Satan, RAM & Screamer am 22.02.2019 im Le Grillen in Colmar

„Gott ist tot, Satan noch lange nicht!!!!

Event: Cruel Winter European Tour 2019

Headliner: Satan

Vorbands: RAM, Screamer

Ort: Le Grillen, 19 Rue des Jardins, 68000 Colmar, Frankreich

Datum: 22.02.2019

Kosten: 25,00 € AK

Besucher: ca. 130

Genre: British Heavy Metal, NWOBHM, Heavy Metal, Swedish Metal

Veranstalter: Sono-Light https://www.facebook.com/Sono-Light-368085608175/

Link: https://www.facebook.com/events/809579442706858/

Setlisten:


01. Demon Rider
02. Adrenaline Distractions
03. Keep On Walking
04. Lady Of The Night
05. Monte Carlo Nights
06. Ride On
07. On My Way
08. No Regrats
09. Highway Of Heroes
10. Can You Hear Me


01. Intro
02. Awakening The Chimaera
03. Flame Of The Tyrants
04. On Wings Of No Return
05. Gulag
06. Return Of The Iron Tyrant
07. Eyes Of The Night
08. The Usurper
09. Sudden Impact
10. Machine Invaders
11. Infuriator


01. Intro
02. Trial By Fire
03. Blades Of Steel
04. The Doomsday Clock
05. 2025
06. The Devil`s Infantry
07. Into The Mouth Of Eternity
08. Break Free
09. Ophidian
10. Intro / Siege Mentality
11. Cruel Magic
12. Incantations
13. Legions Hellbound
14. The Fall Of Persephone
15. Testimony
16. Heads Will Roll (Zugabe)
17. Kiss Of Death (Zugabe)
18. Alone In The Dock

Im französischen Colmar gastiert heute die NWOBHM Legende Satan im Zuge ihrer Cruel Winter European Tour 2019 zusammen mit dem schwedischen Doppelpack RAM und Screamer. Grund genug, mich wieder einmal über die Grenze in den nah gelegenen Elsass zu begeben. Gegen 19:00 Uhr komme ich an der Location Le Grillen an, einem alten Fabrikgebäude, jedoch bin ich eine gute halbe Stunde zu früh dran und der Andrang hält sich bisher noch arg in Grenzen. Etwa zehn Leute stehen vor der Tür und rundum sitzen noch vereinzelt ein paar Headbanger wartend in ihren Autos, dabei macht der Winter gerade Pause und es herrschen selbst am Abend fast noch frühlingshafte Temperaturen. Bis zum Nachmittag konnte ich nicht abschließend klären, ob es nun mit meiner Akkreditierung geklappt hat, aber als sich dann endlich die Türen öffnen, geht alles ganz easy vonstatten.

Den Anfang machen die Schweden von Screamer, die mit Demon Rider vom zweiten Album Phoenix gleich mächtig in ihr Set einsteigen. Der 2009 gegründete Schwedenfünfer macht gleich mal klar, wo hier heute Abend der Fokus liegt und legt mit Adrenaline Distractions vom gleichnamigen ersten Album entsprechend nach. Wer auf eingängigen und schnörkellosen Heavy Metal, der sich stark an der NWOBHM Ära orientiert, steht, der muss hier zwangsläufig auf seine Kosten kommen. Etwa 60 – 70 hart rockende Fans haben zwischenzeitlich den Weg ins Le Grillen gefunden, was für die Verhältnisse hier schon recht ordentlich ist. Die Stimmung dagegen hält sich noch in Grenzen, zwar stehen schon verhältnismäßig viele vor der Bühne, aber ebenso viele wuseln auch noch umher, decken sich mit Merch und Getränken ein, oder stehen noch rauchend vor der Tür. So wirklich geht der Punk noch nicht ab, aber die erste Band hat es ja bekanntlich immer schwer, die Metaler zu so früher Stunde wach zu rütteln. Auch Keep On Walking stammt vom ersten Album Adrenaline Distractions, doch spätestens jetzt macht sich langsam Unmut unter den Besuchern breit, denn der Sound ist heute nicht besonders gut abgemischt. Ungewöhnlich, denn normalerweise steht das Le Grillen für recht guten Sound, doch heute passen besonders die tiefen Vocals von Frontmann Andreas Wikström nicht und knallen viel zu leise aus den Boxen. Obwohl mehrfach lautstark darauf aufmerksam gemacht wird, kriegt man das Dilemma nicht wirklich in den Griff. Lag bisher der Fokus auf alten Klassikern, mischt sich nun mit Lady Of The Night ein Song vom noch aktuellen Hell Machine Album ein. Wobei aktuell relativ ist, liegt das Album ja nun auch schon zwei Jahre zurück. Die Band bemüht sich redlich und kann mit ihrer Bühnenpräsenz voll und ganz überzeugen. Glücklicherweise spielt man heute auf der großen Le Grillen Bühne, denn die Musiker sind ziemlich aktiv und interagieren auch viel mit dem Publikum. Auch die schweren Riffs gepaart mit mehrstimmigem Gesang ziehen immer mehr Besucher vor die Bühne, doch soundtechnisch bleibt einiges im argen und hinterlässt einen fahlen Nachgeschmack. Auch Monte Carlo Nights stammt vom letzten Output und macht einmal mehr klar, wie vielfältig die schwedische Höllenmaschine geworden ist. So melodiös habe ich die Band aus Ljungby gar nicht erwartet. Auch die Gitarrenarbeit von Anton Fingal und Dejan Rosic ist wesentlich vielfältiger geworden, könnte jedoch an manchen Ecken roher und bissiger klingen. Mit starken, hymnenmäßigen Refrains und angenehmer Geschwindigkeit animieren die Songs eigentlich zum headbangen, doch bisher fliegen nur wenige Haare und nur vereinzelt dürfte morgen jemand über Nackenschmerzen klagen. Vor allem Monte Carlo Nights hat extremes Livepotenzial, das der Song aber hier und heute nicht annähernd entfalten kann. Mit Ride On, On My Way und No Regrats geht der Rundumschlag durch den Songkatalog weiter, bevor mit Highway Of Heroes ein brandneuer Song präsentiert wird. Can You Hear Me leitet dann das große Finale ein und leider muss man die Frage soundtechnisch bedingt mit einem Nein beantworten. Aber auch so bleibt relativ wenig hängen, der traditionelle, melodische Stoff weiß zwar zu gefallen, aber qualitativ liegen zwischen der Höllenmaschine Screamer und ihren Landsmännern von Enforcer, RAM, Portrait und Konsorten doch noch Welten.

Die Umbaupause ist dringend notwendig, um den Flüssigkeitshaushalt wieder ins Lot zu bringen, doch im Anschluss geht es dann mit der Dampframme von RAM weiter, die nach einem kurzen Intro mit Awakening The Chimaera die Bühne entern. Traditioneller Metal ist längst noch nicht ausgelutscht oder gar tot. Die Schweden agieren noch um einiges wilder, liegen aber rein vom Spirit her näher an einer Black Metal Band. Schon als die Band die Bühne stürmt, herrscht im Publikum eine ganz andere, erwartungsvollere Stimmung. Auch in den ersten Reihen wird es nun etwas enger und sogar die ersten kreisenden Kopfbewegungen lassen sich ausmachen. Um es aber gleich vorweg zu nehmen, der Mann am Mischpult ist noch nicht wirklich im Le Grillen angekommen, denn auch Oscar Carlquist und seine Mannen haben mit nicht unerheblichen Soundproblemen zu kämpfen und knallen viel zu dumpf und leise aus den Boxen. Das kann man hier definitiv besser, wie in der Vergangenheit schon auf unzähligen Konzerten bewiesen. Bei vielen RAM Songs haben ja definitiv Mercyful Fate und Judas Priest Pate gestanden, doch mit dem folgenden Flame Of The Tyrants belegen die Schweden, dass sie längst ihren eigenen Stil gefunden haben. Fast problemlos gelingt es den Jungs, die Magie der Achziger einzufangen und ins Jahr 2019 zu transportieren. Frontmann Carlquist mit seiner kraftvollen Stimme macht den Unterschied, denn er hat die energievollen Tiefen genauso drauf, wie die lauten, hohen Gesangslagen. Ab und zu kommen sogar ein paar dezente fast-Growls zum Zuge. Die Vocallinien graben sich im Gedächtnis ein und haben trotz der traditionellen Ausrichtung etwas Individuelles. Die sägende Stimme und die Priest-mäßigen Gitarren sind ein klares Statement an alle, die den Metal abgeschrieben haben. Leider geht der Sänger hier heute unter und teilweise hört man ihn kaum. Schade! Auch fotografieren kann man ihn heute nicht besonders gut, denn ständig hat er beide Arme oben und versteckt sich hinter seinen gewaltigen Nietenhandschuhen. Musikalisch geht es weiter mit On Wings Of No Return, meinem persönlichen Highlight auf dem 2017er Rod-Album. Trotz des miesen Sounds hat man das Publikum fest im Griff, besonders zwei Freiburger grölen den Laden zusammen und lassen wild die Matte kreisen. Überhaupt sind heute auffallend viele Deutsche und Schweizer über die Grenze gekommen und einige davon waren am Dienstag schon im Kiff in Aarau dabei, wo der Sound um ein vielfaches besser gewesen sein soll. Das melancholisch angehauchte und viel zu lang geratene Gulag ist songtechnisch der bisher einzige Aussetzer, ansonsten werden aber mit Killersongs wie z.B. Return Of The Iron Tyrant, Eyes Of The Night oder dem Nackenbrecher The Usurper keine Gefangenen gemacht. Insbesondere die Saitenfraktion in Form von Harry Granroth und Martin Jonsson kann überzeugen, egal ob nun mit den grundlegenden Riffs oder auch bei gut gespielten Soli. Das überzeugende Undergroundfeeling können auch die Bandhymne Sudden Impact und der Mitgrölklassiker Machine Invaders verbreiten, die den Fans noch einmal alles abverlangen. Selbst die sonst eher zurückhaltend beobachtenden Franzosen in den ersten Reihen gehen heute richtig aus sich heraus und grölen die alten Songs mit und lassen die Fäuste zur dunklen Decke fliegen. Damit ist das Pulver dann auch fast verschossen. Infuriator vom Forced Entry Album ist dann aber doch noch einmal ganz großes Kino, mit dem die Herren sich von der französischen Bühne verabschieden. Bevor man aber so ganz geht, treten die Musiker an den Bühnenrand und klatschen die Fans in der ersten Reihe ab, verteilen noch ein paar Plecs und Drumsticks und bedanken sich noch gefühlte 20-mal. Trotz des schlechten Sounds haben die Schweden das Beste aus der Situation gemacht und so sieht man auch nicht wirklich unzufriedene Gesichter.

Schnell ´ne Kippe und das Bier nachgefüllt, dann wieder vor die Bühne, Satan awaits! Bereits 1979 gegründet, gehörten die Engländer zur Speerspitze der NWOBHM Bewegung und sind mittlerweile in der Szene lebende Legenden. Der Bandname ist jedoch nicht Programm, zwar spielen die „Jungs“ zwar teuflisch guten Metal, mit satanischem Black Metal haben sie jedoch nichts am Hut. Bereits 1993 lösten sie sich auf und es sollte fast zwanzig Jahre dauern, bis man sich wieder zusammenfand. Nun stehen sie wieder in der Besetzung ihres 83er-Paradealbums Court In The Act zusammen auf der Bühne, mit Frontmann und Sänger Brian Ross, mit den beiden Gründungsmitgliedern Russ Tippins und Steve Ramsey an den Gitarren, mit Bassist Graeme English und Sean Taylor an der Schießbude. Die Band aus Newcastle startet nach einem kurzen Intro mit Trial By Fire und sorgt mit dem Court In The Act Klassiker von 1983 für ungläubige Gesichter, denn der Song knallt überraschend sauber und druckvoll aus den Boxen. Der Abend wird immer besser, denn neben der NWOBHM Legende Satan gibt es nun auch noch die Wiederauferstehung des Soundmannes zu feiern. Mittlerweile wird das Le Grillen wohl von etwa 120-130 Metalheads bevölkert und vor der Bühne wird es nun doch etwas enger. Um nichts anbrennen zu lassen, wird mit Blades Of Steel gleich der nächste Klassiker nachgelegt und die Meute frisst den Briten aus der Hand. Der 65-jährige Frontmann Brian Ross, der mit Blitzkrieg noch ein zweites Standbein hat, zeigt sich stimmlich in Topform, obwohl ihm sein Alter mittlerweile wirklich anzusehen ist. Mit seiner hohen Stimmlage und auch mit seinem gesamten Erscheinungsbild, das irgendwie etwas an den Altmeister Alice Cooper erinnert, hinterlässt Ross bleibenden Eindruck. Nach dem anfänglichen Ausflug in die Anfänge der Bandgeschichte folgt mit der Singleauskopplung The Doomsday Clock Material vom aktuellen Album Cruel Magic. Auf gewohnt hohem Niveau reihen sich auch die flotten Nummern neueren Datums gut ein. Ungeschönter Metal, so, wie man die Briten seit ihrer Reunion kennt. Offenbar ist es ziemlich warm unter den Scheinwerfern, denn schon früh entledigt sich der agile Ross seiner Handschuhe und Jacke, und offenbart darunter ein cooles Fledermaus Longarm-Shirt. Auch 2025 kann begeistern, doch als besonderes Highlight kommt The Devil`s Infantry daher. Die Speedgranate aus 2015 transportiert den ganzen Spirit des NWOBHM, inklusive geilem Schrei zum Abschluss. Doch auch der Opener Into The Mouth Of Eternity vom aktuellen Album zeigt, dass die alten Recken es noch drauf haben. Der raue und unverfälschte Sound klingt im Le Grillen plötzlich richtig gut. Doch nicht nur die Songs klingen gut, auch Frontmann Ross ist richtig gut drauf, auch wenn er es mit seinen teils recht langen Ansagen ein klein wenig übertreibt. Da heute auch ein paar wenige jüngere Gäste anwesend sind, die die Band wohl kaum aus ihren Anfangstagen kennen können, bietet man mit altem und neuem Material einen guten Einblick in die Diskografie und so reihen sich das uralte Break Free und der wohl beste neue Song Ophidian, der von der Atmosphäre her ein wenig an Judas Priests The Ripper erinnert, nahtlos aneinander. Aber so wahnsinnig viele Möglichkeiten hat man ja auch nicht, da man in den letzten 40 Jahren eher sparsam mit Veröffentlichungen war, während andere Bands dieser Zeit wie z.B. Iron Maiden, Judas Priest oder Saxon aus den Vollen schöpfen können. Doch Nummern wie Siege Mentality, Cruel Magic, Incantations oder auch Legions Hellbound gehören auf die Bühne und können ebenso begeistern, wie die Hits der Großen und bringen die Oldschool Fans zum Ausrasten. Satan liefern genau das, was die Fans hören wollen. Mit The Fall Of Persephone und Testimony geht der reguläre Gig dann auch zu Ende, doch da man sich beim Abgang nicht verabschiedet, macht das Hoffnung auf mehr. So ist es dann auch, die Zeit reicht nicht einmal für eine Zigarette, und es wird mit dem Triple Heads Will Roll, Kiss Of Death und Alone In The Dock nachgelegt. Dann ist aber endgültig Schluss und die immer noch hungrige Meute wird in die dunkle Nacht entlassen. Alles in allem, ein geiles Package, das kaum Wünsche offen lässt, nur halt schade, dass die ersten beiden Bands nur so miesen Sound bekamen. Im Anschluss mischen sich die Musiker noch unter das Volk und stehen für Autogramme und Foto oder Small Talk parat, doch ich muss dringend los, denn zu Hause sitzt mein Hund und kneift ziemlich sicher schon alle Pfoten zusammen.