Lacrimas Profundere – How To Shroud Yourself With Night

Kann an das Erfolgsalbum "Bleeding The Stars" angeknüpft werden?

Artist: Lacrimas Profundere

Album: How To Shroud Yourself With Night

Spiellänge: 40:08 Minuten

Genre: Dark Metal

Release: 26.08.2022

Label: Steamhammer / SPV

Link: http://www.lacrimas.com/

Bandmitglieder:

Gitarre – Oliver Nikolas Schmid
Gesang – Julian Larre
Bass – Ilker Ersin
Schlagzeug – Dominik Scholz

Tracklist:

  1. Wall Of Gloom
  2. A Cloak Woven Of Stars
  3. Nebila
  4. In A Lenghtening Shadow
  5. The Curtain Of White Silence
  6. Unseen
  7. The Vastness Of Infinity
  8. To Disappear in You
  9. An Invisible Beginning
  10. Shroud Of Night

Nach gut zwei Jahren kommt mit How To Shroud Yourself With Night das neue Album von Lacrimas Profundere in die Läden. Oftmals muss sich eine Band an ihren Erfolgsalben messen lassen und es wird erwartet, dass ein neues Album mindestens genauso gut wird wie der Vorgänger. 2019 haben Oliver Nikolas Schmid und Julian Larre mit Bleeding The Stars so eine Erfolgsscheibe abgeliefert. Hat der vermeintliche Druck Auswirkungen für die neue Langrille gehabt? Ich zitiere hierzu Oliver, der in einem Statement bemerkte:

„Für mich ging es darum, sich vom Druck des Erfolges zu befreien und zu versuchen, die Messlatte höher zu hängen, dem Spiel voraus zu sein, sich selbst zu fordern und originell zu bleiben, anstatt auf Nummer sicher zu gehen und eine Art ‚Bleeding Part II‘ zu schreiben. Die neuen Songs klingen frisch, böse, überraschend und leidenschaftlicher als jemals zuvor. Zudem ist es das zweite Kapitel mit unserem Sänger Julian, der uns inspiriert und sich wundervoll eingebracht hat“, so Schmid weiter. „Wir haben verstanden, was ihm gefällt, und haben uns von alten Denk- und Vorgehensweisen gelöst. Noch nie waren wir eine solch eingeschworene Einheit und bereit, unseren eigenen Sound zu erweitern. Gerade deshalb ist How To Shroud Yourself With Night unser mit Abstand mutigstes Werk geworden.“ Ist es ihm und seinem Bruder, der maßgeblich an der Entstehung der Texte beteiligt war, gelungen, keine Neuauflage von Bleeding The Stars zu kreieren?

Hören wir gleich mal rein. Natürlich darf man nicht vergessen, dass mit Ilker Ersin am Bass und Dominik Scholz an den Drums zwei weitere Musiker ihren Anteil am neuen Werk haben. Aufgenommen wurde, wie bereits auch der Vorgänger, in den Kohlekeller Studios. Das scheint direkt abgefärbt zu haben, denn die Grundtendenz der Platte ist düster und melancholischer als der Vorgänger. Nachgeholfen haben dürfte dann noch Tom Porcell, der in den Limetree Studios das Mastering übernommen hat. Das Coverartwork schließt sich dem an und so ist die Platte in einem freundlichen Schwarz gehalten und Bahrull Marta hat es verstanden, die Stimmung in dem Artwork widerzuspiegeln. Auch der erste Song scheint dem Rechnung zu tragen. Wall Of Gloom ist ein doomiges Stück, das mit einer lässigen Langsamkeit daherkommt, die es einem erlaubt, zwischen den Takten ein Pils zu holen. Schwer, düster, mit Verzweiflung und Wut in der Stimme, schiebt sich der Song durch die Boxen. Julian gefällt ausgesprochen gut und seine Stimme kommt mit Cleangesang wie auch in den Growls hervorragend zur Geltung. Dazu liefern Oliver, Ilker und Dominik eine massive Soundwand. Das ist schon mal etwas Neues und ein gelungener Opener. In ähnlichen Gefilden bewegt sich auch der letzte Song Shroud Of Night. Nicht ganz so viel Doom Metal wie der Opener, aber noch genügend, um es dem Genre zuordnen zu können. Einige (gewollte?) Reminiszenzen an Paradise Lost werden geweckt. Damit bilden beide Songs eine Klammer um die verbleibenden acht Songs, die sich als lupenreine Dark Metal Songs der alten Schule oder Goth Rocker entpuppen.

Der zweite Song wurde bereits als erste Single im April veröffentlicht und diente als Appetizer für die neue Scheibe. Dabei gehört A Cloak Woven Of Stars mit zu einem der besten Stücke und vermag durch die Nähe zu Father Of Fate von Bleeding The Stars eine Brücke zu How To Shroud Yorself With Night zu schlagen. Inhaltlich bewegt sich der Song, wie eigentlich alle Lieder der Platte, um den Wunsch, nicht auffindbar, einfach unsichtbar zu sein, um sich mit der Unbill der Umgebung nicht beschäftigen zu müssen. So heißt es im Chorus von A Cloak Woven Of Stars:

I’m blessed with my sins to tell you
How to shroud yourself with night

Bereits hier zeigt sich, wie wichtig Julian als Sänger für Lacrimas Profundere geworden ist. Er passt zu der Truppe und auch zu den Songs. Dann wird es melancholischer. Nebula kriecht wie eine dunkle Wolke aus den Lautsprechern und überdeckt jegliche Hoffnung. Weltschmerz, gepaart mit tiefster Melancholie vereint sich zu einem Sumpf, dem man sich nur schwer entziehen kann. Gothik in Vollendung, mit der Garantie, dass sich Heerscharen von oftmals weiblichen Anhängern tränenaufgelöst in seine Arme wünschen. Ein packendes Stück. Zum Glück geht es so nicht weiter, denn mit In A Lenghtening Shadow wird es freundlicher und such schneller. Ein ordentlicher Goth Rocker, der an die Zeiten von Fall I Will Follow erinnert. Ähnlich verhält es ich mit An Invisible Beginning. Beide Songs eignen sich für ein Liveset, wenn zwischen Melancholie und Dark mal etwas rockiger zur Sache gegangen werden soll. Ich sehe Julian schon mit bloßem Oberkörper auf den Monitorboxen oder in der Menge baden.

Mit The Curtain Of White Silence kommt wieder eins der ungewöhnlicheren Stücke tonnenschwer um die Ecke. Julian schreit sich die Seele aus dem Leib, während gewichtige Riffs dem Rhythmus Sumpf zu entfliehen suchen. Ein Piano setzt sich durch und vermittelt Leichtigkeit, nur um dann wieder durch die Last erdrückt zu werden. Die Mischung aus Core, Metal und Rock erscheint zunächst ungewöhnlich für Lacrimas Profundere, zieht einen dann aber doch in seinen Bann. Viel zu schnell vorbei, hätte noch so ein paar Minütchen gekonnt, entwickelt sich der Song mit zu einem meiner Favoriten. Auch dieser Track wurde bereits als aufwendiges Video vorab veröffentlicht und zeigt eindrucksvoll, wie die Songs von Michael Winkler von Der Pakt visualisiert worden sind. Unseen bietet mit einer sich nur langsam erschließenden Melodie im Refrain erst nach mehrmaligem Hören die notwendige Aufmerksamkeit. The Vastness Of Infinity und To Disapeer In You (kommt als vierte Single im August) runden das Bild ab. Letzterer zeigt noch mal schön, welche Wandlung Julian Larre mit seiner Stimme in einem Song durchläuft. Oliver hat mit seinem Songwriting genau das in dem Sänger aktiviert, was ihn so wertvoll für die Performance der Tracks macht.

 Wer sich bisher Lacrimas Profundere entzogen hat, den Artikel aber bis hierher gelesen hat, dem empfehle ich das angehängte Video, um zu sehen und zu hören, was die Jungs aus Waging am See können.

Lacrimas Profundere – How To Shroud Yourself With Night
Fazit
Mit How To Shroud Yourself With Night öffnen Lacrimas Profundere ein neues Kapitel ihrer Geschichte. Es ist kein Bleeding The Stars II, sondern eine Weiterentwicklung in vielen Belangen. Die Scheibe bewegt sich auf Augenhöhe mit dem Vorgänger und dürfte bei den Fans des Genres für Freude, Entzückung und einer gewissen Portion Melancholie und Schwere sorgen. Ein die Thematik hervorragend umsetzender Sänger verleiht den Songs genau die Tiefe und Atmosphäre, die sie benötigen. Das Songwriting und die Texte scheinen direkt auf den Sänger gemünzt zu sein, sodass hier eine Einheit gefunden wird. An der einen oder anderen Stelle scheint es ein wenig "too much" zu sein, was dem Gesamteindruck aber nur wenig schadet. Schön der Genrewechsel, bei dem auch den Wurzeln der Band Rechnung getragen wird. Neben viel Düsternis gibt es auch erhellende Momente, die der Platte Abwechslung und Hoffnung verleihen.

Anspieltipps: Wall Of Gloom, The Curtain Of White Silence und Nebula
Kay L.
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