Godsleep, Baron Crâne und Godzilla In The Kitchen am 30.10.2023 im B58 in Braunschweig

Küchenechsen, verrückte Franzosen und schlafende Götter in der eskalativen Nacht vor Halloween

Eventname: Godsleep – Permanent Vacation Tour 2023 | Godzilla In The Kitchen – The Future Of Mankind Tour 2023

Headliner: Godsleep

Vorbands: Baron Crâne, Godzilla In The Kitchen

Ort: B58, Braunschweig

Datum: 30.10.2023

Kosten: 15 € VK, 18 € AK

Genres: Stoner Metal, Psychedelic Rock, Progressive Rock

Besucher: ca. 50

Veranstalter: B58 (https://www.juzb58.de/)

Link: https://www.juzb58.de/shows.htm

Setlisten:

  1. Up The River
  2. Forced By
  3. The King Of Monsters
  4. Elis Speech
  5. Everything That Has Been Given
  6. Will Be Taken Away
  7. The Future Of Mankind
  8. Stick To Your Daily Routine
  9. Propagation Of Violence

  1. Warm Lake
  2. Mercury
  3. After The Bombs
  4. Firmin
  5. MD Stoner
  6. Inner Chasm
  7. Way To Stratus
  8. Larry’s Journey

Wenn Godzilla ruft, dann wird Time For Metal antworten. Unser Magazin präsentiert stolz die The Future Of Mankind Tour 2023 der Leipziger Psychedelic Prog Rocker von Godzilla In The Kitchen. Die abenteuerliche Route führt das Trio quer durch Deutschland. Mal als Headliner oder wie am heutigen Abend als Support. Die drei sympathischen Jungs haben Platz auf der Tour der griechischen Stoner Band Godsleep gefunden, die Verstärkung aus Frankreich in Form von Baron Crâne (bitte mit blasiert französischem Akzent aussprechen) im Gepäck haben.

Einfach mal gepflegt mit dem König der Monster nebst psychedelischen Klängen und Stoner Riffs in den Feiertag scheppern? Klingt nach dem perfekten Halloween-Warm-up. Das Aufwärmen ist an diesem Tag, nach zunächst goldenen Spätherbst-Temperaturen, bei strömendem Regen auch bitter nötig. Wie die uncoolen Kids auf dem Pausenhof das so machen, treffen mein Kumpel und ich überpünktlich am Kinder- und Jugendzentrum B58 in der niedersächsischen Großstadt Braunschweig ein. Die Konsequenz? Wir müssen warten. Immerhin hat der Platz auf der Gästeliste schon einmal reibungslos geklappt (Bussis an Simon) und die Zahlen des bevorstehenden Abends landen auf meinem Notizblock. 36 Tickets im Vorverkauf für den Vorabend zu Halloween. „Nicht schlecht für einen Montag“, resümiert der sympathische Dude am Einlass. Im Clubraum angekommen, fallen mir zunächst die unschlagbar günstigen Getränkepreise ins Auge. 1 Euro für Softgetränke und Einsfuffzich für ’ne Hopfenkaltschale? Geschenkt! Bei einer kleinen Gesprächsrunde mit 2/3 der Godzillas wird direkt die professionelle Art und das Equipment vor Ort gelobt. Das kann man bei einem kleinen, städtisch geförderten Club ruhig mal positiv hervorheben. Nu aber wat auf die Lauscher.

Godzilla In The Kitchen – The Future Of Mankind Tour 2023 – Braunschweig, Pic by Flo W.

Selten freue ich mich an einem Konzertabend mehr auf den Support als auf den Headliner. Das soll gar nicht negativ in Richtung Godsleep zielen, sondern meine Liebe für die Musik von Godzilla In The Kitchen hervorheben. Felix‘ ausladendes Drumset nimmt fast die gesamte Fläche der kleinen Bühne ein, die in stimmungsvolles Licht getaucht wird. Später erfahre ich, dass der Lichttechniker zum ersten Mal hier ist und das Pult vorab nicht kannte. Top Job unter diesen Voraussetzungen. Das Gleiche gilt für den Kollegen am Sound. Von den ersten Klängen des Openers Up The River an, tönt die Musik druckvoll und glasklar aus den Boxen. Da habe ich in kleinen Clubräumen schon andere Sachen erlebt. Ca. 50 Gäste haben sich inzwischen neben mir versammelt, schwingen noch bedächtig ihre Hüften und starren ehrfürchtig in Richtung der instrumentalen Finessen auf der Bühne. Mit seinen sympathischen Ansagen versucht Basser Simon die Menge aus der Reserve zu locken: „Ihr dürft ruhig tanzen, ihr müsst uns nicht entsetzt anstarren“. Bewegung auf der Bühne ist aufgrund der Platzsituation gar nicht so einfach. Dafür sind die Blickduelle zwischen Simon und Drummer Felix ein Bild für die Götter. Tag drei der Tour zeigt das Trio in starker Form. Die Setlist beinhaltet eine ausgewogene Mischung aus dem Debütalbum und dem „neuen“ Album Exodus, „das auch schon wieder ein Jahr alt ist“, wie Simon feststellt und wiederholt zum Kauf von CDs, Vinyl und Shirts animiert. Topseller ist laut Gitarrist Eric das weiße Shirt mit der kleinen Godzilla-Karikatur.

Ich verfalle zu Nummern wie Elis Speech oder Everything That Has Been Given ganz schnell in Trance. Der beste Satz, den man als Instrumentalband vom Stapel lassen kann? „Wenn ihr den Text könnt, singt einfach mit“, flachst Simon und schmeißt kurze Zeit später seinem Bandkollegen Felix ein süffisantes „Übertreiber“ entgegen, als dieser seinen Part mit Hingabe in die Länge zieht. Geile Slapbass-Einlagen gibt es zum Tourtitel The Future Of Mankind. Ich sauge hier jede Sekunde auf und „fühl’s“ einfach. Es macht Spaß, dieser verschworenen Einheit zuzuschauen. Simon blickt in „viele freundliche Gesichter“ und möchte noch ca. ein Lied spielen. Das wird dann mit dem 11-minütigen Stick To Your Daily Routine perfekt ausgenutzt. Während Simon noch nach seinem Plek sucht, fangen die anderen beiden Küchenechsen schon mal an. Mit dem Rausschmeißer Propagation Of Violence ist nach einer guten Stunde Schluss. Das ist Musik, die ich den ganzen Tag hören könnte.

Baron Crâne – Permanent Vacation Tour 2023 – Braunschweig, Pic by Flo W.

Während ich noch am Merchstand herumschlammere, ertönen schon die ersten Klänge von Baron Crânes Warm Lake, das Pink Floyd-Vibes versprüht. Nur wenige Minuten später attestiert man dem Trio aus Paris wohl eher „Floyd auf Acid“. Lasst es mich so ausdrücken: Welches Genre spielt ihr? Antwort: Ja! Von progressiven Riffsalven, über Jazz, Fusion und Funk wird hier alles durch den Fleischwolf gedreht, was die Frickelfreunde aus Paris finden konnten. Trotzdem schmeckt das Ergebnis extrem gut. Wie von der Tarantel gestochen hüpft vor allem Gitarrist Léon über die Bretter, schreddert seine sechs Saiten und tritt auf die Schalter seines mächtigen Pedalboards. Der letzte Gig für die Band auf dieser Tour scheint die Franzosen zur Höchstform zu animieren. „Lay down, sit, puke, just express yourself“ schmettert Léon mit einem verschmitzten Lachen ins gut gelaunte Publikum, das langsam auftaut. Die Dance-Moves des typischen Viking-Metalheads in der ersten Reihe bringen mich ein ums andere Mal zum Schmunzeln. Diverse Jazz-Einlagen beeindrucken vor allem durch Arbeitstier Léo an den Drums. Die Dynamik wird in Windeseile von leise auf Anschlag gedreht. Die Band hat scheinbar zwei Fanboys im Gepäck, die für Partyfeeling sorgen. Vor der Bühne ist der Sound genauso hervorragend wie bei den Godzillas. Auf der Bühne scheint es wiederum ein Soundproblem zu geben, welches aber schnell behoben wird. Die Luft ist aufgeheizt, der Bass pumpt im Magen und animiert zum Tanzen. Für weitere Schmunzler sorgt das „Stankface“ von Basser Olivier. Er fühlt’s wohl auch. 😄 „Come closer, we can’t see you“, feuert Léon in Richtung der Zuschauer, die von Minute zu Minute mehr abgehen. Larry’s Journey animiert Band und Fans noch einmal zu Höchstleistungen, und die „Baron Crâne-Sprechchöre“ lassen nicht lange auf sich warten. Die Rudelbildung vor dem Merchstand unterstreicht den starken Auftritt der Franzosen.

Godsleep – Permanent Vacation Tour 2023 – Braunschweig, Pic by Flo W.

Eine Stunde vor Mitternacht wird es Zeit für Godsleep aus Athen. Dichter Nebel und düsteres Licht sorgen für die richtige Atmosphäre. Dicke Gitarrenwände zerstören den Nebelvorhang und die Stimmung ist greifbar und kurz vorm Überkochen. Die Haare in der ersten Reihe fliegen synchron und Sängerin Amie Makris (hey, die erste Band mit richtigem Gesang am Abend) zieht alle in ihren Bann. Und das, obwohl sie die Grippe mitgebracht hat und stimmlich nicht ganz auf der Höhe ist. „Sorry about my broken voice, I’m feeling guilty“, entschuldigt sie sich. Der Stimmung tut es jedenfalls keinen Abbruch. Seit einem Monat sind die Griechen bereits „on the road“ auf der Permanent Vacation Tour. Mit dem starken aktuellen Album Lies To Survive im Rücken kann sich der alternativ angehauchte Stoner Metal hören und sehen lassen. Die abgefahrenen Drumpatterns, mal digital, mal analog, die schweren Gitarrensalven, der pumpende Bass und auf diesen starken Schultern thront Amies ausdrucksvolle Performance. Sie schreit, singt, leidet und begibt sich auch mal ins Publikum. Die Luft ist zum Schneiden und die Energie im Raum sorgt alleine für Strom. Während der Zugaberufe lässt sich Amie von einem Fan kurzerhand das Wort Zugabe erklären und die Band untermalt mit einem Song vom Debüt Thousand Sons Of Sleep, auf dem die Frontfrau noch nicht zu hören war, den fettesten Moshpit des Abends.

Ein eskalativer Konzertabend endet im B58, mit dem ich in dieser Form nicht gerechnet habe. Nach einem weiteren Abstecher zum Merchstand, fahre ich mit positiven Vibes nach Hause und steige mit einem Lächeln ins Bettchen.