Eventname: Off Release Show
Headliner: Alligatoah
Vorbands: The Butcher Sisters, Bluthund
Ort: Festhalle, Frankfurt
Datum: 27.03.2024
Genre: Rap, Nu Metal, Rap Metal, Rapcore, Crossover
Besucher: 15.000 Besucher
Veranstalter: Boldt Berlin Konzertagentur GmbH
Link: www.boldtberlin.de
Setlist:
- Stay In Touch
- Niemand
- Weiße Zähne
- Küssen
- Es Kratzt
- Wer Lacht Jetzt
- Ich Fühle Dich
- Fuck Rock ‚N Roll
- Alkohol
- Lass Liegen
- Ich Ich Ich
- Scheißdreck
- Fick Ihn Doch
- Wie Zuhause
- Narben
- Musik Ist Keine Lösung
- So Raus
- Monet
- Du Bist Schön
- Daylight
- Willst Du
- Partner In Crime
Als Lukas Strobel, besser bekannt als Alligatoah, letztes Jahr nach dem letzten Konzert der Retour seine Rap-Karriere beendete und sämtliche Inhalte seiner Social-Media-Kanäle löschte, war die Aufregung groß. Doch nur wenige Tage später veröffentlichte sein „Nachlassverwalter“ Battleboi Basti ein Video, in dem er Alligatoahs letzten Wunsch nachkam, einen gemeinsamen Song mit Nu-Metal-Legende Fred Durst von Limp Bizkit. Mit So Raus eröffnet man eine neue Ära und Herr Gatoah, der mittlerweile auf dem Mond lebt, präsentiert seinen Fans mit Off ein Album in völlig neuen Gefilden und auch eine komplett neue Bühnenshow, denn als er letztes Jahr „gekündigt hat„, hat er eine entscheidende Sache vergessen (dazu später mehr). Ich darf euch für Time For Metal vom Releasekonzert in Frankfurt berichten.
Als ich schon frühzeitig in Frankfurt ankomme, hat sich bereits eine lange Schlange vor der Festhalle gebildet. Die Fans warten geduldig, dass um 18 Uhr der Einlass beginnt. Schon beim Betreten der Halle wird klar, dass das Bühnenbild, wenn auch zum Teil noch abgedeckt, einem Büro nachempfunden ist. Nicht wie ursprünglich auf der Homepage der Festhalle angekündigt, beginnt die Show um 18:45 Uhr statt um 19 Uhr, denn aus einer Vorband wurden zwei.
Mit „StromGitarrenWutRap“, wie Bluthund ihre Musik selbst bezeichnen, wird somit der Abend eröffnet. Vier maskierte Männer betreten die Bühne und feuern direkt ihren Stilmix aus Rap und Punk auf die bereits anwesende Meute ab. Auch wenn der Sound anfangs noch etwas matschig ist, was sich nach 2-3 Songs allerdings bessert, springt das Publikum direkt mit auf. Allerdings bleibt der Band kaum Zeit, denn nach 20 Minuten ist die Vorstellungsrunde auch schon wieder zu Ende.
Darauf erst mal einen Aperol! So zelebrieren zumindest The Butcher Sisters ihren Einmarsch auf die Bühne. Mit TBS habe ich eine besondere Verbindung, denn als wir in Landau noch selbst Konzerte veranstaltet haben, hatte ich die Band bereits mehrere Male vor der Linse. Damals noch bei 100-Mann-Gewölbekeller-Gigs, darf ich sie heute in der ausverkauften Festhalle bewundern. Und auch noch Jahre später ist klar: Für Stimmung sorgen können die Jungs! Der in der Szene mittlerweile üblichen Bauchtasche wird, wie auch dem Dosenbier, gebührender Respekt gezollt. Die Stimmung ist am Kochen und wird mit dem Sprung auf eine aufgeblasene Schlauch-Banana bis ins Unermessliche getrieben. Hier hätte ich mir gern etwas mehr Spielzeit gewünscht, um den einen oder anderen älteren Song noch ins Set zu packen, was aber schon Jammern auf sehr hohem Niveau darstellt.
Jetzt endlich ist es aber so weit: Das vollständige Bühnenbild, das heutige Office, wird enthüllt. Die Show beginnt mit einem Meeting, bei dem sich die Band versammelt. Basti, als Meetingleiter, nimmt einen Videocall entgegen. Alligatoah ist auf dem Monitor zu sehen, denn er hat sich von zu Hause (dem Mond) auf den Weg gemacht, um noch mal im Büro vorbeizuschauen. Bei seinem Sturzflug singt er Stay In Touch bis er, wie wäre es anders zu erwarten, mit voller Wucht auf der Bühne einschlägt. Und so kommen wir zu der anfangs erwähnten Sache, die Herr Gatoah bei seiner Kündigung vergessen hat: seinen alten Arbeitsplatz kurz und klein zu schlagen. Also Baseballschläger ausgepackt und verwüstet, was das Zeug hält. Battleboi versucht dabei immer wieder das Chaos in den Griff zu bekommen – vergebens! Aber nicht nur zur Verwüstung ist Strobel zurück, nein, auch um seine neuen Songs zu präsentieren. Niemand und Weiße Zähne machen den Anfang. Unter Jubel und Beifall verteilt der Chef persönlich fliegende Küsse. Welcher Song hiermit eingeleitet wird, sollte klar sein.
Generell interagiert Alligatoah sehr ausgiebig mit seinen Fans. Auf die Frage, ob einige ein Attest haben, um nicht zu Moshen, folgt Es Kratzt. Immer wieder wird das Büro zerlegt und Basti räumt hinterher. Natürlich gibt es auch eine Erklärung, warum ausgerechnet jetzt der Stilwechsel vollzogen wird: Allogatoah hat erst mit seichter Rap/Pop-Musik immer mehr Menschen auf seine Konzerte gelockt, um dann jetzt sein wahres Ich zu präsentieren, denn in seinem Innersten ist er schon länger eine „Metalmaus“, wie er selbst erzählt. Das nimmt man ihm auch gut und gerne ab, seine Shouts und Growls bei Wer Lacht Jetzt muss er nämlich nicht verstecken.
Aber auch Erinnerungen an den „alten Alligatoah“ kommen hoch, damals 2023, und so wird eine Brücke zu einem Block aus älteren Songs geschlagen. Spätestens bei Fuck Rock ‚N Roll springt die ganze Halle, während bei Alkohol das Büro weiter zerlegt wird. Nachdem alles zu Schrott verarbeitet wurde, muss ein Reinigungstrupp anrücken, der das Chaos beseitigt, während Kritik an der Konsumgesellschaft mit Lass Liegen verübt wird. Doch eigentlich wird nur ein Thron aus Schrott errichtet, Alligatoah eine Gitarre in die Hand gedrückt, damit er seine Egohymne Ich Ich Ich performen kann. Auch das ist natürlich mit Gatoah-typischem Augenzwinkern zu betrachten.
Bei Scheißdreck nimmt die Zerstörungsorgie neue Formen an: Mit einer Schrotflinte werden das Bürofenster (LED-Leinwand, welche eine Skyline zeigt), die Decke und eine Deckenleuchte zerstört, um im Anschluss bei Wie Zuhause etwas von Urlaub zu träumen. Hier bekommt das Publikum eine kurze Verschnaufpause, zumindest bis der Song an Fahrt aufnimmt. Im Anschluss werden dann auch sogenannte Fans kritisiert, die nicht akzeptieren wollen, dass Alligatoah seine Flügel Richtung Metal ausstreckt und verweist dabei auf die Ausgänge, denn sein wahres Ich sollte niemand verstellen müssen! Es folgt eine kleine Akustik-Session, bei der Lukas Strobel ohne Band Narben und Musik Ist Keine Lösung performt. Die Frankfurt Fans zeigen sich hierbei als überaus textsicher!
Mit So Raus begann Ende letzten Jahres die Reise in ein neues Genre. Heute leitet die Single den letzten Block in der Setliste ein. Denn was jetzt folgt, ist Abriss pur. Alte Songs werden vermetalt, und so erstrahlen Monet, Du Bist Schön und auch die Durchbruchsingle Willst Du in neuem Soundgewand. Aber auch der wohl wichtigste Song in Alligatoahs Repertoire Daylight (Augenzwinkern!) darf nicht fehlen.
Mit Partner In Crime beendet Alligatoah sein „Comeback“ zu seinem alten Arbeitsplatz, den er hoffentlich nicht so schnell wieder verlässt. Danke für diese grandiose Show und willkommen zurück!