Wage War – Manic

Moderner Metalcore mit hochwertigen Zutaten aus Georgias Wäldern

Artist: Wage War

Herkunft: Florida, USA

Album: Manic

Spiellänge: 35:42 Minuten

Genre: Metalcore

Release: 01.10.2021

Label: Fearless Records

Link: https://www.facebook.com/wagewar/

Bandmitglieder:

Gesang – Briton Bond
Gitarre und Cleangesang – Cody Quistad
Gitarre – Seth Blake
Bassgitarre – Chris Gaylord
Schlagzeug – Stephen Kluesener

Tracklist:

  1. Relapse
  2. Teeth
  3. Manic
  4. High Horse
  5. Circle The Drain
  6. Godspeed
  7. Death Roll
  8. Slow Burn
  9. Never Said Goodbye
  10. True Colors
  11. If Tomorrow Never Comes

Die Amerikaner Wage War bleiben ihrem Rhythmus treu und veröffentlichen zwei Jahre nach Pressure ihr viertes Album. Manic ist mal wieder ein Werk, das in den Feuern der Pandemie geschmiedet wurde. Das Quintett entschied sich jedoch gegen das Remote-Arbeiten, mit dem schon Erfolgsalben während der Lockdown-Phasen geschrieben wurden. Stattdessen verkrochen sich die fünf Musiker in einer Hütte in den Wäldern Georgias, um gemeinsam am neuen Material zu arbeiten. Dabei ist laut Gitarrist und Sänger Cody Quistad das beste Album der seit elf Jahren andauernden Bandkarriere entstanden. Wie schon in der Vergangenheit und beim letzten Erfolgsalbum Pressure hatte das Gespann aus Drew Fulk (Motionless In White), Andrew Wade und Jeremy McKinnon (beide A Day To Remember) seine Finger bei der Produktion im Spiel.

Die wirklich starken, vorab veröffentlichten Singles ebneten mir den Weg zu Manic und was gibt es Besseres, als sich an einem verregneten Montagmorgen die Frisur mit amtlichem Geballer durchföhnen zu lassen? Im fließenden Genre des modernen Metalcore haben Bands wie Spiritbox und While She Sleeps in diesem Jahr schon gut vorgelegt. Mal sehen, was Wage War dem entgegenzusetzen haben.

Bei Opener Relapse wird gleich deutlich, dass Wage War den Fokus auf den Groove legen. Hier wird die Doublebass nicht als kontinuierliches Sperrfeuer verstanden, sondern songdienlich eingesetzt. Über dieses Gerüst legen sich stets elektronische Klänge, die aber nie die Oberhand gewinnen. Briton Bond (Growls) und Cody Quistad (Cleans) legen los wie die Feuerwehr und sind für mich nach dem Duo Lambesis/Gilbert von As I Lay Dying das Beste, was dieses Genre zu bieten hat. Mal abgesehen von der göttlichen Courtney LaPlante (Spiritbox), die in ihrer eigenen Liga spielt.

Die Songs sind bis auf eine Ausnahme alle um die drei Minuten lang, was darauf schließt, dass auf unnötiges Geplänkel verzichtet wurde. Bond flüstert über Elektrobeats und abgehackte Riffs warten auf, bis Quistad wieder wirklich starke Hooks liefern darf. Das Wechselspiel zwischen düster und eingängig ist recht simpel, verfehlt aber nicht seine Wirkung. Ganz anders tönt der Titelsong Manic aus den Boxen. Anleihen beim Trap vermitteln eine tiefschwarze Botschaft und Briton Bond bietet wahrlich eine manische Performance und lässt nichts als verbrannte Erde zurück. Anders, aber genial.

„You wanna see a war? I’m here to settle scores sick the hounds, cut you down from your high horse.“ Die erste Single High Horse hat schon den Weg in meine Go-To-Playlist gefunden. Warum? Weil es einfach ein verdammter Banger ist, der ganz nebenbei mit der Unart abrechnet, dass Leute ihre kurze Aufmerksamkeitsspanne in Onlinemedien dazu nutzen, um Songs in der Luft zu zerreißen. Der anonyme Deckmantel einer ganzen Generation. Wage War treten dieser Kultur ins Gesicht und dürften den nächsten Bandhit geschrieben haben. „Is this what you want? Is this what you need?“ Ja verdammt!

Circle The Drain nennt sich die nächste Single aus dem neuen Album. Diese beginnt deutlich gemächlicher und Sänger Cody darf wieder mehr im Rampenlicht stehen. Der melancholische Grundton nebst den melodischen Gitarren passt hervorragend zu den introvertierten Lyrics. Rock meets Modern Metal. Godspeed bietet wieder einen anderen Ansatz und kommt mit einem knallharten Industrialriff daher. Stampf, stampf, stampf – die hart angeschlagenen Schlagzeugrhythmen stehen im krassen Gegensatz zu den eingestreuten Hooks. An Abwechslung mangelt es auf dem neuesten Output der Amerikaner nun wirklich nicht.

Oh ja, Death Roll räumt hier noch mal richtig auf. Ultrafette Djent-Riffs fliegen mir um die Ohren und Briton Bond kotzt seine fiesesten Vocals ins Mikro. Vollkommene Eskalation. Was für ein Abriss. Kein Pop, kein Bullshit. Just good old Metalcore. Zu meiner Überraschung schiebt Leadgitarrist Seth Blake ein melodisches Solo in dieses Massaker. Das setzt dem Ganzen noch die Krone auf.

Slow Burn spielt da nicht mit und wirft mir einen kalten Waschlappen ins Gesicht. Hier greifen Wage War wieder auf das bewährte Schema aus griffigen Hooks und groovenden Parts zurück. Der Breakdown im Mittelteil ist nicht von schlechten Eltern. Never Said Goodbye ist die Quoten-Ballade, damit man auch die neue Freundin von „seiner Musik“ überzeugen kann. Ganz nett, aber bei Metalcore-Bands werde ich diese Art der Schnulzen wohl nie verstehen.

„I see your true colors, and that’s why I love you.“ Na gut, es ist doch kein Cover von Cindy Lauper, obwohl ich das gefeiert hätte. True Colors groovt wieder gut durch die Gegend. Wage War sind einfach nicht zu schlagen, wenn sich der Gesang von Bond und Quistad die Waage hält. Das Wechselspiel mündet in einen bösen Breakdown, bei dem es Zeit wird, das „Angry-face“ aufzusetzen. Der Track geht vielleicht etwas zu sehr auf Nummer sicher. Ganz im Gegenteil zum letzten Song If Tomorrow Never Comes. Progressive Ansätze ziehen sich durch das instrumentale Songwriting. Quistads Vocals schweben zwischen bitter- und zuckersüß. Hier stecken echte Emotionen und Herzblut drin. Die Band hat im längsten Song noch mal alles in Waagschale geworfen und das hat sich gelohnt.

Wage War kratzen definitiv an der Leistung ihrer eingangs genannten Konkurrenten und machen es sich vorerst auf dem dritten Platz hinter Sleeps Society und Eternal Blue gemütlich.

Wage War – Manic
Fazit
Das gemeinsame Songwriting in einer Hütte in Georgias Wäldern hat sich gelohnt. Manic präsentiert Wage War als eine verschworene Einheit und lässt trotzdem Spielraum für Experimente, wie im Titelsong zu hören ist. Starker, moderner Metalcore, der es nicht nötig hat, sich den poppigen Gefilden anzubiedern. Well done.

Anspieltipps: Relapse, Manic, High Horse und Death Roll
Florian W.
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