Time For Metal Zeitreise – Death – Symbolic

Klassiker von damals neu gehört - mit René W. und Florian W.

In dieser Kolumne plaudert Redakteur Florian W. mit Chefredakteur René W. ein bis zweimal im Monat über einen Klassiker der Metal- und Hardrock-Geschichte. Der Fokus liegt dabei nicht auf Bands aus der zweiten Reihe oder auf vergessenen Underground-Perlen. Die Time For Metal Zeitreise ist die Bühne für die einflussreichen und großen Bands unserer Szene. Hier wird über deren Alben gefachsimpelt, sich erinnert, diskutiert und manchmal auch gestritten. Von Fans für Fans.

Lehnt euch gemütlich zurück und erinnert euch mit uns an die alten Zeiten und die großen Momente, die uns alle so sehr geprägt haben.

Heute: DeathSymbolic aus dem Jahr 1995

Florian W.:
Die amerikanische Band Death, die 1983 zunächst unter dem Namen Mantas gegründet wurde, gilt neben Possessed als einer der Urväter des Genres Death Metal. Der Bandname wird auf ewig mit einem Mann verbunden werden – Chuck Schuldiner. Lasst euch nicht von diesen trockenen Fakten täuschen, diese Zeitreise wird für mich höchst emotional. Der Tod von Charles Michael Schuldiner aka „Evil Chuck“ jährte sich am 13. Dezember letzten Jahres bereits zum zwanzigsten Mal. Er starb im Alter von nur 34 Jahren, was ungefähr Renés und meinem aktuellen Alter entspricht. Sein Gehirntumor schien 1999 schon besiegt, die Rückkehr des Krebses und die nicht erfolgte Behandlung fielen wie so oft dem lächerlichen amerikanischen Gesundheitssystem zum Opfer. Sein Tod ging mir so nah, wie bei keinem anderen Musiker zuvor. Der sympathische Frontmann mit dem wohl bösesten Organ und der B.C. RichStealth“ Gitarre als Markenzeichen beeinflusst bis heute die Szene des Extreme Metal.

Doch genug der Trauer, heute wollen wir ihn und sein musikalisches Vermächtnis würdigen und reisen dafür ins Jahr 1995 zurück. Das sechste und vorletzte Death-Studioalbum Symbolic soll unser Thema sein. Für mich ist Chuck nicht nur der Mitbegründer des Death Metal, sondern auch seiner Ableger Technical und Progressive Death Metal. Bis vor wenigen Tagen hätte ich behauptet, dass keine Band mit Death vergleichbar ist, doch dann kam ich mit einem Kumpel im Gespräch auf den Namen Gruesome. Die Band wurde 2014 als Hommage an das Erbe von Death gegründet und atmet zumindest ein bisschen vom damaligen Spirit ein. Was war und bleibt, ist Chucks unvergleichlicher Gesang und eine überaus talentierte Mannschaft, die leider auf fast jedem Studioalbum ausgetauscht wurde. Auf Symbolic, das am 21. März seinen 27. Geburtstag feierte, sah die Band folgendermaßen aus: der talentierte Bobby Koelble an der Gitarre, Kelly Conlon (u. a. Monstrosity, Vital Remains) am Bass, der großartige Gene Hoglan (u. a. Testament, Dark Angel, Strapping Young Lad) an der Schießbude und natürlich Chuck am Mikro und an der Axt. Zwei der damaligen Mitglieder sind in diesem Jahr mit dem Tribute Death To All in Deutschland zu sehen, und zwar Koelble und Hoglan. Dazu gesellen sich der begnadete Fretless-Basser Steve DiGiorgio und Sänger/Gitarrist Max Phelps. Death To All live:

11.06.22 Bochum – Matrix
20.06.22 Aschaffenburg – Colos-Saal
21.06.22 Hamburg – Gruenspan
22.06.22 Regensburg – Eventhall Airport

Meine erste Berührung mit Death fand wie so häufig rückblickend auf die Diskografie statt. Mit dem letzten Death-Album The Sound Of Perseverance (1998) gelang mir über Umwege eine gebrannte Mix-CD mit dem Titel Spirit Crusher in die Hände. Von da an war ich Fan, wenngleich ich mich zunächst schwertat, mit dem ganz rohen Sound auf den ersten Scheiben Scream Bloody Gore und Leprosy. Auf Symbolic findet der Mix aus brachialem Sound, technisch anspruchsvollen Rhythmen und eingängigen Melodien mMn seinen Höhepunkt. Nach Human, was ein bis heute einflussreiches Album ist, und dem ebenfalls dem Technical Death Metal verschriebenen Individual Thought Patterns, war Chuck auf Symbolic an seinem vorläufigen Höhepunkt angelangt, was Gesang und Songwriting angeht. Ich könnte gerade beim Hören des Albums wieder komplett eskalieren und feiere die philosophischen Lyrics, die Chuck zu der Zeit den Gore-Themen der ersten Werke vorzog. Ich mag mich gar nicht für meine bereits stattliche Wortanzahl rechtfertigen, denn ich liebe dieses Album und Chuck über alle Maßen und freue mich schon auf das Besprechen der Songs. So, jetzt aber erst mal genug von mir. René, wie ist deine Beziehung zu Death, Chuck und Symbolic?

René W.:
Jetzt erleide ich ganz brutal Schiffbruch und hoffe, diese Zeitreise lesen nicht so viele Menschen, die ich kenne, dann dürfte spätestens das Party.San zum Spießrutenlauf werden. Death sind ein unerklärlicher grauer Punkt in meiner Extreme-Metal-Landkarte. Warum das so ist, weiß wohl nur der Teufel. Es ist nicht so, dass nur europäische Death-Metal-Truppen bei mir laufen. Das bestätigt alleine die Zeitreise von Cannibal Corpse, zudem stehen Dying Fetus, Obituary oder auch Autopsy hoch im Kurs – nur um ein paar US-Krachmacher zu nennen. Zurück zu Chuck. Sein Tod hat viel Leid über die Szene gebracht, die Hintergründe dazu sind eine absolute Tragödie. Mein Verständnis übersteigt es, Menschen mit Erkrankungen aufgrund von Kosten nicht zu behandeln, der Kapitalismus in der Medizin, der immer noch vorherrscht, ist unverzeihlich und muss endlich beendet werden. Darüber jetzt hier weiterzudiskutieren, macht den lieben Chuck Schuldiner nur auch nicht wieder lebendig. Zurück zu Death, der Band, die ihren Bandnamen am häufigsten in ihre Texte gequetscht hat. Kumpels von mir haben ab und an was laufen lassen, das wiederum ist zwei Jahrzehnte her und frage mich bitte nicht, welche Songs oder gar Alben. Jetzt stehe ich hier mit meinem Talent und muss also offenbaren, dass Symbolic als eine Neuentdeckung in dieser Kolumne behandelt werden muss, zu der noch gar nicht viel von meiner Seite zu sagen ist. Den Einstieg habe ich geschickt dir zugeschoben und du hast alle Erwartungen erfüllt. 🙂 Mit den emotionalen Worten im Gepäck, dreht das Langeisen seit ein paar Minuten fleißig seine Runden. Hoffentlich nimmst du es mir nicht krumm, dich hier ins federführende offene Messer laufen gelassen zu haben. Für mich mal eine Zeitreise aus einem ganz anderen Blickwinkel und dem Wunsch, Death gemeinsam mit dir näher zu durchleuchten.

Florian W.:
Es gibt immer diese Bands, die man eigentlich kennen müsste. So eine Neuentdeckung ist doch auch was Feines. Die Erde war ja für viele Menschen auch mal flach. 😀 Schön, dass ich deine Erwartungen erfüllt habe. Spätestens nach Chucks Tod habe ich zu den Anfängen des Internets mit 56K-Modem viel Zeit auf DIESER Seite verbracht, die nach einem meiner Lieblingssongs auf Symbolic benannt wurde. Dort konnte man zu der Zeit nahezu alles über Death und Chuck erfahren. Die Tabs sollte man als Anfänger an der Gitarre lieber nicht nachspielen. 😀 Leider wird die Seite seit gut zehn Jahren nicht mehr gepflegt. Dafür hält Chucks Neffe Chris die Death-Flagge auf der offiziellen Facebook-Seite hoch. Er würdigt das Andenken an seinen legendären Onkel, erzählt Storys, die sonst keiner kennt und verkauft Andenken wie Shirts, Linernotes und Briefe, deren Erlöse der Chuck Schuldiner Foundation zugutekommen. Bevor ich in die Songs auf Symbolic einsteige, möchte ich eine Nachricht von Chris veröffentlichen, welche er zum Jubiläum des Albums schrieb:

An diesem Tag im Jahr 1995 nahm Chuck euch mit auf eine immerwährende Suche (Perennial Quest). Ich habe es schon einmal gesagt und ich sage es noch einmal: Dies ist für mich das Aushängeschild der Death-Diskografie. Ich erinnere mich, als Chuck sich von einer Gehirnoperation erholte und langsam wieder zu Kräften kam, war ich bei ihm zu Gast. Ich stand unter der Dusche und hörte plötzlich, wie Chuck das Eröffnungsriff von Symbolic spielte, und die schiere Freude, die mich überkam, war unbeschreiblich. „Savor what you feel and what you see. Things that may not seem important now but may be tomorrow.“

Das bringt uns direkt zum eröffnenden Titelsong und Jahrhundertriff und der unter die Haut gehenden Textzeile: „Genieße, was du fühlst und was du siehst, Dinge, die jetzt vielleicht nicht wichtig erscheinen, es aber morgen sein können.“ Der Hintergedanke des Erwachsenwerdens und der verklärten Sicht auf die Jugendjahre ist auch ein bisschen mit unserer Zeitreise zu vergleichen – die gute alte Zeit halt. Alleine den Einstieg könnte ich mir dutzende Male hintereinander anhören. Dann steigt Gene Hoglan mit dem unfassbaren Beckenspiel ein und Chuck setzt seine abgrundtief bösen Vocals obendrauf. Die Tempowechsel sorgen für richtig Action und feuchte Hände. Ich beantrage hiermit schon mal einen Verzicht auf die Top 3, sofern du mir das durchgehen lässt. Symbolic ist für mich ein 50-minütiges Meisterwerk und würde Chucks Andenken vermutlich durch den Dreck ziehen, wenn ich mich hier festlegen müsste. Das soll nicht heißen, dass es nicht auch vereinzelt Längen im Gesamtkonstrukt gibt, aber das Geniale überwiegt. Da bildet auch Zero Tolererance keine Ausnahme. Ganz im Gegenteil: Bei Hoglans Drum-Einstieg gehe ich vor Verehrung auf die Knie und drücke nach wenigen Sekunden erneut auf Play. Die Textzeile „This is not a test of power, this is not a game to be lost or won. Let justice be done“ habe ich seit Beginn der Pandemie im Kopf und möchte sie allen „Aluhutträgern“ im Namen von Chuck ins Gesicht spucken. Schicksal und Karma sind die Themen des Songs und widerfahren vielleicht auch einigen Corona-Leugnern eines Tages. Einstieg Teil drei macht auch Empty Words direkt nach wenigen Takten zu einem tongewordenen Tech-Death-Koloss. Die immer wieder eingestreuten Melodien und intelligenten lyrischen Seitenhiebe auf die Gesellschaft machten Chucks Talent so außergewöhnlich. Natürlich spielt auch das von dir angemerkte Thema Death/Tod eine Rolle, aber seine Texte hatten so viel mehr zu bieten. Er ist vermutlich der einzige Musiker, der irgendwann noch den Weg unter meine Haut findet. Jetzt interessiert mich aber brennend, wie deine erste Begegnung mit Symbolic aussah?

René W.:
Der Titeltrack Symbolic ist natürlich ein Begriff und läuft bzw. lief vor Corona auch gerne mal in guten Metal-Kneipen. Die Thematik ist allgegenwärtig und ich glaube viele von uns, da schließe ich mich gar nicht erst aus, leben den Augenblick viel zu wenig. Sehen nicht, was gut war, was geschafft wurde, was einen ergreift. Oft merken wir das in dieser schnelllebigen Zeit erst viel später, manchmal leider auch viel zu spät, das wiederum ist rein menschlich und beweist den guten Riecher von Chuck, der dieses Thema in ein knackiges Death-Metal-Gewand gepresst hat, um alles niederzuwalzen. Mit fundiertem Wissen kann diese Zeitreise von meiner Person nicht aufgewertet werden, daher versuchen wir mal zwischen den Songs hin und herzuspringen, um das Hier-und-Jetzt-Gefühl zur Platte einzufangen. Zero Tolerance dringt wie der Opener nicht zum ersten Mal in meine Ohren. Vermutlich wurden schon alle Tracks vor dieser Kolumne aufs Trommelfell geführt. Zero Tolerance ist ein typischer Party.San-Aftershow Partyzelt-Kracher, da dürfen Death niemals fehlen. Die Nummer ist eingängig und lebt von ausufernden Hooks. Dafür, dass die Platte auch bald 30 Jahre auf dem Buck hat, klingt das Material immer noch total frisch, ohne den aktuellen Polierfaktor abbekommen zu haben.

Empty Words erinnert mich am Anfang an Dissection, bis das Schlagzeug einsetzt. Auch ein Thema, welches wir in der Zukunft mal angehen könnten. Mir gefällt die zwiegespaltene Geschwindigkeit. Auf einer Seite läuft die Midtempo-Todesmaschine, auf der anderen laufen die Gitarren auf Hochtouren aus diesem Konstrukt heraus. Ich mag zudem Schlagzeuger Gene Hoglan, der mit Testament die Scheiben Demonic und Dark Roots Of Earth eingespielt hat. Zudem war er auch bei Strapping Young Lad und Devin Townsend, die, wie du weißt, bei mir ebenfalls hoch im Kurs stehen. Über ihn wird meist gar nicht so viel gesprochen, hinter der Schießbude mutiert er immer wieder zur Maschine, was man aktuell z. B. noch bei Dark Angel bewundern kann. Was eigentlich zum Ausdruck gebracht werden sollte, nach mehrfachem Hören von Symbolic, dass Gene einen nicht zu vernachlässigenden Beitrag zur starken Platte leistet. Da du deine Top 3 nicht benennen möchtest, schließe ich mich dem frech an. Der Silberling ist nahezu auf 100 Prozent ausgeglichen, hat eben keine schwachen Momente, die einzelne Tracks herunterziehen würden. Bevor es wieder zu dir zurückgeht, Flo noch ein Wort zu Sacred Serenity. Der meiner Meinung nach dem Titeltrack und Death-Epos Symbolic in nichts nachsteht. Druckvoll werden die Melodien fest in den Death-Metal-Sattel gepresst. Als Außenstehender kann man kaum glauben, dass diese Platte der Grund für die damalige Pause und Neuausrichtung im Line-Up war. Mehr Progressive Metal, weniger Vollgas-Todesblei und die zwei Lager von Pro und Kontra haben wohl in Chuck viel bewegt.

Florian W.:
Ich freue mich gerade spitzbübisch darüber, dass dir das Album gefällt. Du hast die hohe Schlagzahl der Hooks ja schon angesprochen. Diese haben zum einen eine abschreckende Wirkung auf Old School Deather und zum anderen führen sie Proggies wie mich auf den richtigen Weg. Chuck hatte schon zur Zeit der Produktion von Symbolic andere musikalische Pfade eingeschlagen. Er hatte immer eine Mischung aus Prog und Power Metal mit anderem Sänger im Sinn. So entstand kurze Zeit später das Demo A Moment Of Clarity seiner zweiten Band Control Denied. Deren einziges Studioalbum The Fragile Art Of Existence nicht nur Chucks Auseinandersetzung mit dem Leben in den Lyrics auf die Spitze treibt, sondern auch ein unfassbar tolles und eingängiges Prog-Metal-Werk ist. Ein Teil der darauf vertretenen Musiker spielte auch gemeinsam mit Mr. Schuldiner das letzte Death-Album The Sound Of Perseverance ein. Was beweist, dass es nicht an ihm lag, dass er nahezu alle Alben in veränderter Besetzung einspielen musste. Dieses sympathische Interview vom MTV’s Headbangers Ball (man, das waren noch Zeiten, als auf MTV gute Musik lief) mit dem noch nicht so ganz abgefuckten Chris Barnes ist mir neulich in die Hände gefallen:

Je lauter ich das Album gerade wieder rausposaune, desto mehr muss ich über eine Erinnerung an meine erste Wohnung schmunzeln. Meine erste kleine Bude war sozusagen ein Anbau eines Einfamilienhauses. Als ich eines schönen Abends oder auch nachts nach einem langen Tag in der Ausbildung die DVD Live In L.A. (Death & Raw) über meine turmhohen Standlautsprecher prügelte, gab mir mein Vermieter zu verstehen, dass es eher suboptimal wäre (zensierte Fassung). 😀

Witzig, dass bei dir ausgerechnet Sacred Serenity hoch im Kurs steht. Würde ich ein Ranking erstellen, wäre der Song wohl Schlusslicht auf Symbolic, obwohl ich den Refrain und die ruhigen Parts trotzdem sehr schätze. Filler gibt es nicht, wie wir schon festgestellt haben. Es geht wieder an die Spitze mit dem genialen 1,000 Eyes, das lustigerweise mit einem Komma geschrieben wird, wenngleich es im Text heißt: „Living in the pupil of one thousand eyes.“ Chuck beschreibt darin einen Überwachungsstaat und dass wir bald keine Vorstellung von Privatsphäre und Intimität hätten. Er hatte ja keine Ahnung, wohin das alles führen würde – „We are enslaved now …“. Auf der musikalischen Seite haben wir wieder den extrem ausgereizten Tempowechsel und die eingängigen Leads aus der Stealth. Without Jugdement wurde von mir jahrelang vernachlässigt. Absolut unterbewertet auch, was die Liveperformance angeht. Irgendwann kam mal der Wendepunkt, als ich den Song in meiner zehn Jahre alten (!) Spotify-Playlist hörte. Die Twin-Leads über dem abermals außerirdischen Schlagzeugspiel gehen unter die Haut. Bevor ich mich den letzten drei Songs auf Symbolic widme, leite ich meine gerade ausströmende positive Energie an dich weiter.

René W.:
Auseinandersetzungen mit Vermietern kenne ich und sind mir in meiner Zeit in Oldenburg widerfahren, wobei rückblickend müssen wir an den besagten Wochenenden tatsächlich recht laut gewesen sein. 🙂 1,000 Eyes ist für mich der Inbegriff einer gängigen Nummer. Einmal angestoßen, spult der Track sein Programm kompromisslos ab, kann aber mit vielen kleinen, liebevollen Facetten eine drückende Atmosphäre erzeugen. Without Jugdement dreht in einen mystischen Mittelpart, der wiederum die Prog-Ader aufgreift. Mit der Distanz vom Release bis heute ganz klar auch der Anstoß für viele Doom oder Melodic Death Metal Bands aus Skandinavien, die oft in Interviews auch keinen Hehl aus der Inspirationsquelle Death und oder Chuck machen. Im weiteren Verlauf hat es mir noch besonders Misanthrope angetan, eine klasse US-Death-Metal-Nummer mit feinen Thrash Metal Ausfallschritten, die zwar weg von deinen geliebten progressiven Linien gehen, dafür den Spannungsbogen vorm Finale noch mal spannen. Perennial Quest schließt das nächste Kapitel unserer Zeitreise, die du in deinem letzten Absatz gleich schließen darfst. Für mich war es ein gelungener Sprung zu einem Album und einer Band, die von mir viel zu lange stiefmütterlich behandelt wurde.

Im Mai ziehen wir weiter und springen in ein Genre, welches wir noch nicht besprochen haben. Um nicht zu viel zu verraten, die Nu Metal bzw. Industrial Metal Combo stammt ebenfalls aus den Staaten und hat das zweite Studioalbum im Juni 1995 über Roadrunner Records veröffentlicht. Unter vielen Kritikern gilt die Platte als das herausragendste und wichtigste Metal-Album der Neunziger.

Florian W.:
Oh oh, in meinem letzten Absatz, das heißt wohl, ich muss mich kurzfassen. Ich garantiere für nichts. Du bleibst deiner Tradition treu und hast ein Herz für die Außenseiter unter den Songs. Sowohl Sacred Serenity als auch Misanthrope gehörten live eher zu den vernachlässigten Stücken der Band. Aber bei all der Lobpreisung hast du mir doch glatt Crystal Mountain unterschlagen.

Ich vergöttere diesen Song, in dem es um die Korruption der Weltreligionen geht. Also genau wie beim Überwachungsstaat in 1,000 Eyes ein Thema, das heute noch aktuell ist. Lyrisch war Chuck von Spiritual Healing bis The Sound Of Perseverance ein verdammtes Genie:

All the traps are set to confine
All who get in the way of the divine
In sight and in mind of the hypocrite
A slave to the curse forever confined

Auf der instrumentalen Seite muss ich mich einfach wiederholen. Dieses wahnwitzige Beckenspiel von Gene Hoglan ist überirdisch. Die ruhigen Passagen bekommen dadurch ein ganz anderes Niveau. Als wäre das nicht genug, spendiert Chuck zum Abschluss noch Flamenco-Gitarren (!). Ich betone es auch in meinen Reviews immer wieder gerne: Prog heißt nicht, 1.000 Noten pro Sekunde zu spielen und sich dabei total geil vorzukommen, sondern die Grenzen des Machbaren auf andere Weise zu sprengen. So haben es Pink Floyd gemacht, so haben es Led Zeppelin gemacht und Jahre später eben auch Death. Misanthrope unterstreicht diese Tatsache nur zu gut. Geschickt eingesetzte Breaks, Effekte auf den Gitarrensoli, die in den Neunzigern nur zu gerne kopiert wurden und eine Achterbahnfahrt der Gefühle aufgrund des ständigen Stop-and-go der Geschwindigkeit.

Wir beenden unsere heutige Zeitreise mit der Suche nach Freude und einem Sinn im Leben, denn davon handelt Perennial Quest. Ich habe meinen Worten nicht mehr viel hinzuzufügen und verneige mich vor dem Erbe des großartigen Charles Michael „Chuck“ Schuldiner und schließe mit seinem Zitat „Support music, not rumors!“

Euch gefällt unsere Time For Metal Zeitreise? Dann schaut euch auch gerne die anderen Folgen an:

Time For Metal Zeitreise – Iron Maiden – Killers (1981)
Time For Metal Zeitreise – Metallica – Metallica (1991)
Time For Metal Zeitreise – Helloween – Keeper Of The Seven Keys Part I (1987)
Time For Metal Zeitreise – Helloween – Keeper Of The Seven Keys Part II (1988)
Time For Metal Zeitreise – Grave Digger – Tunes Of War (1996)
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Time For Metal Zeitreise – Tiamat – Wildhoney (1994)
Time For Metal Zeitreise – Gamma Ray – No World Order (2001)
Time For Metal Zeitreise – Alice Cooper – Trash (1989)
Time For Metal Zeitreise – Led Zeppelin – II (1969)
Time For Metal Zeitreise – Guns n’ Roses – Appetite For Destruction (1987)
Time For Metal Zeitreise – Savatage – Hall Of The Mountain King (1987)
Time For Metal Zeitreise – Rage – Unity (2002)
Time For Metal Zeitreise – Cannibal Corpse – Gallery Of Suicide (1998)
Time For Metal Zeitreise – Deep Purple – Machine Head (1972)