Swallow The Sun – Moonflowers

Ein epischer Brecher, der seelische Abgründe schonungslos offenlegt

Artist: Swallow The Sun

Herkunft: Jyväskylä, Finnland

Album: Moonflowers

Genre: Melodic Doom Metal, Melodic Death Metal, Symphonic Death Metal

Spiellänge: 52:40 Minuten

Release: 19.11.2021

Label: Century Media Records

Link: http://swallowthesun.net/#Band

Bandmitglieder:

Gesang – Mikko Kotamäki
Gitarre – Juho Räihä
Gitarre – Juha Raivio
Bassgitarre – Matti Honkonen
Schlagzeug – Juuso Raatikainen

Tracklist:

1. Moonflowers Bloom In Misery
2. Enemy
3. Wooven Into Sorrow
4. Keep Your Heart Safe From Me
5. All Hallow’s Grieve
6. The Void
7. The Fight Of Your Life
8. This House Has No Home

Gerade einmal vier Monate ist es her, seitdem die Doom Metaller Swallow The Sun ihr Livealbum 20 Years Of Gloom Beauty And Despair Live In Helsinki (2021) veröffentlicht haben (zum Review: hier). Ursprünglich wollten sie das neue Doppelalbum schon im letzten Jahr anlässlich des 20-jährigen Bandbestehens gebührend auf ihrer Tournee feiern, doch daraus wurde leider nichts. Nach nur zehn gespielten Konzerten mussten sie die laufende Tour wegen der weltweiten Pandemie im Februar 2020 abbrechen. Während dieser Zwangspause entstanden im vergangenen Herbst die Songs für das bevorstehende achte Studioalbum. Wenige Tage später verkündeten die Finnen ihre Termine für die kommenden Tourneen, der Moonflowers Nordamerika Tour 2021 (mit Abigail Williams & Wilderun) und der Moonflowers Europatour 2022 (mit Avatarium). Das Video zur ersten Single-Auskopplung, Wooven Into Sorrow, zog schon nach nur knapp drei Wochen 100.000 neugierige Fans an und hinterließ damit bereits einen sehr starken Eindruck. Das Warten hat ein Ende, denn am 19. November wird das neue Meisterwerk Moonflowers endlich veröffentlicht.

Haupt-Songwriter Juha Raivio hat nahezu die gesamte Tiefe seiner inneren Wunden in diese acht Songs hineingeschrieben. Die Lyrics spiegeln seine innere Zerrissenheit und Kämpfe gegen sich selbst wider. Es geht um Selbsthass sowie Selbstvorwürfe, aber auch Gefühle wie Einsamkeit und inneren Rückzug. All dies legt seine durch Suizidgedanken geprägte depressive Phase schonungslos offen. Moonflowers ist schwermütiger und heftiger als alle vorherigen Alben. Raivios Emotionen werden hör- und fühlbar. Man erfasst die Tragweite erst vollständig, wenn man sich eingehend mit den Songtexten auseinandersetzt. Die Death Vocals, Gitarren, Bass und Streicher wurden im Studio von SoundSpiral Audio eingespielt, ebenso die Aufnahmen des Streichertrios Trio NOX für das Bonusmaterial, welches in einer mittelalterlichen Kirche in Sipoo, Finnland entstand. Produzent David Castillo kümmerte sich um die Bearbeitung des Klargesangs und Schlagzeugs bei Ghost Ward. Zum Abschluss mischte Jens Bogren die acht Tracks, Tony Lindgren übernahm das Mastering, beides geschah in den Fascination Street Studios. Das bedeutungsschwere Coverartwort steuerte Juha Raivio selbst bei. Er hat dafür selbst gesammelte, getrocknete Blumen verwendet. Den Mond malte er mit seinem eigenen Blut. Für die Songs Moonflowers Bloom In Misery, Keep Your Heart Safe From Me, Enemy und All Hallow’s Grieve ließ die Band zusätzlich animierte Videos von Dronicon Films produzieren. Es steckt weitaus mehr als reines Herzblut in diesem Album.

Der Opener Moonflowers Bloom In Misery startet mit einem akustischen Intro, bei dem die einsetzenden Streicher und Mikkos Klargesang eine zunächst sehr ruhige Atmosphäre erzeugen. Doch das ist die Ruhe vor dem Sturm! Nach knapp zwei Minuten bricht der Orkan los – mit einem gewaltigen Urschrei zerstört er diese Stille. Ab jetzt folgt ein Wechselbad der Emotionen. Es herrschen zumeist entspannte Sequenzen, die dann immer wieder durch markerschütterndes Screaming jäh unterbrochen werden. Gefühlvolle Gitarrenleads verleihen dem Arrangement zusätzliche Dramatik. Der Nachfolger Enemy fährt bei seinem Intro schwerere Geschütze auf. Druckvolle Basslinien sowie tiefgestimmte Streicher bauen eine massive Klangwand auf. Diese Hymne reißt einen regelrecht mit sich fort. Wooven Into Sorrow setzt die eingeschlagene Richtung weiter fort, angereichert durch symphonische Elemente. Dieser Song besteht aus dem Stoff, bei dem jedes Doomer-Herz einfach höherschlägt. Ich bekomme eine echte Gänsehaut bei diesem Brecher! Bei Keep Your Heart Safe From Me klingt der Titel schon wie eine Warnung. Auch hier ist wieder eine emotionale Achterbahnfahrt garantiert. Die mitreißende Melodie und einprägsame Refrains brennen sich tief in die Hirnwindungen. Die Ballade All Hallow’s Grieve wird unterstützt von Sängerin Cammie Gilbert (Oceans Of Slumber). Sie enthält gefühlvolle, abwechselnde Gesangsparts von ihr und Mikko sowie mehrere Duett-Einlagen. Der Song sorgt für eine Atmosphäre, bei der die Gedanken in weite Ferne schweifen und man die Welt um sich herum einige Minuten völlig ausblendet. The Void und The Fight Of Your Life führen den begonnenen Ausflug fort. Der Groove trägt einen weiter durch die eigene Gedankenwelt. Tiefenentspannt gebe ich mich dabei dem wuchtigen Sound hin. Bei The Fight Of Your Life zieht die Dynamik im letzten Drittel noch einmal mit einem melodischen Leadduell an, begleitet vom druckvollen Growling des Frontmanns. Zu guter Letzt erweist sich Rausschmeißer This House Has No Home als Kraftpaket. An dieser düsteren Hymne mit Black Metal Einflüssen hat Antti Hyyrynen (Stam1na) als Gastmusiker mitgewirkt. Hier fliegt einem die geballte Ladung aus Wut und Selbsthass um die Ohren. Es geht dabei um Selbstvorwürfe, die sich im Frust äußern, versagt zu haben. Aus dem Text gehen zudem Selbstmordgedanken hervor, die zum inneren Rückzug führen und am Ende in Isolation und Einsamkeit münden.

Eine gebrochene Seele schreibt Lieder mit intensivstem Tiefgang …

Formate: LP, CD, Digital Album

Swallow The Sun – Moonflowers
Fazit
Moonflowers hält, was die Single-Auskopplung Wooven Into Sorrow bereits seit einigen Wochen ankündigt. Dieses Meisterwerk hat für mich das Potenzial, zum Album des Jahres zu werden. Vom Songwriting bis hin zur Instrumentalbeherrschung und dem Gesang stimmt einfach alles. Hier wird jedem Doom-Herz alles geboten, was es begehrt. Mit zwei hochklassigen Longplayern haben Swallow The Sun sich in diesem Jahr selbst übertroffen. Diese Band ist für mich die Königsklasse ihres Genres. Wer sie je live gesehen hat, weiß, was ich meine. Ein Konzert dieser großartigen Finnen ist ein Erlebnis, das man nie wieder vergisst. Zudem haben sie ein gutes Händchen für Support-Bands, davon durfte ich mich bei ihrer letzten Tour vor zwei Jahren persönlich überzeugen. Ich spreche eine klare Kaufempfehlung für Moonflowers aus, mit Prädikat „Must Have“. Diese Scheibe muss man einfach haben!

Anspieltipps: Moonflowers Bloom In Miserys, Enemy, Woven Into Sorrow, Keep Your Heart Safe From Me, The Fight Of Your Life und This House Has No Home
Sandra R.
9.8
Leser Bewertung6 Bewertungen
10
9.8
Punkte