Persefone – Metanoia

Symphonisch, progressiv, atemberaubend

Artist: Persefone

Herkunft: Andorra

Album: Metanoia

Spiellänge: 57:47 Minuten

Genre: Progressive Death Metal, Symphonic Metal, Progressive Metal

Release: 04.02.2022

Label: Napalm Records

Link: https://www.facebook.com/persefoneband

Bandmitglieder:

Gesang – Marc Martins Pia
Gitarre – Carlos Lozano Quintanilla
Gitarre – Filipe Baldaia
Bassgitarre – Toni Mestre Coy
Keyboard und Gesang – Miguel Espinosa Ortiz
Schlagzeug – Sergi Verdeguer Moyano

Tracklist:

  1. Metanoia
  2. Katabasis
  3. Architecture Of The I
  4. Leap Of Faith
  5. Aware Of Being Watched
  6. Merkabah
  7. Consciousness (Pt.3)
  8. Anabasis Pt1
  9. Anabasis Pt2
  10. Anabasis Pt3

Pyrenäen, Ski fahren und Steueroase. Das sind die ersten Begriffe, die mir zum Heimatland der Prog Deather Persefone einfallen. Metal gehört nicht gerade zur ersten Assoziation mit dem Fürstentum Andorra. Dabei feierte das Sextett 2021 bereits sein 20-jähriges Jubiläum und mit Metanoia steht das sechste Studioalbum in den Startlöchern. Was mich neben der Herkunft allerdings noch aufmerksamer machte, war die Single Katabasis mit ihrem fantastischen, technisch anspruchsvollen Mix aus Prog und Death Metal. Eine Kombination, die mir spätestens seit dem letzten Jahr durch die Veröffentlichungen von Burial In The Sky oder Fractal Universe ans Herz gewachsen ist. Vorfreude garantiert!

Nachdem die letzten Alben von Persefone auf dem kleinen schwedischen Label ViciSolum Productions erschienen sind, steht seit Kurzem mit Napalm Records eine deutlich zugkräftigere Maschine hinter der Band. Für den guten Klang konnte man ebenfalls wieder einen großen Namen verpflichten. Nach Jens Bogren (At The Gates, Haken) und Jacob Hansen (Epica, Pretty Maids) auf den letzten Alben stand für Metanoia David Castillo (Leprous, Opeth) hinter den Reglern. Gute Voraussetzungen für die Andorraner, die bereits zweimal die Höchstnote bei Time For Metal abräumen konnten: für das 2013er-Album Spiritual Migration und für das letzte Werk Aathma (2017). Vor zwei Jahren erschien die neu aufgenommene Version des Debüts Truth Inside The Shades. Wohin führt die musikalische Reise, die Persefone als ihren persönlichen Weg zu existenziellem Wachstum ansehen?

Metanoia schickt mich direkt ins neue Abenteuer der Band aus Andorra. Doch wem gehört diese bezaubernde Stimme? Sie kommt mir vertraut vor und jagt mir wohlige Schauer über den Rücken. Nach wenigen Sekunden und der Zeile „No more tears left“ ist alles klar. Der göttliche Einar Solberg von Leprous steuerte seine Vocals zum Intro bei. Ich gratuliere Persefone zu dieser Wahl. Dass auch Keyboarder Miguel seine Sangeskünste nicht verstecken muss, zeigt das nächste Stück Katabasis. Neben all dem progressiven Feuerwerk, dass die instrumentale Fraktion abbrennt, bekommt er seinen Auftritt und untermalt diesen gekonnt mal mit symphonischen, mal mit zurückhaltenden Noten auf seinem Instrument. Was einige als musikalisches Chaos bezeichnen würden, ruft in mir ein Gefühl der Gelassenheit hervor. Ein Paradoxon, das einige überfordert und mich in Zufriedenheit schwelgen lässt. Sowohl die zurückgefahrenen Momente mit dem klaren Gesang als auch die Growls und Shouts von Sänger Marc wissen zu überzeugen. Obwohl man das Werk perfekt am Stück genießen kann, drängt es mich jetzt schon, die beiden einleitenden Songs zu wiederholen. Wie auch der Bandname entstammt Katabasis dem altgriechischen Wortschatz. Es umschreibt eine absteigende musikalische Figur und bringt sowohl Schmerz als auch Ehrfurcht und Unterwürfigkeit zum Ausdruck.

Persefone @ Aathma Tour 2017

Architecture Of The I empfängt mich nach kurzer Einleitung mit derselben musikalischen Wucht wie Katabasis. Das Schöne am Songwriting von Persefone ist jedoch, dass es nicht vorhersehbar ist. Nach Passagen, die eindeutig für einen amtlichen Circle Pit herhalten, liefert das Sextett immer wieder Traumsequenzen, bei denen das Keyboard und andere Elektroparts die Oberhand gewinnen. Neben fragilen Elementen, die in erster Linie durch den Cleangesang entstehen, keimen immer wieder erhabene Momente auf.

Düstere Klänge, auf dem Klavier gespielt, öffnen die Pforte zum ersten Instrumental namens Leap Of Faith. Wie in einem Film etablieren Persefone die Stimmung. Zunächst bedrückend, dann triumphierend. Untermauert wird die Vorliebe zur Filmmusik sogleich mit dem nächsten Lied Aware Of Being Watched. Für die weibliche Stimme sicherte man sich die Dienste der bezaubernden Merethe Soltvedt, die bei den amerikanischen Filmtrailer-Spezialisten von Two Steps From Hell unter Vertrag steht. Ihr Gesang verleiht dem Gesamtsound eine ganz andere Dramatik und man wird das Gefühl nicht los, sich nicht auf dem Album einer Metalband zu befinden, sondern auf einem Soundtrack eines Hollywoodstreifens.

Nach diesem Ausflug in filmische Gefilde drückt Merkabah wieder mächtig ins Gesicht. Der Begriff bezeichnet zum einen ein elektromagnetisches Kraftfeld, auf dem das Prinzip der gesamten Schöpfung beruht. In der Überlieferung des Alten Testaments steht Merkabah allerdings auch für einen Wagen, mit dem man in die Thronwelt Gottes aufsteigt. Egal, ob man es mit einem musikalischen, lyrischen oder philosophischen Ansatz betrachtet, der Song ist eine echte Metamorphose. Bevor man kapiert, worum es überhaupt geht, ziehen Persefone den Hörer in ihren Bann. Consciousness (Pt.3) ist wieder ein Instrumental und folgt seinen Vorgängern, die auf Spiritual Migration zu hören waren. Pt.3 zeigt sich zunächst nicht so verspielt wie seine Brüder, sondern baut die dramaturgische Spannung auf, die perfekt mit den genannten Soundtrack-Anleihen harmonieren. Im Mittelteil werden Passagen der beiden vorangegangen Teile zitiert und dem geneigten Prog-Hörer leuchten die Augen. Zum Ende hin steigert sich dieses instrumentale Monster noch einmal und explodiert leuchtend am Nachthimmel.

Wer Katabasis sagt, muss auch Anabasis sagen. Das Gegenstück zum ersten Song unterteilt sich in drei Teile und markiert das Finale auf Metanoia. Anabasis bezeichnet ein Stilmittel, um die Gedanken des Textes in die Musik zu übertragen. Im Gegensatz zur Katabasis allerdings als aufsteigender Charakter. Pt1 fungiert als Intro und umschreibt die Szene so: „Let me dance amid the flames“ (dt. Lass mich inmitten der Flammen tanzen). Damit wird die erste Zeile aus Katabasis wieder aufgegriffen. Doch im Gegensatz zur Einführung des Protagonisten, der anfangs noch verloren und verwirrt war, geht es jetzt passend zum Songtitel bergauf. Die körperliche und außerkörperliche Erfahrung oder auch die Spiritual Migration scheint abgeschlossen: „A whole new me. Blood, Love, Mind, Flesh. Now I can see.“ Die Gitarrenpower wurde von zwei auf vier Saitenhexer erhöht. Dazu holten sich Persefone Multitalent Angel Vivaldi und Steffen Kummerer (Obscura, Thulcandra) an Bord. Merethe Soltvedt ist ebenfalls wieder zu hören. Da alle Beteiligten zeigen wollen, wo es langgeht, gibt es erst mal einen Hieb mit der Frickelkeule. Doch bisher stand die Abwechslung im Vordergrund und so soll es auch bleiben. Es wird federleicht geprogt, gejazzt und verzaubert und ich finde meinen Frieden mit dem introvertierten Schlusspunkt der Trilogie.

Persefone – Metanoia
Fazit
Der einzige Kritikpunkt, den ich aber eher mir selbst als der Band ankreiden muss, ist die Tatsache, dass ich Persefone 20 Jahre zu spät entdeckt habe. Wer in der Lage ist, fast 60 Minuten auf so einem technisch hohen Niveau zu agieren und trotzdem ein Album wie aus einem Guss produziert, hat nichts weiter als meinen größten Respekt. Dazu kommen eine perfekte Produktion und Texte, die es wert sind, genauer betrachtet zu werden. Metanoia ist ein absolutes Highlight auf dem Gebiet des symphonisch untermalten Prog Death. Ich verneige mich!

Anspieltipps: Am besten am Stück genießen. Favoriten: Katabasis, Aware Of Being Watched und Anabasis Pt2
Florian W.
10
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