch nicht den gewünschten Effekt bringen. Dazu kommt die Länge der Komposition, was bei Lost In Grey nicht zu unterschätzen sein sollte. Alles, was über fünf, maximal sechs Minuten geht, bringt die Truppe in die Not, den Genreliebhaber bei der Stange zu halten. Die Idee, komplexer zu agieren kann als richtiger Weg nicht geleugnet werden, nur fehlt der berühmte Spannungsbogen. Der feine Fingerschnipp, der einen guten Song zu einem Hit anschwellen lässt – daran müssen gerade Anne, Haari und Emily arbeiten. Diese drei Stimmenfarben an den Mikrofonen können bereits jeden verkrampften Körper in den Sessel pressen – warum die Zügel schleifen lassen und diese Intensität vergeuden? Wer jetzt sagt, Under The Surface bekommt einen gewaltigen Abriss, hat bis dato rein aus meinen geschriebenen Worten recht. Das liegt jedoch nur daran, dass man mittlerweile mehr Hymnen wie Varjo erwarte. Wenn man im Symphonic Ruhepol die Bestimmung gefunden hat, muss man versuchen, den Hörer mit anderen Trademarks um den Finger zu wickeln.