Time For Metal Zeitreise – Deep Purple – Maschine Head

Klassiker von damals neu gehört - mit René W. und Florian W., als Gast Kay L.

In dieser Kolumne plaudert Redakteur Florian W. mit Chefredakteur René W. ein bis zweimal im Monat über einen Klassiker der Metal- und Hardrock-Geschichte. Der Fokus liegt dabei nicht auf Bands aus der zweiten Reihe oder auf vergessenen Underground-Perlen. Die Time For Metal Zeitreise ist die Bühne für die einflussreichen und großen Bands unserer Szene. Hier wird über deren Alben gefachsimpelt, sich erinnert, diskutiert und manchmal auch gestritten. Von Fans für Fans.

Lehnt euch gemütlich zurück und erinnert euch mit uns an die alten Zeiten und die großen Momente, die uns alle so sehr geprägt haben. In diesem Monat mit dabei unser Kollege Kay L.

Heute: Deep PurpleMachine Head aus dem Jahr 1972

René W.:
Older than old ist das heutige Thema und dazu haben wir uns passend unseren lieben Kay mit ins Boot geholt, den Deep Purple quasi sein Leben lang begleiten. Wann bin ich das erste Mal mit der englischen Rockband in Berührung gekommen? Die Frage kann ich gar nicht mal eben so aus dem Ärmel schütteln. Meine Tendenz schielt auf Smoke On The Water, der definitiv im Musikunterricht lief, aber bereits davor wohl meine Ohren durch Radiosequenzen erreicht haben dürfte. Mein Onkel hat den Fokus eher auf Led Zeppelin, ZZ Top und Kiss gelegt, wobei dort ganz bestimmt auch Deep Purple mit Machine Head lief. Da mein Weg über den Umweg Metal zurück zum Rock führte, dauerte es, die Musik richtig schätzen zu lernen. Meine Lieblingsversion von Smoke On The Water war von Six Feet Under mit Chris Barnes auf der Graveyard Classics, auf der T.N.T. und Son Of A Bitch als Cover ebenfalls sehr cool waren. Wenn ich schon in den Death Metal abschweife, in der letzten Zeitreise haben wir Cannibal Corpse mit Gallery Of Suicide durch den Fleischwolf gedreht. Zurück zu Deep Purple. Für mich stand die Truppe lange Zeit tatsächlich nur für Smoke On The Water, quasi als One-Hit-Wonder. Eure schockierten Blicke liegen jetzt schwer auf meinem Seelenfrieden, aber was soll ich hier herumlügen?

Mit über 20 Jahren aus den extremsten Metal-Sektoren zurück zu den Rockwurzeln gefunden, lief dann vor ca. zehn Jahren das Album das erste Mal an einem Stück durch. Highway Star als Opener macht richtig Laune und hat bewiesen, dass die Männer tatsächlich mehr als nur einen guten Song geschrieben haben. 😀 Mittlerweile gefällt mir die Nummer sogar noch besser als der zu oft gehörte Dauerbrenner. Bevor es weiter ins Album geht, Flo, wie war dein Einstieg, musstest du Smoke On The Water auf der Blockflöte spielen lernen?

Florian W.:
Auf der Blockflöte tatsächlich nicht, aber ich habe mich immer geweigert, das Riff zu spielen, als ich gelernt habe, Gitarre zu spielen. Obwohl Millionen von Anfängern das Ding mehr oder weniger gut spielen, hängt es mir einfach zum Hals raus. Wir waren auf unseren Zeitreisen ja schon häufiger beim Stichwort „totgehört“, aber mir kamen selbst bei den härtesten Wiederholungen im Radio selten solche Gefühle hoch. Es nervt einfach, dass die Rock- und Ballermann-Fraktion nur Highway To Hell, Stairway To Heaven, We Will Rock You und eben Smoke On The Water kennt. Dass Purple weitaus mehr zu bieten haben, werden wir beim aktuellen Thema merken. Um noch mal auf deinen Einstieg einzugehen: Older than old stimmt zwar grundsätzlich, allerdings war das älteste Zeitreise-Album bisher II von Led Zeppelin aus dem Jahr 1969.

Genau wie mein älterer Bruder, der bekanntermaßen großen Einfluss auf meine Vorliebe für Metal hatte, war es mein Vater, der mir die klassischen Rockbands näherbrachte. Sein Heiligtum war immer die Made In Japan Vinyl, die sich jetzt in meinem Besitz befindet. Das zu Recht als eines der besten Livealben der Rockgeschichte gefeierte Album erschien wie Machine Head im Jahr 1972 und feiert in diesem Jahr 50-jähriges Jubiläum. Die gleichnamigen US-Metaller haben sich entgegen einer weitverbreiteten Meinung nicht nach dem Purple-Album benannt. Zurück zu meiner musikalischen Früherziehung. Unterbewusst habe ich die Musik als kleiner Steppke natürlich aufgesaugt, aber ähnlich wie bei dir, René, fand mein Weg eher vom Metal wieder zurück zu den Wurzeln. So erschienen Deep Purple erst mit dem Einstieg von Steve Morse und den „späteren“ Alben wieder auf meinem Radar. Zum einen gehört Morse zu meinen absoluten Lieblingsgitarristen, zum anderen fand ich Ritchie Blackmore trotz seiner unbestreitbaren Klasse immer sehr arrogant. Ein weiterer Auslöser war ein Livekonzert in Hannover, bei dem mir die alten Herren ordentlich in den Arsch getreten haben. Doch dazu später mehr. Apropos alte Herren: Ich übergebe respektvoll und mit schelmischem Grinsen an Kay – Großvater, Großvater, erzähl uns eine Geschichte.

Kay L.:
Soso, eine Geschichte wollt ihr hören. Mensch, das ist 50 Jahre her. Ein halbes Jahrhundert. Fünf Dekaden, eine Ewigkeit, aber ich erinnere mich. Machine Head, das dritte Album der erfolgreichen Mark-II-Ära und das insgesamt sechste der Truppe aus London. Darauf sind Klassiker wie Highway Star, Pictures Of Home oder Lazy und natürlich der Überhit Smoke On The Water. Dazu hab ich meine damals noch richtig langen Haare geschüttelt. Ihr Youngster habt den Metal heute, weil es Bands wie Deep Purple damals gab. Ritchie, der leicht Arrogante, aber in Schwarz, ist die Vorlage für jeden Speed Metal, und Gillan ist der Sänger, an dem sich heute viele messen lassen müssen. Dazu kam ein Hammondorgel-Spieler, der bis heute unerreicht ist. Es war eine Pflicht, die Platte damals zu haben, zu hören, das Textblatt zu lesen und immer wieder die Platte umzudrehen. Ja, keine CD oder Spotify, nein, nach knapp zwanzig Minuten zum Plattenspieler und die Scheibe drehen. Da es noch nicht so viele neue Platten gab, wurde die natürlich hundertfach gehört. Wo gibt es das heute noch? Nirgends, zu viele neue Sachen. Ich hab noch die Original Erstpressung – zerkratzt, aber ohne Sprünge. Nun habt ihr die Platte ja auch gehört, welcher Song ist euer Lieblingssong?

René W.:
Dass ich so brutal schon am Anfang der Reise nach den Top 3 gefragt werde, kenne ich, aber du setzt mir ja quasi die Pistole auf die Brust. Zwei, drei Sätze musst du dich trotzdem gedulden. Wie du weißt, besitze ich trotz meines noch zarten Alters eine doch schon beachtliche Plattensammlung, leider noch ohne Machine Head von Deep Purple, diese Lücke wird aber noch geschlossen. Live In Japan kann schon angeboten werden. Wir beide haben bereits in meiner Bar Spirituosen und Bier verdrückt und dabei Iron Maiden und Helloween über die Nadel tanzen lassen. Eine solche Session können wir sehr gerne auch mal zu dritt feuchtfröhlich durchleben. An Highway Star führt kein Weg vorbei, die Nummer 1 ist und bleibt der Opener. Smoke On The Water ist leider zu sehr durchgenudelt, ansonsten eine klasse Komposition, keine Frage. Bekannt für Außenseiter in meiner Top 3 hat dort Space Truckin‘ eine Chance und steht neben Pictures Of Home und Lazy. Alleine die genannten Songtitel offenbaren die Stärke des Albums, wie sieht das Ergebnis bei dir aus Flo?

Florian W.:
Puh, da habt ihr ja den Spieß umgedreht und meine Frage nach den Top 3 vorweggenommen. Wobei Kay ja nur nach dem Lieblingssong gefragt hat. Aufschieben geht also zumindest noch ein Weilchen. Ich schließe mich René an und erzähle erst noch eine Anekdote. Wie etwas weiter oben schon erwähnt, war der Auslöser, mich mehr mit der Band zu beschäftigen ein Konzert in Hannover vor fast zehn Jahren. Neben der grandiosen Show werde ich leider nicht vergessen können, dass sie DIESEN Song nicht gespielt haben, obwohl vier Stücke von Machine Head den Weg in die Setlist fanden. Da hätte ich lieber auf Smoke On The Water verzichtet, aber die bereits erwähnten „Eventrocker“ sicherlich nicht, sonst hätten sie am Stammtisch nichts zu erzählen, weil sie die anderen Songtitel gar nicht kennen. Unvergessen sind auch die Sprüche dieser Herrschaften, „ob man diese Vorband namens Edguy kennen müsste“ „die sind doch bestimmt noch ganz frisch auf dem Markt.“ Die Band von Meister Sammet war damals immerhin schon 20 Jahre im Geschäft.

Den legendären Jon Lord durfte ich nicht mehr live erleben, da er Purple bereits 2002 verlassen hatte und wenige Zeit vor dem Konzert den Kampf gegen den Krebs verlor. Aber sein Nachfolger Don Airey ist natürlich auch ein Könner, was seine Zusammenarbeit mit Bands wie Priest, Black Sabbath, Jethro Tull, Rainbow und vielen anderen beweist. An dem Abend hat mich der zu dem Zeitpunkt 64-jährige Drummer und letztes verbliebenes Gründungsmitglied, Ian Paice, am meisten fasziniert. Kaum zu fassen, dass er mit Mitte 70 immer noch hinter der Schießbude sitzt. Ach, den Song bin ich euch noch schuldig, wie bei René ist es der überragende Opener Highway Star, der gerne mal in doppelter Länge live zelebriert wird, aber leider an besagtem Abend fehlte. Wie von dir Kay schon erwähnt, sind Deep Purple die Vorreiter des Metal zusammen mit Led Zeppelin und natürlich auch Black Sabbath. Dieser Song mit dem genialen Riff steht einem Opener wie Whole Lotta Love in nichts nach. Fenster runter und über den Highway gedonnert. Dann das dröhnende Hammondsolo auf voller Lautstärke und bevor ich das Zepter wieder an Kay reiche, noch eben laut die legendären Zeilen mitgegrölt:

Oooh she’s a killing machine
She’s got everything
Like a moving mouth body control
And everythingI love her I need her

I seed her
Yeah she turns me on
Alright hold on tight
I’m a highway star

Kay L.:
Anekdoten gibt es so einige. Aber zunächst war ich auch auf der von Flo angesprochenen Tour. An das Konzert von Deep Purple mit Edguy erinnere ich mich auch noch gut, trotz des fortgeschrittenen Alters. Das war 2012 in der Sparkassenarena bei mir zu Hause in Kiel. Edguy fand ich zu der Zeit schon ganz cool und hatte bereits einige Scheiben vom guten Tobi. Die Tour wurde nicht wegen einer neuen Scheibe gemacht, sondern so eine Art Best-of, wobei sie aus der Menge von Material auswählen mussten. Warum dann ausgerechnet Highway Star nicht dabei war, erschließt sich mir nicht, aber Fireball war ein guter Ersatz. Es war mir aber egal, da sie ja nun mal zu meinen Lieblingsbands zählen. Da war nur der Besuch wichtig und es war schon das gefühlte zwanzigste Mal, dass ich auf einem Konzert von Deep Purple war. Zu der Zeit tat ich mich allerdings ein wenig schwer mit dem Bandgefüge, da ich ein bekennender Jon Lord Fan war und bin. Ich durfte den Maestro noch im Kieler Schloss treffen, bei dem er nach dem Ausstieg im Jahre 2002 mit Orchester ein umjubeltes Konzert gab. Nach der Show durfte ich ihn treffen und hatte die Chance, mit ihm zu reden. Unvergesslich. Charmant, eloquent, ein wahrer Gentleman. Er hat so tolle Musik gemacht und war ja nun auch maßgeblich am Erfolg von Purple beteiligt.

Don Airey passte meiner Meinung da nicht so hin, obwohl er auch ein klasse Keyboarder ist und das auch eindrucksvoll bewiesen hat. Aber irgendwie fühlte es sich „falsch“ an. Das ging mir bei Steve Morse aber auch so. Mittlerweile ist das aber Schnee von gestern und Morse und auch Airey sind halt Bestandteil dieser nunmehr seit über 50 Jahren existierenden Truppe. Ich könnte stundenlang über die verschiedenen Konstellationen in der Band reden. Die wurden hintereinander aufgezählt und bis heute heißen sie „Mark“ und dann mit römischen Ziffern versehen. Machine Head kam zur Mark II Zeit zustande und die war wohl die erfolgreichste Konstellation. Heute sind wir bei Mark VIII und das ist die am längsten zusammenspielende Formation und die letzten drei Alben sind sehr erfolgreich gewesen. Aber zurück zu Machine Head.

Für mich ist Highway Star überragend und kommt halt auf der von dir, Flo, erwähnten Made In Japan so richtig zur Geltung. Megaschnell, rhythmisch, dazu ein entfesselt aufspielender Ritchie Blackmore. Das ist der Grundstein für Speed Metal gewesen. Aber auch Lazy geht gut ab, da hier Jon Lord eine super Performance abliefert. Ich hab schon immer die ausufernden Improvisationen geliebt. Da fällt mir eine Livescheibe von 1970 ein, auf der Mandrake Root über 20 Minuten geht oder auch Wring That Neck mit fast 30 Minuten zu Buche schlägt. Da haben sich Lord und Blackmore so etwas von gebattelt, dass es eine wahre Freude ist. Nicht jedermanns Sache, aber damals und auch heute, zumindest für mich, megageil. Das gibt es heutzutage leider nicht mehr.

Für mich gehörten sie neben den von Flo erwähnten Led Zeppelin und Black Sabbath, und den nicht zu vergessenden Uriah Heep, zu dem Größten, was es im Hard Rock gab und noch gibt. Ich habe ca. 250 verschiedene Scheiben, reguläre, Bootlegs, Sonderpressungen und Raritäten von Purple in den Schränken stehen. Machine Head war eine der ersten vom Taschengeld selbst gekauften Platten der Helden meiner Jugend. Hat irgendeiner von euch auch so eine Sammlung einer jüngeren Band? Ich meine nicht als Playlist auf Spotify.

René W:
Jetzt haust du einen raus. Da ich mich von der Echtheit deiner Aussage bereits überzeugen durfte, bin ich einfach sprachlos, wie viel Purple Stoff du in deine heimischen vier Wände gekarrt hast. Da kommen wir ganz sicher nicht mit. Meine Sabaton, Iron Maiden oder auch Lordi Sammlung kann man vorzeigen, jedoch ist sie nicht so lückenlos und umfangreich wie deine. Für mich persönlich ist Ritchie Blackmore der Deep Purple Musiker Nummer 1. Auch wenn es viele Fans nicht so sehen, sein Folk Rock Projekt Blackmore’s Night hat definitiv eine Daseinsberechtigung, gleiches gilt für Rainbow. Schon krass, wie vielen exzellenten Musikern die Briten in den vielen Jahren ihren Stempel aufgedruckt haben.

Kommen wir zurück zu Machine Head. Über den Opener brauchen wir keine weiteren Huldigungen mehr tätigen, der folgende Track kommt leider nicht an die Qualität heran. Maybe I’m A Leo ist etwas verschlossen, nimmt den Hörer nicht direkt mit offenen Armen auf, was ihn irgendwie zu einer ruhigen, nicht mitziehenden Nummer macht und unweigerlich aufs Abstellgleis gerät. Das Ganze klar auf einem hohen Niveau! Pictures Of Home deutlich wilder, mit der Hammondorgel im Dauerfeuer im Schlepptau, bricht das Eis zwischen Opener und dem Track Numero drei. Selbst die längeren instrumentellen Passagen zünden, was mich zurück zu Maybe I’m A Leo führt. Als Vorlagengeber für Pictures Of Home baut er den Spannungsbogen auf, der dann den Kreis final schließt. Die Deep Beats von Never Before in der Kombination mit dem einfacheren Riffing bringt Ian Gillan in den ersten Sekunden hundertprozentig in Stellung. Im Anschluss schiebt die Gitarre von Ritchie Blackmore die Verantwortung geschickt in die Finger von Bassist Roger Glover, der wiederum direkt Verantwortung übernimmt. Vom Teamwork her ganz großes Kino und leider oft gar nicht bedacht, wenn es um die besten Stücke der Londoner Legende geht.

Smoke On The Water braucht man nicht weiter drüber sprechen. Ein Welthit mit einmaligem Charakter, der leider durchs permanente Drehen lassen, über die Jahre Federn lassen musste. An der Klasse darf man trotzdem nicht rütteln. Unter den 20 wichtigsten Rock Songs aller Zeiten sollte er immer einen Platz haben. Gar poetisch ziehen Deep Purple Lazy auf. Mit der göttlichen Hilfe und dem anfänglichen Kirchensound dreht das Schwergewicht immer schneller werdend seine über sieben Minuten lange Kreise. Ein sauberer, komplexer Titel, der alle Instrumente perfekt abstimmt. Im Einklang mit allen Gegebenheiten erschaffen die fünf Musiker eine Schwerelosigkeit, ohne ganz loszulassen und den Kontakt zum Hier und Jetzt zu verlieren. Ohne Space Truckin’ kann man Machine Head nicht beenden. Mit dem Rock ’n‘ Roll im Blut schließt der nächste Kreis, und zwar zum Opener Highway Star. Unterschiedlich, mit viel Abstand zueinander, suchen beide Werke den Schulterschluss. Das spürt man vor allem, wenn man nach Space Truckin’ mit dem Opener auf ein Neues beginnt. Vor allem das Schlagzeugspiel von Ian Paice bleibt im Kopf und auch diese Handschrift findet man direkt beim Neustart etwas abgewandelt wieder. Wie empfindet ihr diesen geschickten Move für die Endlosschleife von Machine Head?

Florian W.:
Je mehr ich zum Thema von euch lese, desto mehr packt mich das Verlangen, das mit euch gemeinsam bei Bier und Klängen des Plattenspielers auszudiskutieren – Musik vereint einfach Generationen. Zunächst mal möchte ich auf Kays Frage nach der Sammlung eingehen. Nein, da kann ich weder bei der Anzahl der Konzertbesuche mithalten noch bei der massiven Anzahl der Alben und Bootlegs einer Band. Meine Dream Theater-Sammlung könnte irgendwann mal in die Richtung gehen, aber das dauert wohl noch einige Jahre. Auf dein Gespräch mit Jon Lord bin ich aber definitiv neidisch, lieber Kay – Hut ab. Die von René angesprochene Endlosschleife ist mir gar nicht so aufgefallen, da ich hier in gotteslästerlicher Manier die Spotify-Version mit When A Blind Man Cries als Abschluss anhöre. Machine Head auf Vinyl wird aber noch gekauft, versprochen. So oder so fetzten alle Songs von Machine Head auf der Made In Japan noch deutlich mehr.

Was gibt es auf der ursprünglichen Studioversion noch zu hören, nachdem wir Highway Star allesamt gefeiert haben? Maybe I’m A Leo hat dieses unfassbar geil groovende Riff zu Beginn, wirkt aber durch die instrumental ausufernden Passagen etwas zugeknöpft. Als Progfan dürfte mir diese Art der Arrangements zwar liegen, aber hier wird es mir schnell zu eintönig. Allein durch das Drumming zu Beginn von Pictures Of Home werde ich schnell wieder mitgerissen. Wie schon erwähnt, kann man vor Ian Paice nur auf die Knie gehen. Auch die tolle Stimme von Ian Gillan wird wieder gekonnt in Szene gesetzt. Purple waren schon immer eine Supergroup, ohne wirklich eine zu sein. Never Before wurde im Prinzip als Beschwichtigung für das Plattenlabel geschrieben, falls diese nach einem kommerziellen Song fragen würden. Schon absurd, dass Deep Purple dachten, es wäre ihr kommerziellster Song angesichts des durchschlagenden Erfolgs von Smoke On The Water. Aber damals war es ihnen vermutlich noch nicht so bewusst, aufgrund der fehlenden Kommunikation über das Internet. In jedem Fall ein cooler Mix aus Funk und Blues mit Beatles-Vibes. Den Song hatte ich vor der Zeitreise gar nicht auf dem Schirm und platziere ihn spontan auf Rang drei meines „Treppchens“.

Smoke On The Water ist, wie alle wissen, eines der meistverkauften Werke des Rock und wurde leider durch viele Anfänger an der Gitarre vergewaltigt. Immer noch cool ist die Geschichte hinter den Lyrics, die HIER zusammengefasst wurde. Meine Lieblingszeilen bis in alle Ewigkeit sind diese hier:

Frank Zappa and the Mothers
Were at the best place around
But some stupid with a flare gun
Burned the place to the ground

Lazy (dt. Faul) ist das Gegenteil von dem, was der Titel vermuten lässt. Wilde Instrumental-Orgie mit einem Jon Lord on fire. Generell zieht sich diese als Jamsession aufgezogene Art des Songwritings durch den unnachahmlichen Sound der Band. Das gibt es heutzutage nur noch selten zu hören. Space Truckin‘ ist meine Nummer zwei. Allen voran die fast 20-minütige Version auf Made In Japan bietet allen Grund zur Eskalation. Aber auch die Studioversion mit viereinhalb Minuten macht Laune ohne Ende. Das Stück wurde 2003 im Buch The Top 500 Heavy Metal Songs Of All Time aufgeführt und ist für die Zeit schon verdammt harter Stoff. Ian Gillan schreit sich die Seele aus dem Leib und bei dem penetranten Gedröhne im Duell zwischen Blackmore und Lord durfte wohl die ein oder andere Gitarre des Saitenhexers ihr Leben gelassen haben. Ayreons Arjen Lucassen besitzt sogar ein Stück von Ritchies Gitarre von einer Rainbow-Show in den Siebzigern, wie ich letztens im Interview erfahren durfte. Wie steht ihr zur exzessiven Gitarrenverschrottung des Herrn Blackmore?

Kay L.:
Zunächst einmal würde ich den Vorschlag aufgreifen, dass wir zusammen mal ein gepflegtes Getränk nehmen sollten und dann dazu Purple Songs hören. Das würde sicherlich schnell in weitere, siebziger Jahre Classic Rock Tracks gehen. Dazu gehören dann sicherlich auch Rainbow mit dem unvergleichlichen Dio am Mikro und natürlich dem Saitenhexer Ritchie, der sich da verwirklichen konnte, nachdem er bei Deep Purple ausgestiegen war. Zerstörerische Gitarrenaktionen des Meisters gab es einige, aber bei California Jam, da gibt’s auch ein Video zu, hat er seine Klampfe einfach in die Marshall Box gerammt. Das ist auch schon megacool, aber nicht immer sein Markenzeichen gewesen. Nach Rainbow ging es mit Deep Purple in der alten Mark II Besetzung weiter, zumindest so lange, bis Blackmore dann 1993 gänzlich ausstieg und sich mit Candice Night eben der folkigen Musik verschrieb. Das war für Fans schon ein herber Schlag. Ohne Zweifel ist er aber einer der besten Gitarristen, die in den Siebzigern groß geworden sind. Noch heute beweist er mit seinem Rainbow Reunion Projekt (hab ich auf der Loreley und 2019 in München gesehen), dass er das nicht gänzlich verlernt hat. Leider war es mir bis heute nicht vergönnt, mal ein paar Worte mit ihm zu wechseln. Ganz anders mit Roger Glover, den ich zusammen mit Ian Paice in Dortmund zur Veröffentlichung ihrer Scheibe Infinite treffen durfte. Ian Paice, übrigens das einzige ständige Mitglied bei Deep Purple, spielt ja ab und an auch mit der Deep Purple Cover Band Purpendicular zusammen und hat mir nach einem Konzert in Flensburg direkt einen Drumstick vermacht. Großes Kino, sag ich euch. Bedauerlicherweise bin ich in jungen Jahren nie in den Genuss gekommen, Deep Purple live zu sehen. Als ich mir Konzerte leisten konnte, löste sich die Band zunächst auf. Erst seit der Reunion 1984 mit dem geilen Album Perfect Strangers, gereifter und im besten Mark II Line-Up, kam ich zu Konzerten meiner Lieblings Hard Rock Band. Bis heute hab ich es schon an die zwanzigmal geschafft, sie live zu sehen und einer meiner Lieblingsauftritte war am Elbufer in Dresden.

Wie ihr seht, bin ich nicht bei Machine Head stehen geblieben, sondern folge dem Werdegang bis heute. Und somit bleibt das Angebot, bei einem lecker Pils die Folgejahre auch mit mäßigeren Alben wie Bananas oder Abandon zu verbringen. Dazu kämen dann Whitesnake, Rainbow, Dio und natürlich auch die vielen Soloplatten einzelner Mitglieder, die sich ebenfalls zu Hauf im Regal stehen. Etwa Windows oder das Concerto For Group And Orchsetra von Jon Lord oder auch Glenn Hughes und Joe Lynn Turner Platten oder andere Musiker, die zur großen Deep Purple Family gehören. Es ist ein immens weites Feld und die Wurzeln liegen mit Sicherheit auch bei Machine Head, auf dem es bis heute, zumindest für mich, keinerlei schlechte Songs gibt. Zur damaligen Zeit war vielleicht zunächst der eine oder andere Song gewöhnungsbedürftig, aber heute sind alles Klassiker. Auch Maybe I’m A Leo gehört dazu, obwohl er zunächst gar nicht so heavy wirkte. Ach, ich könnte noch stundenlang über alles, was Deep Purple betrifft, quatschen, aber das soll ja gar nicht. Vielleicht gibt es ja irgendwann ein weiteres Werk, das es verdient hat, genauer betrachtet zu werden. Burn zum Beispiel, oder das bereits genannte Perfect Strangers. Dann dürft ihr gern bei mir anklopfen.

Ich freu mich schon auf die dieses Jahr anstehenden Konzerte von Deep Purple in Bonn und in Hamburg, zu denen ich vielleicht komme, um so langsam an die 30 Konzerte der Legenden vollzubekommen. Vielleicht schaffe ich ja noch mal, mit Ian Gillan zu reden, obwohl das sehr schwierig ist. Aber auch mit Steve Morse, dem jüngsten der derzeitige Deep Purple Familie, würde ich gern mal ein paar Worte wechseln und vor allem die Signaturen auf meinem Infinte Poster vervollständigen.

Somit bin ich am Ende mit meinen Ausführungen und danke euch für die Möglichkeit, dabei sein zu dürfen. Solltet ihr vielleicht mal Pink Floyd im Angebot haben, wäre ich gern mit dabei, da die neben Deep Purple zu meinen absoluten Lieblingen gehören. Gilmour, Waters, Wright und Mason begeistern mich seit Jahren und an ihren insgesamt nur 193 Pink Floyd Songs gibt es ständig Neues zu hören. Außerdem sind sie ja maßgeblich am Prog Rock, für den Flo schwärmt, nicht so ganz unbeteiligt gewesen.

René W.:
Abschließend deine Frage zur exzessiven Gitarrenverschrottung des Herrn Blackmore. Das Zertrümmern der E-Gitarre wurde bereits in den 60ern in der Rock-Musik zum Hype. Pete Townshend, Jimi Hendrix, Ritchie Blackmore und später Kurt Cobain haben ihre Instrumente gerne öffentlich zu Kleinholz verarbeitet. Alleine diese Top 4 hat Potenzial für neue Zeitsprünge. Im Rock ist eben erlaubt, was gefällt und alle haben sicher das Recht, auch mal ein Instrument medienwirksam auf der Stage zerschellen zu lassen. 😉

Jetzt habt ihr beide so ein Ende herausgehauen und unsere Kolumne, die Zeitreise, begeistert mich einmal mehr. Vielen Dank lieber Kay für deine interessanten Anekdoten. Im September könnt ihr alle unseren alten Herren wieder lesen, wenn wir mit ihm über ein spannendes Black Sabbath Album sprechen werden. Dein Wunsch nach Pink Floyd ist notiert und werden wir im nächsten Jahr erfüllen. Lieben Dank auch an Flo, dass du mit voller Hingabe diese Serie weiter hochleben lässt. Im April wird es wieder deutlich lauter, die Band, die ihren Bandnamen am häufigsten in ihren Lyrics verwendet hat, ist am Start. Eine Legende im Sub-Genre – seid also gespannt. Uns geht der Stoff noch lange nicht aus und ihr seht, es wird noch viele Reisen zurück in die Rock- und Metal-Vergangenheit geben. Für mich war es unglaublich bereichernd, mal wieder intensiv in Machine Head von Deep Purple zu hören und euren Geschichten zu lauschen!

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