Künstlerin: Jo Quail
Ort: Mergener Hof, Rindertanzstr. 4, 54290 Trier
Datum: 14.10.2023
Kosten: 22,50 € VVK
Genre: Avantgarde, Dark Ambient, Post Metal, Klassik
Besucher: ca. 50 Besucher
Veranstalter: Mergener Hof Trier
Link: https://mjctrier.de/event/jo-quail/
Setliste:
- White Salt Stag
- Rex
- The Hidden Forest
- Reya Pavan
- Southern West Night
- Mandrel Cantus
- /No Name / New Piece
- Gold
- Adder Stone
- Supplication / Solo Cello Version (Zugabe)
Die musikbegeisterten Fans in Trier können sich heute Abend, am 14.11.2023, auf einen ganz besonderen Live-Act freuen, denn die international preisgekrönte Cellistin Jo Quail gibt sich während ihrer Europatour 2023 mit nur vier Terminen in Deutschland die Ehre, im Keller des Mergener Hofes ein außergewöhnliches Konzert darzubieten.
Das darf ich mir nicht entgehen lassen, denn das erste Mal bin ich auf diese wundervolle Cellistin bei dem Review zu Arð – Take Up My Bones gestoßen. Das war dann auch mein Album des Jahres 2022 und ich geriet nicht nur für das Album der Band Arð ins Schwärmen, sondern auch für die Cellistin Jo Quail. Arð konnte ich dann bereits im Sommer 2022 in der Balver Höhle beim Prophecy Fest live sehen, jedoch ohne die Cellistin. Im Live-Review zum Prophecy Fest 2002 schrieb ich dann: „Leider ist die auf dem Debüt Take Up My Bones (hier geht es zum Review) agierende Wundercellistin Jo Quail nicht dabei. Die Dame würde ich ebenfalls gerne mal live sehen.“
Meine Geschichte mit Jo Quail geht allerdings noch weiter, denn ich durfte im letzten Jahr noch ein Review zu ihrem vorletzten Album The Cartographer (eine Auftragsarbeit für das Roadburn Festival) und zu ihrem neuem Album Invocation / Supplication, welches am 3. November 2023 erschienen ist, machen.
Die international anerkannte Komponistin und Cellistin tritt sowohl solo, mit anderen Bands oder auch mit Chor und Orchester auf. Nicht nur ihr Instrument, das Cello, beherrscht sie, sondern auch innovative Looping-Techniken, um ihre Klangwelten für das Publikum zu realisieren. In Trier wird sie heute solo performen.
Wie immer, ein herzlicher Empfang von Oliver, dem Veranstalter im Mergener Hof. Heute wird es bei Jo Quail Sitzplätze geben, was die tolle Atmosphäre hier im Keller nochmals unterstreicht. Heute Abend sind die sonst hier üblichen Metaller nicht anzutreffen, das wundert mich irgendwie nicht; wobei denen kann ich allerdings jetzt schon sagen, dass sie was wirklich Außergewöhnliches verpasst haben. Gerade die Metaller, die sich mit Post Metal beschäftigen, haben hier was Großartiges ausgelassen.
Da es noch etwas Zeit bis zum Gig ist, schaue mich schon mal etwas am Merchstand um, da treffe ich auf Alan von Pride Management, der Jo Quail auf der Tour begleitet. Ein wirklich netter und liebenswerter Mann, mit dem ich mich sehr gut unterhalte.
Dann geht es los, Jo Quail kommt auf die Bühne, lächelt und begrüßt ihr Publikum. Vor ihr das typische avantgardistisch apokalyptisch anmutende Cello, hinter dem sie steht und mit welchem sie nun den ersten Song White Salt Stag einstimmen wird. Ein paar Klopfer auf das Instrument, die dann geloopt werden und es beginnt die atemberaubende Show. Der Song vom Album Five Incantations entwickelt sich wunderbar und erfüllt den Keller im Mergner Hof. Die (leider nur) 50 anwesenden Zuschauer sind mächtig beeindruckt und spenden nicht nur bei diesem Song eine Menge Applaus. Jo Quail sagt in den Songpausen meist was zu den Songs, oder auch zu ihrer Looptechnik.
Pic by Big Simonski
Es ist schon faszinierend, wie eine einzelne Künstlerin mit solch einer Technik faszinierende Songlandschaften entstehen lassen kann. Das erste Mal live gesehen, habe ich diese Technik bei einer Darbietung der Italienerin Lili Refrain, mit der man befreundet ist, wie mir Alan berichtet.
Es folgt Rex, ein Song ihres allerersten Albums From The Sea. Auf diesem heißt der Song noch Rex Infractus, dies ist Latein und bedeutet so viel wie der „gebrochene König“. Den hat sie allerdings mittlerweile nochmals neu arrangiert, sodass es nun ein Rex – Not Infractus ist.
Neben ihrem extravaganten Cello hat sie noch ein „normales“, gewöhnliches Cello am Bühnenrand stehen. Dieses kommt beim folgenden Song The Hidden Forest erstmals zum Einsatz. Das ist mal wieder eine ganze andere Nummer/Atmosphäre bei diesem Song, der vom Album Cadera (2014) stammt. Auch zu diesem Song hat sie natürlich einige Ausführungen; insbesondere zur Magie in diesem Waldstück. Lustig ist natürlich, dass Jo Quail diese Magie zugleich auch hier auf der Bühne fühlt, denn sie teilt uns mit, dass die Bühne eine eigenartige Vibration vorweist. Irgendetwas sei da am Laufen, eine Waschmaschine oder so was Ähnliches fragt sie ins Publikum. 😀 Es folgen mit Reya Pavan und Southern West Night noch zwei Songs. Der letzte Song ist eine Hommage an Australien, wie sie uns erklärt.
Pic by Big Simonski
Dann ist Pause, das wurde auch so vorher angekündigt, dass dieser Konzertabend aus zwei Abschnitten inkl. Pause besteht. Das Publikum kann sich mit Getränken erfrischen und sich austauschen. Einige der Anwesenden finden es doch als außergewöhnliche und manchmal auch „harte“ Kost. Einigen muss man auch noch mal die Loop-Technik erklären, damit sie das Dargebotene verarbeiten/verstehen können.
In der Pause habe ich wieder Gelegenheit, mich mit Alan zu unterhalten. Über die aktuelle Headliner-Tour von Jo Quail und befreundete KünstlerInnen, wie Lili Refrain, Sylvain, Darher, Arð, Winterfylleth usw. Ich sage ihm, dass ich mir überlege, noch mal nach Bochum am 28.11. zum Gig von Jo Quail in Die Trompete zu kommen. Er meint, sag einfach Bescheid, wir würden uns freuen.
Nach der Pause geht es genauso spannend weiter, wie bereits vorher. Der Beginn ist das umwerfende Mandrel Cantus. Einfach ein Traum, wie Jo diesen Song performt. Es folgte ein neuer Song, der noch keinen Titel hat. Der Künstlerin ist noch kein Name dazu eingefallen. Jo Quail: „This is a piece with no name…. If you know a name, or you have an idea, please tell me!“
Pic by Big Simonski
Es folgt noch der Song Gold, wobei für mich allerdings alle Songs hier Gold verdient haben. Sie kündigt mit Adder Stone den letzten Song des Abends an. Dieser Song stammt, wie das vor der Pause gespielte Southern West Night, ebenfalls vom Album Caldera. Jo Quail merkt dabei an, dass dieser Song entstanden ist, als sie mit ihrer Tochter schwanger war. Es sei ein sehr erdiger Song, wobei das komplette Album sehr erdig sei. Sie fügt noch hinzu, dass dieser Song der letzte Song ihres Sets sei. Falls das Publikum damit aber noch nicht genug habe, dann hätte sie als Zugabe doch noch einen weiteren Song.
Nach dieser Performance gibt es natürlich den üppigen und überschwänglichen Applaus. Da kann man echt mal sehen, wie laut begeisterte Fans applaudieren können. Und natürlich gibt es die Zugaberufe. Diese werden dann mit Supplication als Solo-Cello-Version am herkömmlichen Cello erfüllt. So endet der heutige Abend dann irgendwie klassisch!
Pic by Big Simonski
Anschließend noch an den Merchstand und reichlich mit den Vinyls eingedeckt, die bei uns in Deutschland nicht so ohne Weiteres erhältlich sind. Die Künstlerin eilt recht schnell herbei und erfüllt die Signier- und Selfiewünsche der noch anwesenden Fans. Ich unterhalte mich noch ein wenig mit ihr und komme auch auf meine Rezensionen zu ihren Werken zu sprechen. Eine tolle Musikerin und sehr angenehme Gesprächspartnerin. Ich verabschiede mich von ihr mit den Worten: „Jo, it was a pleasure to see you here, maybe we’ll see each other on November 28th. in Bochum on the trumpet.”
Für mich persönlich heute in Trier ein großartiger Abend, da für mich der Traum/Wunsch in Erfüllung gegangen ist, Jo Quail endlich live zu erleben. Auch von Alan und Oliver verabschiede ich mich noch und fahre nach Hause, mit dem Gefühl, eines der besten Konzerte in diesem Jahr erlebt zu haben und das waren dieses Jahr wieder eine Menge.