Credits: Napalm Records

Interview mit Marianas Rest über das aktuell erschienene Album, das bisherige Schaffen und Zukunftspläne

Eine Band aus Kotka, Finnland wird 2021 einen nachhaltigen Fußabdruck hinterlassen, Gitarrist Nico Mänttäri stand Rede und Antwort

Artist: Marianas Rest

Herkunft: Kotka, Finnland

Genre: Melodic Death Metal, Doom Metal

Label: Napalm Records

Link: https://www.facebook.com/marianasrestofficial/

Bandmitglieder:

Gesang – Jaakko Mäntymaa
Gitarre – Nico Mänttäri
Gitarre – Harri Sunila
Bassgitarre – Niko Lindman
Keyboard – Aapo Koivisto
Schlagzeug – Nico Heininen

Credits: Napalm Records

Am 12.03.2021 erschien mit Fata Morgana (Review hier) das dritte Album von Marianas Rest, einer finnischen Death/Doom Band der Extraklasse, die mit diesem Album (meiner Meinung nach) einen nachhaltigen Fußabdruck in 2021 hinterlassen wird.

Wir sprachen mit Gitarrist Nico Mänttäri über das neue Album, die Weiterentwicklung zum Vorgänger-Album, über den Plattenvertrag mit Napalm Records, musikalische Vorlieben, Einflüsse und Ziele.

Time For Metal / Dave S.:
Hallo Nico!
Danke, dass du dir die Zeit nimmst, unsere Fragen zu beantworten. Ich hoffe, dir bzw. euch geht es gut und ihr seid alle gesund. Euer aktuelles Album Fata Morgana erntet überall Höchstnoten, ich finde es auch gerechtfertigt und es ist mir eine große Ehre, euch die Interviewfragen stellen zu dürfen.

Ich würde mit einer „Realtalk“-Frage starten, denn es ist ja allgegenwärtig momentan. Wie kommt ihr Jungs mit der Corona-Pandemie und ihren Auswirkungen zurecht? Wie ergeht es euch? Habt ihr starke Einschränkungen im eigenen sowie im Bandleben?

Marianas Rest / Nico:
Die Situation in Finnland war bisher recht gut, auch wenn die Zahlen steigen und neue Beschränkungen geplant sind. Zum Glück sind wir alle gesund und können halbwegs normal arbeiten. Wir konnten proben und Bandmeetings abhalten usw.. Wir vermissen die Gigs auf jeden Fall, sie fehlen uns sehr.

Time For Metal / Dave S.:
Ich würde gern zu einem angenehmeren Thema wechseln, denn es geht hier um euch, um eure Musik, um eure Kunst. Also sprechen wir über das Album Fata Morgana. Wie ist es entstanden? Wie war die kreative Schaffensphase (Songwriting, Proben usw.)? Wer ist verantwortlich für das Schreiben der Songs oder macht ihr dieses gemeinsam?

Marianas Rest / Nico:
Das Songwriting war ähnlich wie bei den vorherigen Alben. Wir schreiben im Grunde alle Songs zusammen. Wir haben einige frühe Demos, die ich, Harri (Gitarre) oder unser Bassist Niko gemacht haben, mit einigen Grundideen, vielleicht ein oder zwei Riffs, an denen wir als Gruppe arbeiten. Jeder kann seine eigenen Ideen einbringen und jeder wird gehört.
Für uns ist das, denke ich, der einzige Weg, um zu arbeiten. Wir laden unseren Produzenten auch zum Schreibprozess ein, wenn wir ein „Pre Production Camp“ haben, in dem wir die Songs durchgehen und sehen, was funktioniert und was nicht. Es ist also definitiv Teamwork. Ich denke, das Songwriting für dieses Album hat ungefähr ein Jahr von Anfang bis zu den Aufnahmen gedauert. 

Time For Metal / Dave S.:
Fata Morgana unterscheidet sich für mich schon sehr von eurem letzten Album Ruins, was mir auch sehr gefällt. Was habt ihr alles anders gemacht als vorher? Auch der Albumname ist eher untypisch, deutsche Fans denken da eher an eine Songversion der Excementory Grindfuckers, die ja nun mit Death/Doom eher wenig zu tun haben.

Marianas Rest / Nico:
Ich habe nur die Lesson in making music oder so etwas von Excementory Grindfuckers gehört. Es ist aber großartig! 😉 Aber ja. Ich denke, das letzte Album Ruins war eher eine Lehrzeit für uns als Band. Wir haben viele Experimente gemacht, wie es klingen soll, und ich denke, das gibt dem Album eine gewisse Abwechslung, ob es gut oder schlecht ist, liegt beim Hörer. Ich denke, diesmal haben wir versucht, uns auf die Dinge zu konzentrieren, die bei Ruins am besten funktionierten und haben versucht, das Album ein bisschen kohärenter zu machen. Das und ein bisschen mehr Selbstvertrauen, die Songs sich mehr von selbst entwickeln zu lassen, als zu versuchen, sie zu etwas anderem zu zwingen.

Die Titel-Thematik…. Nun … es bezieht sich auf die Fata Morgana, die unter extremen Bedingungen, heiß oder kalt, gesehen werden kann. Auf diesem Album symbolisiert es die Verzerrung in der Sicht eines Menschen auf die Welt. Wie sie ihre Erfahrungen und ihre Umgebung zum Beispiel die Art und Weise verändern können, wie sie Dinge sehen.

Time For Metal / Dave S.:
Erzählt mal bitte etwas über die lyrischen Themen auf Fata Morgana? Soweit ich interpretiere, geht es um Sehnsucht, Illusionen, Desillusionen und lebensfeindliche Kälte, interpretiere ich das richtig? Vielleicht könnt ihr ein wenig in die Songs eintauchen und darüber erzählen.

Marianas Rest / Nico:
Ich denke, es gibt keinen falschen Weg, die Texte zu interpretieren. Es ist schön, dass die Fans/Hörer ihre eigenen Erfahrungen einbringen und sie in den Texten reflektieren. Wir versuchen dafür etwas Platz zu lassen. Aber aus unserer Sicht beenden die Texte die Geschichte der vorherigen Alben. Das Gefühl der Leere inmitten von Reichtum und Fülle, das war die Geschichte von Horror Vacui, dem ersten Album. Den Nervenzusammenbruch, den Ruinen behandelt.

Dieses Album erzählt die Geschichte unserer Hauptfigur, die ihren Weg ins Exil beginnt und dabei die Stücke auswählt. Wie er versucht herauszufinden, was schiefgelaufen ist. Während das Album fortschreitet, nähert er sich dem Rand der Welt und nähert sich dem dramatischen Abschluss. Was auch immer mit dem Charakter passiert. Ich bin mir nicht sicher. Er kann einen Neuanfang starten oder er verdorrt und stirbt letztlich. Ich denke, es liegt am Hörer.

Time For Metal / Dave S.:
Musikalisch finde ich das komplette Album sehr emotional, sehr atmosphärisch, sehr dicht und auch melodisch, verliert aber zu keiner Zeit an Kälte und Brutalität. Das ist manchmal ein großer Spagat. Wie habt ihr das gemeistert?

Marianas Rest / Nico:
Ich denke, es ist mehr als alles andere ein Fall von Versuch und Irrtum. Wir versuchen nur, Teile zu finden, die gut zur Atmosphäre passen, und probieren sie aus. Ich denke, weil wir alle früh in die Komposition einsteigen und niemand zehn Stunden alleine damit verbracht hat, ist es einfach, Sachen einfach wegzuwerfen, wenn es nicht funktioniert und etwas anderes auszuprobieren.

Ein weiteres großes Glück für uns ist die Tatsache, dass unser Produzent Teemu Aalto so lange mit uns zusammengearbeitet hat, dass er instinktiv weiß, was wir erreichen wollen und seine Ideen auch dem Tisch anbieten kann. Er kann mit verschiedenen Sounds und Effekten etwas Neues in die Atmosphäre bringen und auf der anderen Seite die Klanglandschaft reduzieren, wenn auf den Instrumenten viel los ist.

Time For Metal / Dave S.:
Ihr seid mittlerweile bei Napalm Records unter Vertrag.
Der Deal kam im September zustande, mitten in der Pandemie. Wie ist es in dieser außergewöhnlichen Situation dazu gekommen? Sind Napalm Records auf euch zugekommen?

Marianas Rest / Nico:
Tatsächlich näherten wir uns Ende 2019 mit Napalm Records an und schickten ihnen unsere alten Unterlagen. Sie waren interessiert und fragten nach Demos, sobald wir neue Songs hatten (da wir zu diesem Zeitpunkt noch keine fertig hatten). Nun, wir haben die Demos dann gesendet und auf eine Antwort gewartet, aber nichts weiter gehört. Natürlich dachten wir, die Demos wären einfach nicht gut genug und sie hätten das Interesse verloren. Dann ging jemand von uns unseren Junk-Mail-Ordner durch und fand dort ein oder zwei Monate später Napalm Records‘ Antwort.
Das war schrecklich, denn wir dachten, ein Label wie Napalm Records würde auf keinen Fall eine Band unter Vertrag nehmen, die nicht auf eine einfache E-Mail antworten kann. Aber ich bin froh, dass unser A & R Sebastian und Napalm Records nicht die Hoffnung und Geduld verloren haben! Wir hatten im Frühjahr und Sommer 2020 einige Treffen und haben den Deal schließlich im September unterzeichnet.

Time For Metal / Dave S.:
Was plant ihr nun mit dem Album? Livekonzerte sind ja momentan eher schwierig zu realisieren. Sind Livestreams geplant? Wenn Konzerte wieder möglich sein können, wann und wo können euch die deutschen Fans erleben? Ich würde mich sehr freuen, eurer Show in einem Club oder sogar auf einem Festival erleben zu dürfen. Habt ihr da schon Kontakte?

Marianas Rest / Nico:
Wir haben den ersten Teil unserer Cabin Sessions veröffentlicht, in dem wir das neue Album spielen und es live aufnehmen. Keine echte Streaming-Show, aber etwas in dieser Richtung. Ich weiß eigentlich nicht, ob wir mehr virtuelle Gigs spielen werden, ich denke, alles hängt von der Pandemie ab. Wir würden gerne auf die Straße gehen und Fans aus verschiedenen Teilen der Welt sehen, und ich weiß, dass Deutschland zu den ersten Orten gehören wird, an denen wir versuchen, unseren Zeitplan einzuhalten. Bisher haben wir keine konkreten Pläne oder Ähnliches, aber ich weiß, dass sich für die Zukunft Dinge zusammenbrauen.

Time For Metal / Dave S.:
Ich hab noch ein paar Fragen zur Szene und zur Metalwelt in Finnland. Wie nehmt ihr die finnische Metalszene wahr? Wie ist der Zusammenhalt? Ist die Szene engmaschig?

Marianas Rest / Nico:
Ich denke, Finnland hat eine geile Szene. Die breite Öffentlichkeit akzeptiert Metalmusik sehr. Für Aufnahmen, Liveshows und Radiozeit haben Metalbands wahrscheinlich mehr Möglichkeiten als in einigen anderen Ländern, und hier gibt es viel Know-how, z.B. wie man eine Touring-Metal-Band leitet. Soweit ich verstehe und erleben durfte, sind die Leute in der Szene sehr hilfreich und versuchen, sich gegenseitig voranzutreiben. Es ist sehr angenehm, hier Teil der Szene zu sein.

Time For Metal / Dave S.:
In eurer Musik (albumübergreifend) habe ich einige musikalische finnische Eigenschaften wiedergehört, wie z.B. bei Insomnium, Dark The Suns oder auch Swallow The Sun. Wo seht ihr eure Einflüsse? Lasst ihr euch inspirieren oder ist das bei euch außen vor?

Marianas Rest / Nico:
Persönlich denke ich, dass mein größter finnischer musikalischer Einfluss Sentenced sind. Abgesehen davon sehe ich bei der Betrachtung von Bands, die mich beeinflussen, nicht unbedingt andere finnische Bands, die eine so große Rolle spielen. Obwohl ich Bands wie zum Beispiel Swallow The Sun liebe.

Die finnischen Elemente kommen von der Musik, die uns unser ganzes Leben lang umgibt. Sie greifen einige melodische Ideen aus Schlafliedern, Gesängen usw. auf, die sie unbewusst oder bewusst in ihre Musik einbeziehen. Es ist nicht etwas, woran wir beim Komponieren denken, aber irgendwie klingen die Songs finnisch, oder zumindest wurde mir das gesagt 🙂

Time For Metal / Dave S.:
Dann wären wir auch schon am Ende des Interviews. Ich möchte mich bei euch für eure Zeit und eure Antworten bedanken. Es war meine große Ehre. Ich oute mich auch als großen Fan des neuen Albums Fata Morgana, seit dem 12.03.2021 rotiert es bei mir auf Spotify und mittlerweile auch auf dem Plattenteller, ich musste einfach zugreifen. Möchtet ihr noch etwas sagen, etwas hinzufügen? Wollt ihr den deutschen Fans noch etwas auf den Weg geben?

Marianas Rest / Nico:
Bleibt stark, bessere Tage und Zeiten liegen vor uns! Hoffentlich treffen wir uns irgendwo mal auf der Straße, Konzert oder Festival und können ein Bier trinken oder zwei oder zehn oder zwanzig … 😉

Time For Metal / Dave S.:
Ich würde mich auf jeden Fall sehr über ein Treffen freuen und die zehn bis zwanzig Bier mit den Jungs trinken. Es war sehr angenehm, dieses Interview zu führen, zumal mich Fata Morgana komplett geflasht und gefesselt hat. So habe ich mir auch die älteren Alben angehört und bin vom kompletten Schaffen der Band begeistert. Ich freue mich auf mehr.