Custard – Imperium Rapax

Die Geschichte des Römischen Reiches in einer Stunde mit Power Metal beigebracht

Artist: Custard

Herkunft: Herne, Nordrhein-Westfalen, Deutschland

Album: Imperium Rapax

Spiellänge: 51:38 Minuten

Genre: Power Metal

Release: 03.12.2021

Label: Pure Steel Records / Soul Food

Link: http://www.custard.de

Bandmitglieder:

Gesang – Oliver Strasser
Gitarre – Carsten „Oscar“ Reichart
Gitarre – Stefan Absorber
Bass – Markus Berghammer
Schlagzeug – Chris Klapper
Special guests:
Marta Gabriel – The Goddess Of Magic And Death – Gesang
Athanasios Karapanos – nahezu alle tracks – Gesang
Marinos Tokas – Orchestral Parts und Intros

Tracklist:

1. Imperium Rapax
2. Children Of The Wolf
3. In Umbra Aquilae
4. Res Publica
5. Blessed By Baal
6. Blood And Sand
7. The First Empore
8. Gloria Aegypti
9. The Goddess Of Magic And Death
10. Cornua Mortis
11. Furor Teutonicus
12. Ode To The Flames
13. Morituri Te Salutant
14. Quo Vadis

Power Metal aus Herne? Aber ja doch! In steter Regelmäßigkeit kommt die 1987 als Spaßtruppe gegründete Combo Custard mit ernsthaften Alben um die Ecke. Vier Jahre sind seit dem letzten Album A Realm Of Tales verstrichen, nun steht mit Imperium Rapax das mittlerweile siebte Album im Regal und mit Chris Klapper sitzt das letzte Gründungsmitglied an der Schießbude.

Nicht ganz eine Stunde Geschichtsunterricht über das Römische Reich gepaart mit Power Metal erwartet den geneigten Zuhörer. Bisher habe ich bei den Jungs im Regal immer daneben gegriffen, aber ein Gastbeitrag von Marta Gabriel, der Frontfrau von Crystal Viper, hat mich neugierig gemacht. Wie kommt die gebürtige Polin zu einer Undergroundband nach Herne?

Ein Konzeptalbum über das Römische Reich erwarte ich mehr im Symphonic Bereich, aber auch im Power Metal ist es nichts unbedingt Neues.

Leider bekomme ich nur digitale Audiofiles zum Review. Wie so häufig vermisse ich gerade bei solch einem Konzeptalbum die Texte. Nun gut, da kann die Band ja nix dafür. Also muss das Internet beim Geschichtsunterricht helfen, denn jedes Lied behandelt ein historisches Schlüsselereignis.

Custard 2021. Quelle: Pure Steel Records

Das nahezu instrumentale Intro Imperium Rapax bereitet einen monumental auf das Kommende vor. Übersetzt „Das räuberische Imperium“ wird hier von Marinos Tokas, der für alle Orchestral Parts und Intros auf dem Album zuständig zeichnet, schon einmal pompös in Szene gesetzt. Die Children Of The Wolf (Kinder des Wolfes) bezeichnet eigentlich kein geschichtliches Ereignis. Der Mythos dreht sich um Remus und Romulus, die Zwillingssöhne des Mars, die von einer Wölfin aufgezogen wurden. Sie sollen die Begründer Roms sein. Custard verarbeitet das Thema mit einem treibenden, melodischen Metalkracher. Leider wirkt der Refrain ein wenig wie ein Fremdkörper. In Umbra Aquilae ist ein weiteres instrumentales, nur 45 Sekunden dauerndes Epos zum Übergang. Res Publica bezeichnet die Gründung der römischen Republik im Jahre 509 vor Christus. Ein weiterer melodiöser Song, der an Manowar erinnert. Etwas verhaltener in der Geschwindigkeit wird man auf die kommende Übermacht eingestimmt. Wir machen einen Sprung von 250 Jahren. Blesses by Baal „Von Baal gesegnet“ behandelt die Punischen Kriege gegen Karthago von 264 bis 146 vor Christus. Vielen ist hier Hannibals Versuch im Gedächtnis, die Alpen mit Elefanten zu überqueren, um in Italien einzudringen. Eine Midtemponummer, die von den Passagen mit Chor lebt. Um was anderes, als um die Rebellion der Sklaven unter der Führung des Gladiators Spartacus im Jahr 73 vor Christus sollte es in Blood And Sand gehen? Der Sound nimmt wieder etwas mehr Fahrt auf und die Melodie wird fröhlicher, obwohl das Reich wieder einige Falten bekommt. The First Empore (Der erste Kaiser) beschreibt den Erbfolgekrieg nach dem Tod Julius Cäsars im Jahre 44 vor Christus. August behält hier die Oberhand über Marc Anton. Mit viel Groove und Atmosphäre wird hier dem scheidenden Cäsar gehuldigt. Gloria Aegypti ist wieder ein instrumentales, monumentales Zwischenstück. Der Name wird wohl, so kann ich nur vermuten, an die Legion V Macedonia angeknüpft sein. The Goddess Of Magic And Death also „Die Göttin der Magie und des Todes“ ist nun also das erwartete Gastspiel von Marta Gabriel, die sich im Duett mit Oliver Strasser durch das tragische Ende der Liebesgeschichte zwischen Kleopatra und Marc Antony im Jahr 30 vor Christus singt. Dieses doomlastige Stück ist bisher das stimmigste des Albums. Cornua Mortis leitet dann wieder in 50 Sekunden bei Gewitter und Regen über in die Schlacht bei Teutoburg. Furor Teutonicus, die römische Niederlage in Germanien im Jahr 9 nach Christus hatte Auswirkungen, die noch lange anhielten. Der Song lebt von Rhythmus und Tempowechseln. Die „Ode an die Flammen“, Ode To The Flames, darf natürlich nicht fehlen. Wer kennt sie nicht, die Geschichte des verrückten Kaisers Nero. Das große Feuer, das Rom in Schutt und Asche legte, fand vom 18. bis 23. Juli 64 nach Christus statt. Ein stimmiger Song, wieder viel Tempowechsel, wieder sorgsam instrumentalisiert, setzt viel auf die Stimmung und Dramatik. Das Album neigt sich, wie die Geschichte Roms, dem Ende zu. Was noch fehlt, sind die Gladiatoren. Morituri Te Salutant (Die Todgeweihten grüßen) erzählt deren Geschichte. Ein groovender Track, der durch das Gitarrenstakkato die choralen Elemente unterstützt. Ruhige Töne lassen das Quo Vadis beginnen. Der quasi Soundtrack zur Plünderung der Ruinen Roms durch barbarische Invasionen im 4. und 5. Jahrhundert arbeitet wieder mit viel Dramatik und einer gedämpfteren Gesangsstimme. Das Songwriting mischt  zum Ende balladeske Elemente mit kraftvollen Parts und schließt mit einem Gewitterdonner die Geschichte ab.

Das Album erscheint neben den üblichen digitalen Portalen zum Download und Stream auch als physikalischer Datenträger. Die CD im Jewelcase ist im Handel genauso erhältlich wie im Recordstore. Eine Veröffentlichung als Vinyl ist derzeit nicht geplant.

Custard – Imperium Rapax
Fazit
Ich habe bei der Recherche zu diesem Review mehr gelernt, als damals im Geschichtsunterricht. Schon dafür müsste ich einen Zusatzpunkt vergeben, wenn ich dürfte. Ein stimmiges Album, das ich so dieser Band aus dem Pott nicht zugetraut hätte. Schade, dass es kein Vinyl gibt, das wäre noch die Krönung dieser Produktion, die sich hinter internationalen Ansprüchen nicht verstecken muss. Ein paar Kleinigkeiten hier und da, die störend wirken. Das ist aber alles wie immer auch ein Stück Geschmackssache. Alles in allem: Sehr empfehlenswert!

Anspieltipps: Children Of The Wolf, Res Publica und natürlich The Goddess Of Magic And Death
Norbert C.
7.5
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