Manu Armata – Invictus

„From the heart in your face!“

Artist: Manu Armata

Herkunft: Harlingen, Niederlande

Album: Invictus

Spiellänge: 26:22 Minuten

Genre: Hardcore

Release: 27.11.2020

Label: Useless Pride Records

Link: https://www.facebook.com/manuarmata

Bandmitglieder:

Gesang – WD Glashouwer
Gitarre und Backgroundgesang – Eric van Miltenburg
Bassgitarre und Backgroundgesang – Douwe Booij
Schlagzeug – Kees-Jan Glashouwer

Tracklist:

  1. Initium
  2. Remain Radical
  3. Rise & Fall
  4. Nothing Is Given
  5. Strenght Of Mind
  6. Havoc & Distress
  7. Darkest Hour
  8. Warrior Mentality
  9. Still Here
  10. No Victory
  11. From The Heart
  12. Final Words

Als Musikredakteur fühlt man sich von Zeit zu Zeit wie ein Kind im Süßwarenladen: So viel Musik aus allen Teilen dieser Welt, die es zu entdecken gilt. Wenn man 12 Songs in 26 Minuten vorgelegt bekommt, kann das Hardcore-Branding nicht weit sein. Hardcore, meist aus amerikanischer Abstammung, läuft schon gerne mal in meiner Playlist. Mit unseren Nachbarn aus den Niederlanden bringe ich das Genre nicht unbedingt in Verbindung. Was hier aus den Boxen hämmert, klingt allerdings keinesfalls exotisch, sondern nach gutem alten NYHC. „From The Heart in your Face“ lautet das Motto der Holländer von Manu Armata (dt. bewaffnete Hand), die seit 2007 die europäischen Bühnen unsicher machen und Material unters Volk bringen. Einige Bandmitglieder spielten bereits Ende der Neunziger zusammen bei All Odds Against Me. Nach einer Demo, drei EPs und einem Album veröffentlicht die Band nun das neue Werk Invictus auf dem französischen Label Useless Pride Records. Der Titel entstammt, wie auch bei der gleichnamigen 2010er Heaven Shall Burn Abrissbirne, dem Gedicht von William Ernest Henley von 1875. Während der Songwritingphase stieß Sänger WD auf das Gedicht und es inspirierte ihn beim Schreiben der Texte. Zu den Themen der Lyrics sagte der Fronter: „Da wir alle wissen, dass die Welt hart und verkorkst ist, wollten wir den Fokus davon abrücken und den Menschen etwas geben, das sie antreiben kann. Wir wollten Texte schreiben, die sie dazu inspirieren können, das Beste zu tun, das Beste zu sein und den Glauben an sich selbst trotz der Umstände zu stärken. Als das ganze Album zusammenkam, gab es einfach keinen besseren Titel als das Gedicht selbst: Invictus bedeutet unbesiegt oder ungeschlagen.“ Klingt nach dem richtigen Soundtrack für 2020.

Im Infoblatt begegnen mir amerikanische Größen wie Terror, Strife, Lionheart, Sick Of It All oder die ebenfalls aus den Niederlanden stammende Band No Turning Back. Ich denke, dass Fans dieser Bands sehr viel Spaß mit Manu Armata haben können. Während mir bei einigen Hardcorebands in erster Linie die Sänger bzw. Shouter ein Dorn im Auge sind, kann ich nur ganz viel Liebe in Richtung WD schicken, für die aggressive, aber anspruchsvolle Darbietung am Mikro. Überhaupt merkt man, dass die Band schon einige Jahre zusammenspielt, hier kommt wirklich jede Note wie aus dem Maschinengewehr gefeuert. Astrein und druckvoll zeigt sich auch die Produktion von ihrer besten Seite, die ebenfalls auf das Konto von Sänger WD geht. Bevor es zur Musik geht, fällt zunächst da martialische Coverartwork von Raf The Might (Too Many Skulls) auf, der schon Größen wie Metallica, Ghost und Parkway Drive in der Vita stehen hat.

Das Intro Initium startet mit einer aufheulenden Gitarre, dann setzen ballernde Drums ein und im Hintergrund läuft eine „Motivational Speech“ von Les Brown. Vor meinem geistigen Auge sehe ich einen Sänger auf der Bühne aufgeputscht hin und her springen, das Mikrofonkabel um die Hand gewickelt und vor ihm die hungrige Meute im Pit. Ich beginne auf meinem Stuhl nervös von links nach rechts zu rutschen. Nach einer Minute läuten die Drums Remain Radical ein. Ein lang gezogenes „Rrrrroar“ folgt – lasset die Spiele beginnen. Wie soll man bei der Musik still sitzen bleiben? Schon tropft der Schweiß von der Decke, die Fäuste schnellen nach oben und die ersten Sneaker gehen verloren – „So fuck what they think!“ Fette Riffs und Gangshouts treiben den Refrain voran – was für ein Einstieg! Keine Zeit zum Durchatmen, denn Rise & Fall lauert schon und fällt mich hinterrücks mit einem Gitarrensolo an, beigesteuert von ex-Aborted Schredder Mendel Bij De Leij. Für Nothing Is Given holten sich Manu Armata mit Pim Troost von den holländischen Skatepunks Drunktank Verstärkung ans Mikro. Mit schönen „Whooohooo“ Singalongs im Refrain ein Garant für aufgeheizte Liveatmosphäre. Wenn wir schon bei aufgeheizter Stimmung sind, wirbelt Strenght Of Mind gleich noch mehr Staub im Moshpit auf – „Unstoppable!“ In die gleiche Kerbe schlägt auch Havoc & Distress, immer wieder aufgelockert von kleinen Breakdown-Passagen und Riffs, die auch den eher traditionellen Metalhörer ansprechen.

Darkest Hour erzählt von den schwärzesten Episoden des Lebens. Wenn alles ausweglos scheint, findet man immer wieder den Weg zurück nach oben. Die positive Einstellung hätte ich auch schon des Öfteren gebrauchen können. Warrior Mentality ballert zwar auch ganz gut, ist aber der einzig verzichtbare Song auf Invictus. Still Here schlägt textlich eine ähnliche Richtung wie Darkest Hour ein: Denn egal, wie viele Steine dir im Leben in den Weg gelegt wurden, du bist immer noch hier. Das nächste Highlight folgt in Form von No Victory: Hierbei handelt es sich um eine Neuaufnahme des Titelsongs der ersten EP No Victory Without Strife. Das Introriff würde auch einer Melodic Death Metal Band gut zu Gesicht stehen und leitet den längsten Song des Albums ein – 3:32 Minuten, im Progbereich nennt man das wohl eine Bridge. Durch die geschickten Tempovariationen ist das Teil ein echter Brecher, den ich gerne mal live erleben möchte. Für das vertonte Bandmotto From The Heart holt sich die Band wieder Verstärkung aus der Heimat: No Turning Back Bassist Joel McKay leiht dem musikalischen Tritt ins Gesicht sein zartes Stimmchen (Höhö). Der Song ist ebenfalls ein Re-Recording, in diesem Fall der Titeltrack der From The Heart In Your Face EP aus 2011. Während das Spoken-Word-Outro läuft, ist mein Puls noch immer außerhalb des messbaren Bereichs. „Wir wollten, dass die Leute nach dem Hören von Invictus auf positive Art und Weise inspiriert werden.“ Leute, das ist euch zu 100 Prozent gelungen.

Manu Armata – Invictus
Fazit
Es ist verdammt selten, dass mich ein Album aus diesem Genre von der ersten Minute an so fesselt. Es macht mir mehr Spaß als das neue Hatebreed Album. Hier wird trotz der geringen Spielzeit Abwechslung geboten und vereinzelte Gastauftritte lockern das Szenario gekonnt auf. Die Jungs aus dem niederländischen Städtchen Harlingen könnten ebenso gut aus New York stammen, musikalisch passen sie definitiv dort hin. Hardcorefans können nichts falsch machen und auch dem geneigten Metaller lege ich Invictus ans Herz. Gekonntes Handwerk, eine druckvolle Produktion und ein überragender Shouter zeichnen die Band aus. Dazu gibt es noch Lyrics, die einen positiven Push nach vorne übermitteln. Hoffentlich wird man in Zukunft noch viel von Manu Armata hören. Bei einem Livekonzert der Burschen würde ich jedenfalls gerne mal abspacken.

Anspieltipps: Remain Radical, Nothing Is Given und No Victory
Florian W.
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