Raunchy – Vices.Virtues.Visions.

“Ein zweigeteiltes Album“

Artist: Raunchy

Herkunft: Kopenhagen, Dänemark

Album: Vices.Virtues.Visions.

Spiellänge: 63:43 Minuten

Genre: Metalcore

Release: 14.11.2014

Label: Massacre Records

Link: https://www.facebook.com/pages/RAUNCHYofficial

Bandmitglieder:

Gesang – Mike Semesky
Gesang und Keyboards – Jeppe Christensen
Gitarre und Keyboards – Jesper Tilsted
Gitarre – Lars Christensen
Bassgitarre – Jesper Kvist
Schlagzeug – Morten Toft Hansen

Tracklist:

  1. Eyes Of A Storm
  2. Truth Taker
  3. Digital Dreamer
  4. Never Enough
  5. The Castaway Crown
  6. Anesthesia Throne
  7. Luxuria
  8. I, Avarice
  9. Frozen Earth
  10. Clarity
  11. The Singularity Heart

RaunchyCDPic (2)

Mächtig erstaunt war ich, als ich bei meiner Recherche zur Band Raunchy feststellen musste, dass die Band bereits im Jahr 1992 gegründet wurde. Die erste Demo wurde im Jahr 1995 aufgenommen, im Jahr 2001 erschien das Debütalbum Velvet Noise, allerdings nur in Skandinavien. Nachdem man im Jahr 2002 einen Plattenvertrag mit Nuclear Blast Records unterzeichnen konnte, folgte dann auch die Veröffentlichung im Rest von Europa und in Amerika. Trotz oder gerade wegen einiger Wechsel zu anderen Plattenfirmen haben Raunchy bislang insgesamt fünf Alben veröffentlicht, am 14.11.2014 erscheint über Massacre Records das sechste Album Vices.Virtues.Visions.

Der erste Song Eyes Of A Storm fängt noch relativ verhalten an, entwickelt sich dann zu einem mehr oder weniger durchschnittlichen, im Midtempo gehaltenen Metalcore-Song, der auf jeder Metal-Party bestimmt für gute Stimmung sorgt. Etwas härter geht Truth Taker zu Werke, wobei auch hier der Refrain den Song bei mir dann als „Gute-Laune-Metalcore“ im Gedächtnis zurücklässt. Eine Minute Spielzeit weniger hätte auch nicht wirklich geschadet. Ist aber auch hier Meckern auf ziemlich hohem Niveau.

Nicht mehr auf meinem Stuhl gehalten hat es mich beim als Hochgeschwindigkeitsgranate startenden Digital Dreamer. Die Gitarrenriffs fräsen sich direkt durch bis ins Hirn und bei dem genialen Keyboard-Spiel kann ich nur noch breit grinsen. Auch mit nachlassendem Tempo noch ein klasse und abwechslungsreicher Song, der nahtlos übergeht in Never Enough. Mit diesem Midtempo-Lied kann ich auch nach mehrmaligem Hören nicht allzu viel anfangen und die etwas über sechs Minuten Spielzeit ziehen sich doch ziemlich. The Castaway Crown nimmt dann wieder Tempo auf, ist, wie Truth Taker etwas härter gehalten, geht bei mir aber auch eher wieder als „Gute-Laune-Metalcore“ durch.

Und dann ist es, als ob ein Schalter umgelegt wird, mit Anesthesia Throne kommt ein dermaßen intelligent gemachter und abwechslungsreich gehaltener Song aus meinen Kopfhörern, dass ich es nach den sechseinhalb Minuten bedauere, dass er schon zu Ende ist. Der Anfang schreckt mich doch erst mal ab, klingen Raunchy doch wie eine reinrassige Boyband, aber die nach knapp 40 Sekunden einsetzende Gitarre lässt einen wissen, dass man es gleich überstanden hat. Und beim aufgenommen Tempo und auch der Spielart des ersten Gitarrenriffs fällt mir sofort nur ein Name ein, und das ist Dragonforce. Ja, richtig gelesen, aber keine Bange, das Lied macht definitiv sehr viel Spaß, denn Raunchy mixen hier sehr gekonnt ihre ganz eigene Auffassung von Metalcore unter und finden genau die richtige Mischung zwischen Melodie und Härte.

Mit Luxuria wagen Raunchy einen weiteren Blick über den Tellerrand hinaus, bei diesem unwiderstehlichen Rhythmus wippt mein Fuß mehr als dass ich headbange. Ich bin sogar kurz davor, mit den Fingern zu schnipsen. Heavy Metal mit Growls und Screams, eine sehr gelungene Mischung.

Bei I, Avarice führt einen der Beginn auch wieder in die Irre, es gibt nämlich nach dem kurzen Keyboard-Intro ein richtig geiles Gitarrengeschreddere, fast schon in Black-Metal-Manier. Wie direkt danach das Keyboard in den Vordergrund tritt, jagt mir einen richtigen Gänsehautschauer über den Balg, von dem balladesken Gesang, der dann folgt, gar nicht zu reden. Bevor man sich an den gewöhnt hat, kommen die genialsten Shouts, die ich auf diesem Album bislang gehört habe. Besonders hervorheben möchte ich hier auch das Schlagzeugspiel, das auf jeden Songteil passgenau abgestimmt ist und Morten Toft Hansen sicherlich einiges abverlangt hat. Und wo wir schon mal dabei sind: Klasse Gitarrensolo. Respekt!

Frozen Earth wird von einem Xylophon-Spiel eingeleitet, bevor ein absolut stampfender Rhythmus einsetzt. Was dann folgt, erinnert mich schon fast an den Soundtrack zu einem Science-Fiction-Film, absolut großes Kino. Auch, wie Mike Semesky und Jeppe Christensen komplett unterschiedliche Sachen singen und sich dabei so hervorragend ergänzen, lässt mich den Lautstärkeregler immer höher drehen. Hier schießt mir zum ersten Mal der Name MyGrain durch das Hirn. Auch beim folgenden Clarity, ein richtig klasse Nackenbrecher, könnte man an MyGrain denken. Wieder ein sehr abwechslungsreich gehaltenes Lied, das von Tempowechseln, Clean Voice und Shouts, geilen Riffs, perfektem Schlagzeugspiel und einem richtig eingesetzten Keyboard lebt.

Und dann kommt doch tatsächlich mit The Singularity Heart schon das letzte Lied. Ich bin ja mittlerweile wohl schon bekannt dafür, dass balladenartige Songs nicht so mein Ding sind, aber hier kommt mal wieder die berühmte Ausnahme von der Regel. Erstaunlicherweise transportieren die Growls und Shouts für mich die Stimmung besser als die Clean Voice. Das tut dem Lied aber definitiv keinen Abbruch, hier stimmt wieder mal alles.

Fazit: Einfach mal so den Standard-Metalcore haben Raunchy ja noch nie gemacht, aber das Album musste ich mehrmals hören. Einige Lieder, vor allem in der ersten Hälfte, sind doch zunächst mehr oder weniger an mir vorbeigeplätschert, wobei sie nicht wirklich schlecht sind. In der zweiten Hälfte des Albums drehen Raunchy dann aber richtig auf. Manchen Songs der ersten Hälfte hätte eine kürze Spielzeit sicherlich gut getan, einiges war mir doch zu bemüht auf Länge getrimmt. Andere Lieder, insbesondere der zweiten Hälfte, waren so abwechslungsreich, dass sie gern noch was länger hätten dauern dürfen. Die zweite Hälfte hat dem Album definitiv eine bessere Bewertung gebracht. Im Grunde könnte ich alle Lieder ab Nr. 6 als Anspieltipp nennen, ich beschränke mich aber mal auf vier Songs.

Anspieltipps: Digital Dreamer, Anesthesia Throne, Luxuria und I, Avarice
Heike L.
9.3
Leser Bewertung0 Bewertungen
0
9.3