“Zu viele Experimente?“
Artist: Machine Head
Herkunft: Oakland, Kalifornien, USA
Album: Catharsis
Spiellänge: 74:26 Minuten
Genre: Groove Metal, Thrash Metal, Metal
Release: 26. Januar 2018
Label: Nuclear Blast
Link: https://www.machinehead1.com/
Produktion: Zack Ohren in den Sharkbite Studios, Oakland, Kalifornien, USA
Bandmitglieder:
Vocals, Gitarre – Robb Flynn
Gitarre – Phil Demmel
Bass – Jared MacEachern
Drums – Dave McClain
Tracklist:
- Volatile
- Catharsis
- Beyond The Pale
- California Bleeding
- Triple Beam
- Kaleidoscope
- Bastards
- Hope Begets Hope
- Screaming At The Sun
- Behind A Mask
- Heavy Lies The Crown
- Psychotic
- Grind You Down
- Razorblade Smile
- Eulogy
Catharsis, das neunte Studioalbum der Kalifornier Machine Head, ist der Nachfolger von Bloodstone & Diamonds aus dem Jahr 2014. Bereits auf dem Vorgänger konnte sich die Band von vielen Genre-Konventionen lösen und schien nach zahlreichen Image-Wechseln ihren eigenen Sound gefunden zu haben. Catharsis führt diese Tradition zwar fort, ist allerdings das facettenreichste und experimentellste Album der Band.
Die Platte wurde in den Sharkbite Studios in Oakland aufgenommen und von Zack Ohren produziert. Im Vorfeld des Release veröffentliche die Band bereits fünf Songs. Dennoch hält die Platte einige Überraschungen bereit. Vorweg sei zu sagen, dass Machine Head nicht mehr als die Nu Metal Band der 90er oder die Neo-Thrash-Gruppe auf The Blackening gesehen werden kann. Zwar finden sich zu Genüge Elemente aus beiden Phasen auf Catharsis, um allerdings Enttäuschungen zu vermeiden, die aus Genre-Konventionen entstehen, sollte Machine Head als die moderne Metal-Größe gesehen werden, zu der sie sich in den letzten Jahren entwickelt haben. Ihr starkes Standing zeigt sich nicht zuletzt durch ihre erfolgreiche An Evening With–Tour zur Promotion von Bloodstone & Diamonds auf der die Band das Publikum Abend für Abend als einzige Band und mit einem 3 Stunden Set beglückten. Für Catharsis wird dieses Tour-Konzept erneut aufgegriffen. Mit dem Support und einer gehörigen Portion Selbstvertrauen schreiben sich etwas unkonventionelle Songs dann auch etwas leichter. Nebenbei erwähnt Mastermind Robb Flynn oft genug, dass er nicht nur harte Musik zu seinen Inspirationen zählt, sondern auch privat gerne zu Platten aus Hip&Hop und Pop greift. Das Produkt dieser hart erkämpften Eigenständigkeit und vielen unterschiedlichen Einflüssen ist ein abwechslungsreiches Album mit sehr vielen Höhen und einigen Tiefen.
Das Positive Vorweg: gut zwei Drittel der Platte lassen sich am Ehesten dem schnellen, melodischen und Groove-lastigen Sound zuschreiben, den Machine Head-Fans über die Jahre so lieb gewonnen haben. Was Kritiker und Fans allerdings gleichermaßen abschrecken dürfte, sind Songs wie Bastards, Behind A Mask oder Heavy Lies The Crown. Das sanfte Bastards, das sich ohne große Mühe klar als Anti-Trump-Song identifizieren lässt, hat als Grundgerüst Flynns melodische Vocals und eine Akustik-Gitarre. Auch als nach gut einem Drittel die Band einsetzt, ändert sich die Grundstimmung des Songs nicht gravierend. Die Vocals werden zwar etwas aggressiver, aber der Folk-Charakter des Songs bleibt erhalten. Vor allem das letzte Drittel, in dem die Band wie ein Dropkick Murphys-Verschnitt klingt, hätten sich die Jungs aus Oakland hingegen sparen können.
Behind A Mask ist ein sehr ruhiges und düsteres Stück, das zwar ähnlich experimentell ist, allerdings weniger unangebracht wirkt als Bastards. Highlight ist hier ganz klar das Akustik-Gitarren-Solo.
In ganz andere Songwriting-Gefilde stößt die Band mit Heavy Lies The Crown vor. Robb Flynn singt als Spinnen-König in der ersten Person und in Kombination mit dem Main-Theme des Songs, das stark an das Thema eines Films erinnert, das immer in Zusammenhang mit einem Charakter auftaucht, wirkt der Song wie ein Stück aus einem – zugegeben musikalisch recht heftigen – Musical. Zum Glück legt sich diese Stimmung im letzten Drittel des Songs. Die Band zieht das Tempo etwas an und rettet den Track mit einem amtlichen Thrash-Riff.
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Apropos Thrash. Die schnellen, thrashigen Songs, die Groovigen Parts und die melodischen und eingängigen Refrains sind auf Catharsis mal wieder das, was Machine Head auszeichnet. Die Band scheint ihre Formel für einen guten Song gefunden zu haben. Zieht man von den 15 Songs die drei eben erwähnten, das Outro Eulogy (welches ohnehin bloß eine Repetition von Bastards ist) und die ersten Singles Catharsis und Beyond The Pale – den Refrains der beiden Songs hört man das Single-Dasein leider zu stark an – ab, bleiben noch immer 9 Tracks, die alles zu bieten haben, was man von einem Machine Head-Album erwartet. Die Songs bieten Heavyness auf der einen, Gänsehaut durch Robb Flynns vielschichtige Vocals und ergreifende Lyrics auf der anderen Seite. Der Sound der verbleibenden Songs lässt sich gut als Mischung aus Through The Ashes Of Empires (2003), Bloodstone & Diamonds und The Burning Red (1999) beschreiben. Leicht poppig angehauchte, eingängige Parts, die üblichen Rhythmus-unterbrechenden Harmonien, schnelle Riffs, groovige Breakdowns und überraschender Weise auch einige Vocal-Parts, die an die Nu-Metal-Vergangenheit der Band erinnern, prägen das Gesamtbild. Triple Beam zum Beispiel könnte, das groovige Main-Riff mal außen vor, getrost von The Burning Red stammen, wirkt aber nicht fehl am Platz, sondern authentisch und glaubwürdig. Einer der stärksten Songs folgt im Anschluss daran mit Kaleidoscope. Das Intro und das folgende Riff sprechen für sich – und erinnern ein wenig an Night Of Long Knives. Der Song lässt Robb Flynns enorm vielseitige Stimme in all ihrer Herrlichkeit erstrahlen. “I walk along a lonely Road” – Beweisführung abgeschlossen. Aber auch die stimmungsvolleren Songs Hope Begets Hope oder Streaming At The Sun wissen zu überzeugen. Es muss nicht immer die volle Geschwindigkeit für einen guten Song herhalten. Als letztes Beispiel soll aber ein Song aus ebendieser Kategorie dienen: Razorblade Smile ist ein weiteres Beispiel für einen grandiosen Song auf Catharsis, der auch die teilweise fehlgeschlagenen Experimente mit Leichtigkeit wieder ausgleicht.
Genauso Facettenreich wie die musikalische Umsetzung der Songs sind mal wieder die Lyrics Schon immer eine Stärke der Band, hat man das Gefühl, dass die Inhalte seit dem letzten Album ein Bisschen zugänglicher geworden sind. Tiefgang haben sie aber noch immer. Depression, Politik und Drogenkonsum sind nur ein Teil der Themen, die auf Catharsis aufgegriffen werden.