Lorna Shore – Flesh Coffin

“Vielschichtiger Deathcore“

Artist: Lorna Shore

Herkunft: New Jersey, USA

Album: Flesh Coffin

Spiellänge: 45:34 Minuten

Genre: Deathcore, Technical Death Metal

Release: 26.01.2018

Label: Outerloop Records

Link: https://www.facebook.de/whatisamor

Bandmitglieder:

Gesang – Tom Barber
Gitarre – Connor Deffley
Gitarre – Adam De Micco
Bassgitarre – Gary Herrera
Schlagzeug – Austin Archey

Tracklist:

  1. Offering Of Fire
  2. Denounce The Light
  3. The Astral Wake of Time
  4. Desolate Veil
  5. FVNERAL MOON
  6. Void
  7. Infernum
  8. The//Watcher
  9. Black Hollow
  10. Flesh Coffin

Bei Filmen verhält es sich häufig so, dass der erste Teil einer Reihe der Beste ist – eben weil Sequels oder Fortsetzungen nie so ganz diese Frische besitzen wie das Original. Bei Musik verhält sich das häufig anders, schließlich stehen Bands mit Debütalben ja noch an den Anfängen ihrer musikalischen Arbeit, man lernt sich also mit der Zeit besser im Gebiet kennen und kann mit seiner Musik wachsen. Muss natürlich auch nicht immer so sein. Die Deathcore Band Lorna Shore, welche sich 2010 gegründet hat, lieferte 2015 mit Psaims ein recht solides Debütalbum. Vom Stil her irgendwo zwischen Thy Art Is Murder und Whitechapel durften deutsche Fans sie vor allem bei der Never Say Die! Tour Ende letzten Jahres genießen. Nun steht Album Nummer Zwei an. Flesh Coffin heißt das gute Stück und zeigt, was denn so eine zweite musikalische Runde mit sich bringt.

Offering of Fire nimmt sich die nötige Muße, in das neue Stück entsprechend einzuleiten und die Spannung, welche direkt innerhalb der ersten zehn Sekunden entsteht, ist gewaltig. Als Opener bei Liveshows dürfte sich das gute Stück auch anbieten. Kaum legt Tom Barber mit dem Gesang los, der sich problemlos zwischen tiefen Growls und hohen Screams bewegt, scheinen Lorna Shore in sich aufzugehen und man fühlt sich an frühe Carnifex Zeiten erinnert – und fast könnte man hier eine Brise altes Bring Me The Horizon entdecken – der Deathcore der 2000er eben.

Denounce The Light arbeitet ähnlich atmosphärisch, auch wenn man sich hier weniger Zeit und Kontrolle lässt. Mit Tom haben Lorna Shore wohl die perfekte Besetzung am Mikro, da er sehr schnell zwischen verschiedenen Stilen problemlos switchen kann, womit nicht nur Abwechslung in die einzelnen Songs kommt, sondern Lorna Shore auch mehr Charakteristik in ihre Musik zaubern. Denounce The Light kann vor allem durch Breakdowns sowie das Tempo punkten. Auch die technischen Elemente stimmen hier und kommen voll zur Geltung – mit einer solchen Leistung könnten Lorna Shore schon bald zu den Großen gehören.

The Astral Wake Of Time knüpft an seinen Vorspieler an, auch wenn er ein wenig weniger mit Gesang und Songelementen spielt als Denounce The Light. Hier fokussieren sich Lorna Shore mehr auf das Tempo und die tiefen Growls. Natürlich dürfen besondere Momente dennoch nicht fehlen, denn die Jungs aus New Jersey verstehen es im Gedächtnis zu bleiben durch eben besondere Nuancen, die auch The Astral Wake Of Time wieder bereithält. Hier eben stärker in der zweiten Hälfte. Insbesondere die kurzen „Ruhepausen“ erzeugen Atmosphären, die nicht von der Hand zu weisen sind.

Desolate Veil überzeugt in den ersten Sekunden durch die Instrumentalität und einen vielschichtigen Tom Barber – dieser Song macht einfach so viel Spaß und wird sich hoffentlich so sehr in die Herzen der Fans spielen, dass er live nicht fehlen wird. Die Kombination zwischen der technischen Death Metal Seite und den hier abwechselnden Screams wirkt unglaublich stimmig und Lorna Shore steht eben dieser Stil mehr als gut.

FVNERAL MOON knüpft an Desolate Veil an, wirkt aber zunächst wie die Ruhe nach dem Sturm, bevor auch dann im Song selbst der nächste Sturm wieder loslegt, der sich als noch viel gewaltiger entpuppt. Der Song selbst besitzt eine Stärke sowohl technischer Seite als auch auf textlicher Ebene und irgendwie kommen einem hier Make Them Suffer ins Gedächtnis. Selten schien Deathcore so emotional. Live kommt man bei dieser Band wohl kaum zur Ruhe.

The//Watcher bietet vielleicht diese Ruhepause – wenn man denn dies als Midtempo ansieht. Mit etwas klarer Linie und dadurch kontrollierter lassen Lorna Shore hier wieder die schnellen Riffs spielen, bei welchen man eigentlich nicht still sitzen sollte. The//Watcher nimmt sich dennoch Zeit, zumindest mehr als das Album Flesh Coffin es bisher getan hat. Eine richtige Entscheidung, da dadurch auch dieser Song wieder die Zuhörer etwas zurückholt und fokussiert.

Zusammen mit Black Hollow, welcher mit voller Energie, tiefen Atmosphären und eher ruhigen Strophen direkt anschließt und Flesh Coffin, welcher als Titeltrack das Album wahrlich mit einem Faustschlag beendet, schaffen es Lorna Shore mit den letzten drei Songs noch einmal die Zuhörer zu fesseln und aufhorchen zu lassen, was meist ja bei Deathcore Alben schnell zum Problem werden kann. Black Hollow bietet Atmosphären, Flesh Coffin eine Art Klarheit, welche Lorna Shore sich wohl bis zum Schluss aufgehoben haben.

Fazit: Recht selten ist mir immer sofort bewusst, wie viele Punkte ein Album am Ende bekommen wird. Meistens muss ich die innere Anfangswertung drei Mal ändern, meist runterschrauben, bis ich zum Ergebnis komme. Bei dem zweiten Album von Lorna Shore besteht allerdings ab dem zweiten Song schon kein Zweifel mehr und die Jungs aus New Jersey enttäuschen diese Erwartungshaltung auch nicht. Flesh Coffin ist wohl das beste gegenwärtige Deathcore Album und kann mit Technik, Vielschichtigkeit und einfach mit voller Stärke überzeugen. Noch mögen Lorna Shore Underdogs sein, was den Deathcore angeht. Doch hoffentlich bleibt diese Platte nicht unentdeckt.

Anspieltipps: Death Coffin, Denounce The Light, Offering The Fire
Anabel S.
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