Time For Metal: Die Top 5-Alben des Jahres 2020 unseres Teams – Heute: René W.

Teil 13 von 18

Wie in den vorangegangenen Jahren haben wir auch in diesem Jahr im Time For Metal-Team gefragt, was denn für jeden die musikalischen Highlights waren. Dafür haben unsere Teammitglieder ihre ganz persönlichen Lieblingsalben rausgesucht.

Neben einem Hörbeispiel haben wir für die Top 5 auch jeweils den Link zu unserem Review aufgeführt, damit ihr noch einmal nachlesen könnt, warum das Album seinen Platz in den ganz persönlichen Top 5 des Jahres 2020 gefunden hat. Neben diesen Top 5 – die übrigens kein Ranking darstellen, sondern in zufälliger Reihenfolge genannt sind – gibt es auch immer wieder mal die eine oder andere persönliche Empfehlung unserer Teammitglieder, also viel Spaß bei der Lektüre!

Das Jahr 2020 ist fast um, und neben den aktuellen Geschehnissen haben trotzdem viele gute Alben in den vergangenen 12 Monaten das Licht der Welt erblickt. Daraus darf ich nun meine persönlichen 5 Top Releases wählen, und es fällt mir wie immer verdammt schwer. Selbst bei einer Top 20 raucht es unter der Schädeldecke, nichtsdestotrotz habe ich folgende Werke ausgewählt. Als Erstes mein persönlich bestes Live-Album, es folgen düstere Scheiben, die sich durch alle Genres ziehen.

Iron Maiden – Nights Of The Dead – Legacy Of The Beast, Live In Mexico City

Es kommt mir vor, als wäre es heute – vor fast zwanzig Jahren, im Alter von gut 15 Jahren, drang das Stück erstmals in meine Ohren. Wer ist das? Mein Kumpel sagt zu mir, das ist Flight Of Icarus von der besten Band der Welt Iron Maiden. Ich meine, der Kerl ist drei Jahre älter, der muss wohl recht haben, dachte ich mir als junger Bengel und er hatte recht. Seitdem begleiten mich die NWOBHM Heroes fast jeden Tag.

Emotional kommt es rein vom Klang her an die Rock In Rio heran. Die Qualität lässt überhaupt keine Wünsche offen. Ohne lange überlegen zu müssen, dürften die Briten mit Nights Of The Dead – Legacy Of The Beast das Livealbum des Jahres servieren. Wer da 2020 gegen ankommen soll, wäre mir ein Rätsel.

Varg – Zeichen

In der Vergangenheit haben Varg einen ganz wilden Ritt hinter sich gebracht, der viele Hürden und Umwege als Aufgabe für das Quartett aufgefahren hatte und ihre Gunst auch bei mir nicht immer gefunden. Politische Diskussionen und ein musikalischer Sprung in ungewohnt moderne Lager brachten nicht nur wohlwollende Worte. Diese Tage scheinen vergessen, und die beiden Gründer Philipp „Freki“ Seiler und Silvester „Fenrier“ Grundmann greifen wieder ganz oben an. Zeichen hat sicher nicht nur bei mir das Potenzial zum Kassenschlager der Coburger Formation. Fast schon losgelöst trumpfen die Musiker auf und schaffen es zudem, Gastinterpreten geschickt zu integrieren.

Varg lassen nach Worten auch Taten folgen. Zurück in alte Regionen, mit der Erfahrung der letzten Monate, machen die Musiker einen mächtigen Schritt nach vorne. Hiermit setzen die Künstler nicht nur eigene Maßstäbe, auch die nationale Szene bekommt neue Dimensionen für ein deutschsprachiges Pagan Metal Album aufgezeigt. Ohne Abstriche katapultieren diese 40 Minuten des siebten Studioalbums die beiden Bandgründer Freki und Fenrier 2020 an den Platz der Sonne und lassen Varg endlich in die Champions League des Genres aufsteigen.

Enslaved – Utgard

Aus Viking Metal mit Extreme Metal Passagen und progressiven Ansätzen entwickelte sich spätestens seit dem letzten Werk E eine hochwertige Avantgarde Metal Combo, die auf sperrige, progressive Stücke setzt, ohne die heidnische Herkunft zu verleugnen. Seit der ersten Liveshow vor gut zehn Jahren blieb die Band bei mir endgültig hängen, umso spannender diese Entwicklung, mit der man sich dennoch anfreunden kann. Dunkle Wolken ziehen auf, spucken neun neue Kompositionen auf die Erde und erzeugen viele Emotionen. In einer dreiviertel Stunde binden die fünf Musiker mich mit den Ohren an die Boxen und bekommen uneingeschränkte Aufmerksamkeit.

Die verschiedenen Geschwindigkeiten sowie Härtegrade imponieren. Enslaved sind nicht gekommen, um einfach nur ein Album zu veröffentlichen, vielmehr wollen sie ein Exempel statuieren, in dem sie zeigen, wie undurchsichtig eine Extreme Metal Combo agieren kann und zugleich bodenlose Tiefen aufmacht, die wie dunkle Falltüren urplötzlich den geglaubten Boden unter den Füßen wegziehen. Mit der komplexen Handschrift beweist Utgard, dass Musik jeder Gangart zu Kunst verschmelzen kann.

DevilDriver – Dealing With Demons I

Die aus Santa Barbara stammenden Musiker um Mastermind Dez Fafara zelebrieren einen feinen modernen Groove Metal, der an den Grundmauern der Gesellschaft rüttelt. Seit Jahren laufen die einzelnen Scheiben bei mir je nach Laune rauf und runter. Die nächste teuflische Antwort lautet dieses Jahr Dealing With Demons I. Das Artwork stellt bereits klar, dass die fünf Protagonisten keinesfalls Interesse haben, Gefangene zu machen, viel lieber stapeln sie die toten Fratzen aufeinander, sodass der Reaper das Werk in aller Seelenruhe begutachten kann. Eine Entwicklung, die der Handschrift treu bleibt und zu recht einen Platz neben den anderen LPs in meiner Sammlung ergattert.

Dealing With Demons I steigt zu einem der stärksten DevilDriver-Alben auf. Für mich reicht es sogar für die Top 3, auch wenn das nicht der Standard sein muss. Mein Geschmack und Erwartungen wurden erfüllt. Dass zwischen Killersequenzen immer mal flachere Pausen liegen, macht Dealing With Demons I nicht schlechter als die absoluten Klassiker.

Sólstafir – Endless Twilight Of Codependent Love

Als die Isländer Sólstafir ihr drittes Langeisen Köld im Erscheinungsjahr auf dem Party.San in der grellen Sommersonne am Nachmittag anstimmten, war es um mich geschehen. Die Performance mit Sonnenbrillen, Cowboyhüten und dem brachialen wie eigenständigen Psychedelic Rock hat trotz der falschen Tageszeit Spuren hinterlassen. Seitdem wurde jedes Album im Player versenkt und die Jungs so oft wie möglich live konsumiert. In diesem November gab es mit Endless Twilight Of Codependent Love den siebten Longplayer, der an das letzte Werk Berdreyminn anknüpfen sollte, ohne auf dem gleichen Weg zu wandeln. Doomige Riffs, tiefe Melodien, explosive Atmosphären zeichnen das Quartett weiter aus und bringen die karge Landschaft Islands eins zu eins mit auf die Platte.

Diverse Kritiker dürften für diese Entwicklung nicht nur zufriedene Worte finden. Verstehen kann ich sie ohne Frage, die Entwicklung von Sólstafir darf aber genau eine solche Scheibe ausspucken, die mit zwei Bonustracks auf fast 80 Minuten kommt. Das Grundniveau bleibt hoch, die einzelnen Sequenzen bilden eine Einheit und die Gruppe zieht gemeinsam diesen steinigen Weg durch. Wie in der Vergangenheit habe ich mich Wochen später erst richtig in die neuen Klänge verlieben können. Die Skandinavier setzen eben auf Nachhaltigkeit und nicht auf die schnelle Sause.