Artist: Napalm Death
Herkunft: Birmingham, Großbritannien
Album: Throes Of Joy In The Jaws Of Defeatism
Spiellänge: 42:26 Minuten
Genre: Death Metal, Grindcore
Release: 18.09.2020
Label: Century Media Records
Links: http://www.napalmdeath.org
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Produktion: Russ Russell, Esteemed Studio
Bandmitglieder:
Gesang – Mark „Barney“ Greenway
Gitarre – Mitch Harris
Gitarre – John Cooke
Bass – Shane Embury
Drums – Danny Herrera
Tracklist:
1. Fuck The Factoid
2. Backlash Just Because
3. That Curse Of Being In Thrall
4. Contagion
5. Joie De Ne Pas Vivre
6. Invigorating Clutch
7. Zero Gravitas Chamber
8. Fluxing Of The Muscle
9. Amoral
10. Throes Of Joy In The Jaws Of Defeatism
11. Acting In Gouged Faith
12. A Bellyful Of Salt And Spleen
Nach dem überaus harschen Longplayer Apex Predator – Easy Meat kommt nun fünf Jahre später der Nachfolger namens Throes Of Joy In The Jaws Of Defeatism. Album Nummer 16 der 1981 gegründeten Band aus dem englischen Birmingham. Und es gibt ein paar Neuerungen: Gitarrist Mitch Harris hat nichts mehr zum Songwriting beigetragen, alle Songs stammen von Bassist Shane Embury. Harris wird neben Live-Gitarrist John Cooke nur noch als Gastmusiker für das Einspielen der Gitarrenparts genannt.
Neu sind auch ein paar Abweichungen vom bekannten Sound von Napalm Death. Aber der Reihe nach: Der Opener Fuck The Factoid ist eine herrliche Abrissbirne, bei der Sänger Barney verdammt „sick“ klingt und zeigt, wie variabel er im Vergleich zu seinen Anfängen inzwischen bellen, kreischen, growlen und alles niederbrüllen kann. Das ist im Vergleich zu früheren Werken und auch anderen Sängern im Death Metal eine andere, höhere Qualität. Nach diesem kurzen und heftigen Einstand, bei dem eingestreute mönchsgesangmäßige Aaaahs zusätzlich für eine diabolische Stimmung sorgen, bestätigt dann Backlash Just Because das hohe Niveau. Und beruhigt wohl einige Fans, die sich aufgrund der vorab veröffentlichten Songs gefragt haben, ob die Truppe ihren Sinn für Brutalität verloren hat. Nicht im Geringsten! Der Opener und Backlash Just Because sind dermaßen intensiv und auf die 12, dass auch jene Metalfans die Band anchecken sollten, die bisher mit Napalm Death nicht so wirklich etwas anfangen konnten. Denn gegen Ende ihrer Karriere verabschieden sich die Britten offenbar hörbar von ihren Punk-Wurzeln und klingen deutlich tighter und technisch ausgefeilter. Hier werden die Hörorgane mehr auf den Punkt zersägt, als dass wild rumgepoltert wird. Dennoch klingen Napalm Death immer noch wie ein rasendes, wildes Tier mit Tollwut. Nur eben mit mehr Zielgenauigkeit. Bestätigt wird das auch mit der folgenden Hochgeschwindigkeitsnummer That Curse Of Being In Thrall.
Erst mit Song Nummer vier, Contagion, zeigt die Band, dass sie für Neuerungen offen ist. Das Stück ist meist im Midtempo gehalten und hat einen recht eingängigen, bedrohlich wirkenden Chorus. Ab Mitte des Songs wird aber mächtig auf die Tube gedrückt und Blastbeats donnern alles in Grund und Boden. Auch gut das Teil. Bei Joie De Ne Pas Vivre wird die Offenheit zu Neuerungen am offensichtlichsten: Die Nummer ist überraschend, kommt ohne richtige Gitarren aus (!), klingt vor allem aufgrund des Gesangs unfassbar diabolisch, ja, geradezu verstörend und kalt. Post-Punk nennt man diesen Stil angeblich, sagt zumindest Embury im Pressetext. Das Gute an der Nummer ist, dass es eine schöne Brechung des Schemas ergibt. Also nicht nur ständig auf die Fresse und Raserei, sondern eine wabernde, pumpende, kranke Sickness, die mit Invigorating Clutch noch mal wunderbar gesteigert wird. Auffällig ist auch, dass die mönchsgesangmäßigen Aaaahhh-Vocals vom Opener wiederholt werden. Der Song erinnert mit seinem pumpenden Bass und den ziemlich kranken Vocals an Pungent Stench zu Zeiten von Been Caught Buttering. Atmosphärisch und düster.
Nach diesen beiden kranken, aber tempomäßig gesehen Durchschnaufern, geht es bei Zero Gravitas Chamber wieder voll ab. Und das überaus gekonnt. Es werden alle Register gezogen: messerscharfe Riffs, variables Geshoute, Blastbeats, Tempowechsel. Krass. Erneut ist es Sänger Barney, der dem Song gegen Ende das i-Tüpfelchen aufsetzt. Fluxing Of The Muscle kommt mit einem recht groovigen Gitarrenriff daher, entwickelt sich dann mehr und mehr zu einem donnernden, rasanten Riffmonster. Und der recht häufig wiederholte Chorus geht ins Ohr. Abwechslung bringt ein Abschnitt gegen Ende mit Sprechgesang. Auch das folgende und vorab veröffentlichte Amoral sorgt für Abwechslung und vor allem neue Töne im Klanguniversum von Napalm Death, denn Anleihen an Killing Joke oder Ministry sind unverkennbar. Mit Death Metal oder Grindcore hat das gar nix zu tun.
Dass das aber nur ein Ausflug war und die Band noch immer nicht müde ist, brutalen Extrem Metal zu zocken, zeigt der Titelsong. Auch wenn die Nummer im hinteren Drittel eine etwas ruhigere Phase hat, die aber nur zum Luftholen genutzt wird. Am Ende kommt wieder dieser verstörende mönchsgesangmäßige Aaaahhh-Gesang, der damit so etwas wie der rote Faden des Albums ist. Ausgerechnet der Titeltrack ist leider etwas austauschbar geraten. Bei Acting In Gouged Faith muss man etwas Geduld mitbringen, bis das Teil dann superb bei Minute 2:35 abgeht – erneut vor allem dank Vocalist Barney. Das fetzt und schreddert in die Gedärme. Hach, wie schön!
Das abschließende und ebenfalls vorab veröffentlichte A Bellyful Of Salt And Spleen überrascht noch mal völlig, da Napalm Death auf einmal wie eine Combo klingen, die Dark Wave mit Industrial-Einflüssen spielt. Das Teil könnte auch gut als Beschallung für Psychopathen herhalten, wenn sie ihre Opfer foltern oder zerteilen oder so. Der Gesang klingt wie ein krankes Mantra, das von einem Psycho-Mönch vorgetragen wird. Pechschwarz und gnadenlos vorwärts suppend.