Suzi Quatro – No Control

Glam Rock-Ikone der 70er meldet sich zurück!“

Artist: Suzi Quatro

Herkunft: London, England

Album: No Control

Genre: Rock, Glam Rock, Glam Pop, Blues Rock

Spiellänge: 43:52 Minuten

Release: 29.03.2019

Label: Steamhammer / SPV

Link: http://www.suziquatro.com

Tracklist:

  1. No Soul/No Control
  2. Going Home
  3. Strings
  4. Love Isn’t Fair
  5. Mach Man
  6. Easy Pickings
  7. Bass Line
  8. Don’t Do Me Wrong
  9. Heavy Duty
  10. I Can Teach You To Fly
  11. Going Down Blues
  12. Heart On The Line (Bonus)
  13. Leopard Skin Pillbox Hat (Bonus)

Es gibt ja so einige Rockladys, die kontinuierlich neue Alben veröffentlichen, obwohl die ganz großen Hits irgendwann ausbleiben. Neben Zed Yagos / Velvet Vipers Jutta Weinhold gehören auch Mother’s Finest Joyce Jean Kennedy, Girlschools Kim McAuliffe, oder eben auch Suzi Quatro dazu. Auch die in England und Hamburg lebende Glam Rock Ikone Quatro will es noch einmal wissen und meldet sich Ende März mit einem neuen Album zurück. Wer kennt sie nicht, immerhin war das nur 1,52 Meter große Energiebündel in den 70er-Jahren Hauptdarstellerin in unzähligen pubertären Fantasien. Die Frau, die mit zarten acht Jahren zum ersten Mal gemeinsam mit ihrem Vater zusammen auf einer Bühne stand, wird im Sommer 69 Jahre alt und ist längst zweifache Mutter und sogar Großmutter. Songs wie z.B. Can The Can, Devil Gate Drive, 48 Crash, Rock Hard, Daytona Demon und All Shook Up durften auf keiner Party fehlen und machten sie unsterblich. 50 Millionen verkaufte Platten sprechen für sich. Ihren letzten ganz großen Hit hatte sie zusammen mit Ex-Smokie Sänger Chris Norman im Jahr 1979, Stumblin‘ In stürmte damals weltweit die Hitparaden.

Als Susanna Kaye Quatroki wird sie 1950 in der Motor City Detroit geboren, doch den Nachnamen ihres Großvaters, einem italienischen Einwanderer, kann kaum jemand aussprechen und so wird er kurzerhand in Quatro abgewandelt. Sie stammt aus einer Musikerfamilie, schon ihr Vater tourt mit dem Art-Quatro-Trio mehr oder weniger erfolgreich durch die Lande. Sie lernt klassisches Klavier, doch das ist ihr auf Dauer zu brav. Das Rebellentum des Rock ’n‘ Roll hat sie infiziert und so schließt sie sich schon früh den Pleasure Seekers an, bei denen auch ihre Schwestern aktiv sind. Sie nennt sich fortan Suzi Lane.

Innerhalb kürzester Zeit flattern mehrere Verträge der großen Industrie ins Haus, die sie zur neuen Janis Joplin machen wollen. Suzi will sich jedoch nicht verbiegen und lehnt ab. Mickie Most, Anfang der 70er-Jahre so etwas wie ein britischer Dieter Bohlen, sieht sie eines Tages live auf der Bühne und holt sie kurzerhand nach England, um ihr eine Solokarriere auf den ledernen Leib zu schneidern. Ein erster Song, Rolling Stone, floppt in UK, doch dann kommt das Songwriterduo Nicky Chinn und Mike Chapman ins Spiel, die mit ihren Songs für The Sweet, Mud, Racey oder auch Smokie ganze Hitparaden alleine bestücken können. Nun geht alles ganz schnell, mit Can The Can schießt der Wildfang, der sich nun Suzi Quatro nennt, auf Platz 1 der britischen Charts. Mit simplem Rock ’n‘ Roll, Sex-Appeal in knappen Ledernzügen und hohen Stiefeln, und einem Bass, um den sie mancher Kollege beneidet, trifft sie den Zahn der Zeit.

Die Presse steckt sie als Eintagsküken in die Glam Pop Ecke, doch Chinn & Chapman bringen sie groß raus. 48 Crash und Daytona Demon steigen in die Charts ein und mit Devil Gate Drive gelingt der nächste ganz große Nummer 1 Hit. Rotzigkeit gepaart mit Groove sind das Erfolgsrezept, das auch in Deutschland funktioniert und so ist sie bald als Starschnitt in der Bravo zu finden und bekommt den Goldenen Bravo Otto der Jugendzeitschrift verliehen. Die Coverversion des Elvis Presley Songs All Shook Up führt sogar zu einer persönlichen Einladung nach Graceland, doch sie ist viel zu unerfahren und nervös, um ihr großes Idol zu treffen und lehnt kurzerhand ab, eine Entscheidung, die sie bis heute bereut.

Den größten Erfolg feiert sie jedoch 1978 mit Stumblin‘ In, ebenfalls ein Chinn & Chapman Song, den Suzi Quatro gemeinsam mit Smokie Sänger Chris Norman aufnimmt. Die Welt liegt ihr zu Füßen und die Nummer entert alle Charts, jedoch geht man hier zu sehr weg vom früheren Rotzrock und driftet zu sehr in poppige Gefilde ab. Auch die deutsche Bernhard Brink Version Ich Wär So Gern Wie Du ihres Songs She’s In Love With You tut ihr nicht gut, da sie von der Presse als Schlagertante abgetan wird. Suzis Stern beginnt zu sinken.

In den 80er und 90er-Jahren macht die hochexplosive Suzi Quatro durch kleine Filmrollen, Musicalauftritte und britische Radiosendungen von sich reden, doch musikalisch bleibt es ruhig. 2006 folgt dann mit dem Album Back To The Drive das lang ersehnte Comeback, doch an frühere Erfolge kann sie nicht anschließen. Zum 75. Geburtstag des Kings of Rock ’n‘ Roll nimmt sie mit den The Jordanaires, der Elvis Presley Backing Band, den Tributesong Singing With Angels auf. Dann folgt die Kehrtwende zurück zu schnörkellosem Rock made by Mike Chapman, mit dem sie 2011 das Album In The Spotlight aufnimmt. 2016 kommt es zur großen Fusion alter Helden, denn mit Andy Scott (The Sweet) und Don Powell (Slade) nimmt die frühere Glam Rock Queen das Album QSP auf, das größtenteils sehr gute Kritiken einfährt.

Am 29. März erscheint nun mit No Control das insgesamt zwölfte Studioalbum. Sie kommt immer noch in schwarzem Leder daher, doch albern sieht das trotz ihres Alters nicht aus. Die Outfits sind nicht mehr ganz so eng und figurbetont geschnitten und auch der Reißverschluss ist nicht mehr ganz so weit geöffnet, wie noch in den goldenen 70er-Jahren. Ihre 68 Jahre merkt man dem Album trotzdem kaum an. No Control bietet elf Songs plus zwei Bonustracks, die sie größtenteils zusammen mit ihrem Sohn Richard Tuckey aus erster Ehe geschrieben hat. Es ist der erste Versuch, etwas gemeinsam zu machen und so beginnt der kreative Fortschritt mit Don’t Do Me Wrong. Ein frecher Song mit bluesigen Mundharmonikasektionen, der die Menschen begeistern wird. Die Arbeit mit Akustikgitarre, Akustikbass, iPad-Recording-App und jeder Menge Papier geht gut voran und so entscheidet man sich, weitere Songs gemeinsam zu schreiben. Beim ersten Durchlauf wirkt das Album, als hätte Suzi alle Elemente, die sie in mehr als einem halben Jahrhundert aufgeschnappt hat, hier in dreizehn Songs vereinigt. Ein bunter Strauß flotter Melodien! Der fette Titeltrack No Soul/No Control ist bereits als Single veröffentlicht und ein Video wird von Frank Suffert produziert, welches im Peppermint Pavillon und in den Peppermint Park Studios in Hannover aufgenommen ist. Ein simpler und einfacher Gitarre/Schlagzeug-Wohlfühl-Song mit der Botschaft, „Gib dich niemals für jemand anderen auf“. Ein ungewöhnlicher Suzi Quatro Track, doch Little Suzie from Detroit ist energetisch wie eh und je. Eingängig und doch genügend Ecken, Kanten und Haken, um den Hörer zu fesseln. Going Home kommt lässig daher, zeitgemäß und doch mit einem Vintage-Piano-Flair. Die Megahits wie Can The Can und Devil Gate Drive kann man hier nicht mehr erwarten, denn von der Ära Mickie Most, Nicky Chinn & Mike Chapman ist man weit entfernt. Die Songs sind im Poprock angesiedelt und kommen locker flockig rüber, ohne den Charme vergangener Glanzzeiten komplett verloren zu haben. Beim Hören muss man zwangsläufig an längst vergangene Zeiten zurückdenken, als der Glam Rock mit Bands wie Slade, The Sweet, T. Rex und Suzi Quatro die TV- und Radiosendungen wie Ilja Richters D.I.S.C.O., Musikladen oder Mal Sondocks Hitparade dominierte. Oh Sch….., bin ich ein alter Sack! Besonders sticht hier das rockige Macho Man hervor, das sogar zum Headbangen geeignet ist. Ein solider Rocker, der nicht stillstehen lässt und sich als Konzertopener aufdrängt. Ich würde ja sagen, man muss die Mähne dazu schütteln, doch die gibt es schon seit über zehn Jahren nicht mehr. I Can Teach You To Fly ist ein gelungener Rückblick auf die Sechziger Jahre. Das Riff zu Easy Pickings schleppt Suzi schon über zehn Jahre mit sich rum und klimpert es auf der Akustikgitarre, bevor nun ein loungiger Bluessong mit Mundharmonika daraus wird. Ein perfekt platziertes Pianosolo bietet das i-Tüpfelchen. Love Isn’t Fair ist eine Blondie meets Mavericks Nummer mit karibischem Flair aus jamaikanischen Maracas im 70`s Stil. Das ist bestimmt nicht das, was ich von Suzi Quatro erwarte habe, aber definitiv ein Track, mit dem sich jeder auf die eine oder andere Weise identifizieren kann. Der außergewöhnlichste Track ist jedoch Strings, die Fäden, die das Leben zusammenhalten, mit einem tollen Riff, Soulelementen und einer verrückten Gesangsidee im Refrain. Eine clevere Komposition mit faszinierenden Richtungsänderungen.

No Control erscheint am 29. März über Steamhammer / SPV als CD DigiPak, 2 LP Gatefold, Download und Stream.

Fazit: Um es vorwegzunehmen, neue Fans wird Suzi Quatro mit diesem Album eher nicht hinzugewinnen, doch das war auch sicher nicht der Plan. Für Fans ist No Control aber ein richtiges Hammeralbum, ein Pflichtkauf, sehr vielschichtig und mit vielen Details, die es zu entdecken gilt. Ein Old School Rock 'n' Roll Scheibchen, das das Gefühl vermittelt, live im Studio aufgenommen worden zu sein. Eingängige, coole Riffs treffen auf interessante und teils ungewöhnliche Refrainstrukturen, Bluesgitarren, teils punkigen, rotzigen Gesang, treibende Rock 'n' Roll Drums, Jazz- und Blueselemente, gefühlvolles Piano, coole Mundharmonika, funkigen Bass und karibisches Gefühl. Es gibt zu viel zu entdecken und so braucht das Album mehr als einen Durchgang, um entsprechend zu zünden. Letztendlich fehlen aber nur die ganz großen musikalischen Diamanten, die Suzi in den 70ern ganz nach oben katapultiert haben, und die dieses Album dementsprechend hervorstechen lassen würden. Menschen meines Jahrgangs, Fans und Liebhaber von 70`s Hard Rock / Glam Rock können bedenkenlos zugreifen. Suzi Quatro ist gereift, nicht mehr das archetypische Rockküken, und ihre Kreativität kennt keine Grenzen, und so bleibt sie auch 2019 ein Grundnahrungsmittel für alternde Rockfans.

Anspieltipps: Macho Man, No Soul/No Control
Andreas F.
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