Saxon: 40 Jahre Wheels Of Steel

Vier Jahrzehnte drehen die stählernen Räder nun ihre Runden

Die 80er-Jahre waren für den Heavy Metal eine goldene Epoche. Der NWOBHM setzte zum Siegeszug an, der Thrash Metal brachte laute Riffs heraus und selbst das Grundgerüst für den Black Metal wurde gelegt. Am 03.04.1980 wurden ein heißes Eisen auf den Markt geworfen, welches noch heute großen Einfluss auf den Heavy Metal hat. Das zweite Album der Engländer Saxon feierte die Geburtsstunde. In den Ramport Studios in London spielten die Männer die neun Werke ein, die noch heute, wenn es denn geht, zum Liverepertoire gehören.

In meiner letzten Ausgabe habe ich über Motörhead, Lemmy und das zwanzig Jahre Album We Are Motörhead geschrieben (hier nachzulesen). Meine persönlichen Parallelen kann ich auf die britischen Landsleute von Saxon projizieren. Lange habe ich die Gruppe ignoriert und bin auf Festivals beinahe vor den Klängen geflohen, als wäre eine Horde tollwütiger Wölfe hinter mir her. Das lag mitunter am Mastermind Peter „Biff“ Byford – die Ansagen vor gut zwanzig Jahren wollten mir einfach nicht gefallen, dazu kommt das sinnlose Gepfeife während und zwischen der Songs. Ein komischer Kauz dieser Engländer, dachte ich mir in den frühen Jahren meiner Jugend. Wie bin ich dann doch an Saxon gekommen und kann dieser Formation mittlerweile sehr viel abgewinnen? Schuld war auch hier eine Re-Release Aktion mit diversen Vinyl- und Boxset-Produktionen. Besonders angetan haben es mir Crusader und eben Wheels Of Steel vom alten achtziger Material. In Kombination mit einer Dokumentation der Anfänge von damals Peter „Biff“ Byford, Steve „Doobie“ Dawson, Graham Oliver, Paul Quinn und Pete Gill kam die Sympathie zu den mittlerweile alten Herren. Auch live habe ich vorsichtig einen Blick auf die Bühne geworfen – was soll man auch machen, wenn man Bilder für einen Eventbericht benötigt? Dieser erste Zwang brach das Eis endgültig. Biff ist auf einmal viel cooler, das Pfeifen ist nicht mehr präsent und die fast Heavy Metal Rentner spielen einen mitreißenden Heavy Metal, den man nicht missen möchte.

Kommen wir zurück auf Wheels Of Steel. Der Silberling wurde sieben Jahre vor meiner Geburt eingetütet und gehört meiner Meinung nach in jede gut sortierte Metalkneipe. In UK gab es für das wilde runde Ding gar eine Goldene Schallplatte und eine Top 5 Platzierung. Produziert von Pete Hinton verfügten die Stücke von griffigen Riffs, über penetrante Refrains und coolen Gitarrenhooks über ganz viel Charme, den man nicht wegdiskutieren kann. Das Artwork wirkt heute billig, muss vor vierzig Jahren jedoch schon ein Kracher gewesen sein. Der dominante Schriftzug thront über ihrem Maskottchen – dem Adler, der einen Reifen in den Klauen hält. Das Gefühl von Freiheit liegt in der Luft, die alle aufgelegten Ketten sprengen soll. Lässt man das Album unter die Nadel, dringt direkt Motorcycle Man ins Ohr, der noch heute im Live-Set zur Geltung kommt. Eine freche Nummer, die damals als perfekter Opener fungierte. „Arsch auf dem Sattel des Motorrads, Faust in die Luft und ihr könnt mich mal.“ Das Gefühl transportieren die Briten noch heute und müssen keinem gefallen. Nicht weniger giftig mit einem schönen Groove im Blut Stand Up And Be Counted, der den roten Teppich des zweiten Langeisens auslegt. Es folgen meine beiden Favoriten 747 (Strangers In The Night) und der Titeltrack Wheels Of Steel. Unglaublich – als ich noch in die Hose geschissen habe, hatten diese Klassiker fast schon zehn Jahre auf dem Buckel. Mit dem Blick auf die Tracklist kann man bei diesem Start nur mit dem Kopf schütteln. Auf Neudeutsch: Da haben Saxon voll einen rausgehauen, wa? Die Qualität bleibt hoch, die Kracher verflachen in der zweiten Hälfte jedoch und kommen nur noch bedingt an dieses epische Quartett. See The Light Shining und Street Fighting Gang fetten die glühenden Lager und tun ihren Dienst, ohne als Filler ganz unterzugehen. Der Abschluss mit Machine Gun zieht die Power erneut hoch und sorgt für einen versöhnlichen Abschluss einer geschichtsträchtigen Scheibe, der man noch heute huldigen sollte. Früher war zwar nicht alles besser, für die damaligen Verhältnisse haben Saxon direkt zum Start des 80er-Jahrzehnts jedoch viel Staub aufgewirbelt. Sobald Saxon ihre nächsten Runden über den Globus ziehen können, werdet ihr mich auf einer Show in Deutschland bei der Bühne antreffen. Bis dahin Wheels Of Steel aufdrehen!

In diesem Rahmen erschienen bereits Kolumnen zu anderen 40-jährigen Jubiläen:

Dezember 2020, Judas Priest – 40 Jahre British Steel und Mitbegründer des NWOBHM (hier)

Oktober 2020, 40 Jahre I’m A Rebel von Accept (hier)

Mai 2020, 40 Jahre Grave Digger (hier)

April 2020, 40 Jahre Iron Maiden von Iron Maiden (hier)

2020 ist natürlich prädestiniert für weitere Jubiläumsalben. Ein halbes Jahrhundert alt sind folgende Alben:

Mai 2020, 50 Jahre Led Zeppelin III (hier)

Mai 2020, 50 Jahre Uriah Heep mit …Very ‚Eavy…Very ‚Umble (hier)

April 2020, 50 Jahre Deep Purple in Rock (hier)

April 2020, 50 Jahre Paranoid und Black Sabbath von Black Sabbath (hier)